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Kameradschaft und wahrster Brüderlichkeit! Freilich reife» auch hier nicht alle Plane nach
Wunsch und laufen einzelne Episode« nicht immer ganz glatt ab und bringen es par
loi-o6-„Hetzen" mitunter sogar zu ernsteren Tebattcn mit einem kleinen Handgemenge
der Duellanten und einer Universalbalgerei im Gefolge, so daß Wirth und Hanstnecht sich
ins Schlachtgetümmel stürzen, die Streitenden mit Gewalt trennen und den Störefried
beseitigen müssen, worauf bei einigen Versöhnnngslitcrn meist wieder zur Befestigung der
alten Eintracht geschritten wird. Aber diese jedenfalls bedanerlichen Intermezzi ereignen
sich — in den Mittelclassen — doch nur selten, denn der Wiener ist im Allgemeinen kein
geborener Raufbold und kein Profefsions-
stänterer, nur ein unverbesserlicher Hänsler
nnd Witzreißer, der mit seinen, wenn auch
nie bösgemeinten „Aufsitzern" und haupt-
sächlich mit seinen „nationalen" Anekdoten
nnd Bonmots bei befangenen und beschränkten
Geistern leicht Anstoß erregen kann. „War
halt a Hetz! Dös bringt kein' Menschen
um!" So lautet beiläufig seine gewöhnliche
Schutz- und Entschnldigungsrcde, falls ein
Unheil losbrechen follte oder factisch los-
gebrochen ist,
„Eine Hetze!" Das Ideal irdischer
Glückseligkeit nach dem Geschmacke des ein-
gefleischten Wieners! Für eine gelungene
„Hetze", eine lustige „Remafnri", einen
D«Zt«mm«°st. Schabernack, den er Diesem oder Jenem
spielen kann, würde er sein Theuerstes opfern. Zu derlei Zwecken ist nun das Stamm-
Wirthshaus wohl das richtigste Terrain, es wird ihm aber bei seinen Lebenseinrichtungcn
auch ansonst noch zur Nnentbehrlichkcit, wie das Schild mit dem Zeiger von Reisig zum
leitenden Compaß für die uerschicdeusteu Ziele, Absichten, Pläne, Wünsche und Bedürfnisse,
so daß also schießlich Mancher, wie erwähnt, hier mehr „zu Hause" ist als — iu seiner
gemietheten Wohnung,
Denn nicht nur behnfs der allabendlichen Symposien unter „bewährten" Freunden
und Genossen, wo der absolvirteu mehrstündigen Tarok-, Preference- oder Besehpartie im
gleich gearteten Cafe sodann unvcrwcilt das gemüthliche „Angeh'n" nnd „Schnapsen" uud
das übliche „Auszipfeln" sich anreiht, es wird das Wirthshaus auch aus anderen ebenfalls
„unabweisbaren" Gründen aufgesucht. Unabweisbar? Gewiß. Hören wir nur die Chronik
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277