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geschaffen wird. Vorerst war der Impuls der großen Meister noch mächtig genug, um
ohne staatlich geregelte Pflanzschule die Kunstnbnng fortzusetzen, wie denn die Schüler
jener Barockmcister noch Bedeutendes zu leisten vermochten, Donners Richtung lebte iu
seinem Bruder Matthäus fort, von dem ausgezeichnete Porträtbnstcn und herrliche
Medaillen geschaffen wurden. Andere Medailleure von hoher Fertigkeit waren Gcnnaro,
Richter. Wnrou; Plastiker in Blei, Erz nud Marmor seine Eleven Fr. Kohl und Zächerl,
fpäter Martin Fischer; Valthasar Moll aus Tirol, dessen Sarkophag Maria Theresias
in der Kapnziueraruft noch eine im Geist des Barockstils imposante Wirkung hat, zählt
unter die Begabtesten dieser Tchule. An Gran knüpften Francia, Thassi, Hautzinger mit
Erfolg an. Aber es fehlte außer dieseu Schulströmungcn auch keineswegs an neuen
Männern, welche frische Elemente aus der Ferne herbei brachten und der svätcarolinischcn
und Therefianifchen Ära ein selbständiges Gepräge aufdrücken. Solche sind anf dem Gebiete
des Fresko der Römer Guglielmi, dessen Plafonds in der Aula der Universität und in
Schünbrunn von großer Wirknng sind, der im Süden gebildete Tiroler Paul Troger und
feine Laudslente Michelangelo Unterbcrger uud Ignaz Mühldorfer. Der geistvollste Fresko-
maler, dessen Werke anch fo ziemlich die letzte Blüte des Faches bezeichnen, war damals
Anton Maulpcrtsch, dessen größte Kompositionen, mit Ausnahme seiner Jugendarbeiten
in der Piaristenkirche, übrigens nicht in der Hauptstadt felbst ihre Entstehung fanden.
Unter den Porträtisten nimmt eine besonders interessante Stellung der im niederländisch-
Rembraudt'fchen Geiste schaffende Realist Kuuetzki und der französisirende Pastellmalcr
Seybold ein; die niederländische Landschafts-, Genre- und Thicrmalcrei fand Nachahmer
in Querfurt, Christ. Brand, Schinnagel, Orient, Ferg ?c,, die Wattean'sche Gesell schafts-
darstcllung in Plccher. Weitaus die originellsten und hervorragendsten Künstler der Zeit
Maria Thcrefias sind aber der Maler zahlloser Altarbilder Iohanu Martin Schmidt,
genannt Kremser-Schmidt, ein Antodidact von proteusartiger Natur, der bald Veuctiancr,
bald Neapolitaner, bald Niederländer zu seinen Mustern nimmt, und der seltsame Franz
Messcrschmidt, dessen, allen bisherigen Vorgängen spottende Bildhanerwerte insofern
wieder ein treues Spiegelbild der zeitbewegenden Ideen abgeben, als er mit seinen
berühmten 4!1 Charaktertövfen den genialen, aber wnnderlichen Verfnch machte, im
Gewände der rücksichtslosesten Natnralistik die Principien des damals Aufsehen erregenden
Mesmerismus, der Lehre vom seelischen nnd thierischen Magnctismns, in die Kunst
einzuführen.
Es sei hier anch kurz erwähnt, daß die graphischen Küuste, vornehmlich der
Kupferstich durch die geistreichen Leistungen Jakob Schmutzcrs den Höhepunkt der
Entwicklung erreichten. Ihre ältere Geschichte in Wien ist nicht reich an bedeutenden
Momenten: die schwarze Kunst fand hier neben der farbigen Lust der Palette weniger
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277