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Jahres 1848 und der Neubau der Stadt haben ein neues Geschlecht und andere Ziele
für die bildende Kunst Wiens heraufgeführt.
In erster Linie brachten sie uns jenen Aufschwung der Historienmalerei großen
Stils, der ohne den Hintergrund einer weihevollen monnmentalen Architektur nicht zu
denken ist. Das beweisen die fruchtlosen Anstrengungen, welche der begabte Karl Ruß,
durch Collins uud Hormayrs Zuspruch begeistert, auf die Begründung einer nationalen
Geschichtsmalerei gerichtet hat, ganz zu gefchweigen der weseulofen Schemen der Akademiker
aus Fügers Nachfolgerfchaft, eines Caucig, Redl, Abel, A, Petter uud Anderer. Wien hat
auch noch in jüngerer Zeit, vornehmlich in P. Ioh. Nep. Geiger und in Leander Nuß
fruchtbare Talente historischen Zuschnitts hervorgebracht, von denen jedoch der Eine seine
Kraft als Illustrationsze ichner im Kleiuen versvlitterte, der Andere leider früh verstorben
ist. Leopold Kupelwieser, Leopold Schulz uud die ihnen Gleichgesinnten beschränkten sich
auf die kirchliche Sphäre. Nur in Führich uud Rahl traf die Gunst der Umstände die
rechten Männer, welche nicht nur selbst Bedeutendes hervorzubringen, sondern auch auf
Schule und Leben nachhaltigen Einfluß zu gewinnen vermochten.
Iofefuon Führich (1800 bis 1876) hatte bereits i» den mit Schulz und Kupelwiefer
ausgeführten Wandgemälden der Iohanneskirche in der Praterstraße tüchtige Proben seines
Talentes abgelegt, als ihm in der malerischen Ausschmückung der Altlerchenfelder Kirche
der umfassendste Auftrag religiöser Monumentalmalerei zufiel, welchen die Entwicklung
des neuen Wien zu Tage gefördert hat. Er erdachte den nach der Weise der Alten in
cyklischen Zusammenhang gebrachten Gemäldeschmuck, welcher deu Inneuraum der Kirche
und der Vorhalle füllt uud dessen Grundgedanke die Verherrlichung des Christenthums und
seiner Heilslehre ist. Nach diesem Programm wurden dann theils von ihm selbst, theils
von seinen Genossen nnd Schülern die Cartons ausgeführt und von letzteren sämmtliche
Bilder gemalt. Es betheiligteu sich an der Arbeit die nachfolgenden Künstler: Iofef
Binder (Vorhalle), Leopold Schulz (Raum unter dem Musikchor und Engel am Triumph-
bogen), Ed. von Engerth (linkes Seitenschiff, Sanctuarium und Presbyterium, letztere
nach Cartons von Führich), Josef Schönmann (rechtes Seitenschiff), Kupelwieser (Quer-
schiff fammt Kuppel und Bilder an den unteren Stirnwänden der Seitenschiffe, letztere
ebenfalls nach Cartons von Führich), Karl Mayer uud Karl Blaas (Bilder im Haupt-
schiff), endlich Franz Dobyaschofsky (Wandflächen links uud rechts vom Triumphbogen des
Sanctuariums). Einzelne dieser Gemälde bekunden etwas allzu deutlich die Teudenz nach
selbständiger Bildwirtung. Aber das Ganze fügt sich dem reichgegliederten Bau trotzdem
harmonisch ein und legt für des Meisters Gedankentiefe, wie für das malerische Können
der ausführendeu Kräfte, das rühmlichste Zeugniß ab, — Führich war zugleich einer der
wenigen Vertreter des religiösen Faches, der auch im Kleinen feine Größe zu bewähren
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277