Seite - 60 - in Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910

60 Habsburger in Ischl,MeranundReichenau frühenTourismusbetrachteteReiseformwurde im18.  JahrhundertumdieNa- tur als Sehenswürdigkeit ergänzt.Die erstenBesucherderAlpen interessierten sich insbesondere fürdieErforschungderNatur,beispielsweise fürdie spezifische Botanik,Geologie oderVermessung.Das LehrgedichtDieAlpen vonAlbrecht vonHaller (1729)und Jean-JacquesRousseausRomanDieneueHeloise (1761) beeinflusstendieneue,positive,Gebirgswahrnehmungseitdem18.  Jahrhundert. BeidezivilisationskritischenWerkestellendiereineNaturmit ihrerunverdorbe- nenBevölkerung(Rousseau,Ebel)deralsverdorbencharakterisiertenstädtischen Gesellschaftgegenüber.MitderHinwendungzudenAlpenverändertesichauch dieWahrnehmungderNatur.ZurneuenLiteraturüberdieAlpenkamim18.  Jahr- hundertdasstarkanwachsendeGenrederalpinenReiseberichtehinzu.Diegroße, dramatischeAlpenmalereinahmim19.  Jahrhundert ihrenAufschwung.DieDar- stellungderAlpendurchberühmteMaler führte dazu, dass sie visuell präsent waren.Alsbesonders faszinierendgaltengegensätzlicheLandschaften; sodasoffe- neTalbeckenReichenausgegenüberdemgewaltigenGebirgsmassivderRaxund desSchneeberges,oderdassüdlichgeprägteMeraninSichtweitevonschneebedeck- tenBergen.DasssichdieMenschenvondiesenGegensätzenangezogenfühlten, warcharakteristischfürdieromantisierteWahrnehmungdesGebirges imfrühen 19.  Jahrhundert. InspiriertvonderMalereiundLiteratur,begabensich touristisch oderalpinistischinteressierteReisendeindieBerge.NichtzuletztschufderWiener KongresseinstabilespolitischesUmfeldundverstärktedasNationalgefühl.Dies bildetedieGrundlage fürdieErkundungderbisherwenigbekanntenNaturdes eigenenLandes.194 DieGewohnheitderAristokratie, sich ineineSommerresidenzals saisonalem WohnsitzaufdemLandzubegeben,entwickelte sich imVormärzzurReiseform. EswareineFluchtvomsommerlichenWienmitdrückenderHitze,unzulänglicher WasserqualitätundjährlichwiederkehrendenEpidemienindie frischeLandluft. Weresfinanziell vermochte,verbrachtedenWinter inderResidenzunddieSom- mermonateaufdemLand.KurorteübernahmendabeizumTeildieFunktionvon Sommerresidenzen, indemsieeineRückzugsmöglichkeitausderStadtundeine zwanglosereAtmosphäreboten.195 194 Mathieu, Jon:DieAlpen.Raum–Kultur–Geschichte,Stuttgart2015,S.129–135,138;Mathieu, Jon:Alpenwahrnehmung.ProblemederhistorischenPeriodisierung, in:Mathieu, Jon;Boscani Leoni,Simona(Hg.):DieAlpen!ZureuropäischenWahrnehmungsgeschichteseitderRenaissance =LesAlpes!Pourunehistoirede laperceptioneuropéennedepuis laRenaissance,Bern2005, S.53–72;Kos,1984,S.57;Hachtmann,2007,S.85–86,91–92. 195 Hachtmann,2007, S.93–94;Mai, 2004, S.8;Haas,Hans:DieSommerfrische  –  OrtderBürger- lichkeit, in:Stekl,Hannes: „DurchArbeit,Besitz,WissenundGerechtigkeit“,Wien/Köln/Weimar 1992,S.364,366;Eidloth,2012,S.18–19. https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0 © 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien