Seite - 28 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
Bild der Seite - 28 -
Text der Seite - 28 -
28
Noch nach Jahren war Leopold I. des patriotischen Geistes der Bürger eingedenk nnd
belohnte sie mit dem Burgfriedensprivilegium, „weil sie mit Hintansetzung von Gut und
Blut diese kaiserliche Haupt- und Residenzstadt als eine Vormauer der Christenheit anfrecht
erhielten". Doch nicht allein Österreich, ganz Europa begeisterte sich für die Helden-
thaten der Vertheidiger und Befreier und feierte sie in Wort und Bild, in Münzen und
Medaillen so zahlreich wie kaum eine andere kriegerische That.
Unermeßlich waren die politischen Folgen des Sieges, Ermuthigt durch diesen
glänzenden Erfolg sehten Karl von Lothringen und nach ihm Prinz Eugen von Savoycn
den Krieg gegen die Türken siegreich fort. Es kamen die Ruhmestage des österreichischen
Heeres bei Ofen, Stuhlweißenburg, Belgrad, Szlankament und Zenta. Österreich und
Deutschland waren dauernd von der Türkengefahr, Wien von seiner schwierigen Mission
als Vormauer der Christenheit befreit.
Die feit diesen Tagen in der inneren Gestaltung des Reiches eingetretene Wendung
wurde für das Wiederemvorblüheu Wieus von größter Bedeutung. Alle Bestrebungen
der Staatsmänner jener Epoche zielten auf eine Festigung des Bandes der unter Habsburgs
Scepter vereinigten Volksstäinme und auf eine Erschließung der Hilfsquellen zur Hebung
der Macht und des Wohlstandes des Reiches. Und je größere Fortschritte die Bestrebungen
machten, die verschiedenen Völker durch die Verbreitung deutscher Sprache und Bildung,
durch gemeinsame Grundsätze in der Verwaltung, der Rechtspflege und den Heeres-
einrichtungen in einen festeren Verband Zu bringen, desto mehr wurde Wien der Mittelpunkt
der Fortschritte auf den Gebieten der Industrie uud des Handels, des Unterrichts, der
Kunst uud der Wissenschaft. Mächtiger als irgend eine Stadt des Reiches von allen
Geschicken der Dynastie und des Staates berührt, bewährten sich dafür auch in den
schwierigsten Lagen der patriotische Geist, sowie die Opferwilligkeit und der Gemeiusinn
der Bürger. Wie streng auch oft Fremde in ihren Schilderungen die Sitten beurtheilten,
über die seltene Liebe und Treue der Wiener zu ihren Fürsten waren sie einig in
ihrem Lobe.
Noch einmal wurde Wien uuter Kaiser Leopold I. von den aufständischen Ungarn
unter Räköczy bedroht. Als Eugen von Savoyen znin Schutze der nen entstandenen Vor-
städte eine aus Gräben und Pallisaden bestehende VertheidigungZlinie, die Linienwälle,
crrichteu ließ, leisteten die Bewohner der Stadt und der Vorstädte Schanzarbeit und die
Bürger übernahmen die Bewachung nnd Vertheidigung dieser Wälle. Aber nicht nur ein
Held auf dem Schlachtfclde war der „edle Ritter" Prinz Eugen, er war auch ein Freuud
und Förderer der Künste und Wissenschaften. Nebst dem Palais in der Himmelpfortgasse
errichtete er sich das herrliche Aelucdere, von dessen Fenstern aus er das aufblühende Wien
mit segnendem Auge zu überblicken vermochte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277