Seite - 134 - in Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910

134 AufschwungderKurorte: InfrastrukturundmondänesLeben DieseneuenArbeitsplätzehingendirektmitderZunahmederGästezusammen. AndereArbeitsstellenundVerdienstmöglichkeitenwurdenvondenGästen für dieärmerenEinheimischengeschaffen, so führteSophie inden1830erninIschl dieSchafwollspinnerei„fürdieArmen“ein.DerKurarztWirernahmsichdaran einBeispielundgründetedieFlachsspinnanstalt, inderWaisenundKinderder SalinenarbeiterundderärmerenEinwohnerBeschäftigungfandenundeinenLohn erhielten.540WirerfinanzierteaußerdemEndeder1820erdenAusbaudesalten BürgerspitalsIschls,dasbisherfürPfründneralsAltersheimgedienthatte.Eswurde explizit fürdieAufnahmekrankerDienerschaftinderKursaisonausgebaut.541Zu- sätzlichkamdieBevölkerungdervonderAristokratiebesuchtenKurortevermehrt indenGenussvonSpendengeldernundWohltätigkeitsbeiträgen.Beispielsweise ludErzherzoginMariaTheresiaanWeihnachten1877diezwölfärmstenFamilien indieVillaWartholzeinundbeschenktesiemitLebensmittelnundKleiderstoffen, oderderKaiser spendete1872 inMeranfürBedürftige.542 Trotz allerChancen, die sichdurchdiewirtschaftlicheVerlagerung zumter- tiärenSektor fürdieEinheimischeneröffneten,entstandenauchneueProbleme. Anfangder1870erlittensowohldieEinheimischenalsauchFremdeinMeranunter Wohnungsmangel, obwohl inden JahrendavorneueHäusergeradezuausdem Bodengestampftwordenwaren. ImFrühling1872warenüber1500italienische ArbeitermitdemBauneuerUnterkünftebeschäftigt.DieEinheimischenmussten, verschuldetwegenunerschwinglicherMietzinserhöhungenvonbiszu100Prozent imSommerquartal 1872, ihrenWohnsitz insUmlandverlegen.543DasKonzept Kurort ließesnichtzu,dassArmut,NotundHungersichtbarwaren.Meranver- suchte,durchSpendenundWohltätigkeitsveranstaltungen,andenensichauchdie Kurgästebeteiligten,dasLeidderunterenSchichten,unddasschlechteGewissen deroberenSchichten,zu lindern.544 DieLandwirtschaft inSüdtirolmusste sichumdie Jahrhundertwendewegen deszunehmendenTourismusumorganisieren,dadieeinheimischenArbeitskräfte abwanderten.DieJungenverdingtensichalsKnechteoderMägdenachBozenoder Meran,woraufdieBauerndie fehlendenArbeitskräftedurchItalienerzuersetzen versuchten.Diesebliebenvielfachabernurso lange,bis sieDeutschkonnten,und verdingtensichdannebenfalls inderStadt.545 DerGästestromwirktesichaufdieEinheimischenundihreLebensweiseaus:Sie sahensichmitNeuerungenkonfrontiert, andiesie sichanpassenmussten,damit 540 WirervonRettenbach,1842,S.218–220. 541 Ebenda,S.221. 542 dV,27.12.1877,Nr.  354,S.2;GV,21.2.1872,Nr.  41,S.3. 543 nTS,9.4.1872,Nr.  80,S.3;nFB,25.7.1872,Nr.  202,S.3;SieheS.98. 544 Abram,2001b,S.52. 545 IN,11.9.1902,Nr.  208,S.1. https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0 © 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien