Seite - 129 - in Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910

PolitikundStaatsführung imKurort 129 tennachging.516FranzJosephbearbeitete täglichzahlreicheSchriftstücke,diedie Militär-undKabinettskanzlei ihmregelmäßigausWienzusandte. InIschl fanden auchinnenpolitischeVerhandlungeninFormvonMinisterkonferenzenstatt.Diese betrafenvorallemdiegemeinsamenAngelegenheitenvonÖsterreichundUngarn respektivedieunterschiedlichenPerspektiven.517 DiePressekommentiertedieAufenthalte regierenderHäupter inIschl.DieUn- tersuchungverschiedenerPresseberichteüberdieBesuchevonRegentenanderer Staatenergab,dasspolitischeTreffennichtpersedemHofzeremoniell folgenmuss- ten.DieArtikelbeschrieben, inwelcherFormdieBesucheerfolgten.Beispielsweise zeichnetesichdererneuteBesuchvonKaiserWilhelminIschl imJuli1875schein- bardurchden„vollkommenenMangelanallemZeremoniell“aus, entgegenseinen bisherigenAufenthalten.DiePresseberichtete,dasssichdiebeidenKaiser„[…] sehrherzlich[verabschiedeten], [sie]umarmtenundküsstensichmehrereMale undKaiserWilhelmbestieg,nachdemersichvondenanwesendenHerrenbeur- laubtund jedemEinzelnendieHandgereichthatte,denWagen,dernun inder RichtunggegenSalzburgabfuhr“.518DerKönigvonSerbienkam1891nachIschl. DiePresseschildertedenEmpfangamBahnhofunddasGeleit zumHotelElisa- beth, dieDinner-Gesellschaften inderKaiservillamit der kaiserlichenFamilie, die gegenseitigenBesuche, dieVerleihungvonOrden andieBesucher unddie gemeinsamenAusflüge.DerBerichterstattungzufolgehandelteessichumeinen demZeremoniell folgendenBesuch.519 JohannesPaulmannuntersuchtedieMonarchenbegegnungeninEuropaundda- mitdenZusammenhangzwischenInszenierungundinternationalenBeziehungen. DennationalenBewegungen,die im19.  JahrhundertzunehmenddieMonarchie inFragestellten,begegnetendieHerrscherEuropasmitunterschiedlichenFormen vonRepräsentation.Der„Besuchsverkehr,andemsichalleGroßmächtebeteilig- ten“,begannerst inden1840er-JahrenundwurdezueinembeständigenElement der internationalenPolitik.OhneVerlustekonntesichkeinRegentdieserneuen Möglichkeit,Außenpolitikzubetreiben,entziehen.DieFormeinersolchenMon- archenbegegnungvariierte stärker alsnur zwischen„privat“und„offiziell“,wie es die oben vorgestelltenPressebeispiele schildern.DieBesucheunterschieden sichdurchvielfältigeVariationendesZeremoniells. SchonalleindasTreffenan einemanderenOrt als in derResidenzstadt oder in Schönbrunnmachte es zu einemhalb-offiziellen,auchwennessonst sehrrepräsentativenCharakterhatte. 516 IschlerFremdenblatt,1880,Nr.  47,49,52; IschlerFremdenblatt,1905,Nr.  52; IschlerFremdenblatt, 1907,Nr.  52,60; IschlerFremdenblatt, 1908,Nr.  50;LT,4.8.1880,Nr.  177,S.2;Markolin/Huemer, 1980,S.11–21. 517 Markolin/Huemer,1980,S.11,20,32. 518 NeuesWienerTagblatt,17.7.1875,Nr.  196,S.4. 519 IN,12.8.1891,Nr.  182,S.10; IN,13.8.1891,Nr.  183,S.7. https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0 © 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien