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unausgeführt gebliebener Fries fur die Universität m Athen gedacht. Wemi es den
gedankenvollen, rhythmisch klar und schön bewegten Compositionen des Meisters auch bis-
weilen an tieferer Lebenswahrheit mangelt, so umfließt sie dafür der Zauber und Goldglanz
der farbigen Erscheinung, deren Geheimniß Rahl den Venetiancrn abzulauschen strebte
und als ein bis dahin von der deutschen Kunst vernachlässigtes Element finnengefälliger
Schönheit zu neuem Leben erweckte. Nahl war eine vielseitig gebildete Natnr von fcharfer
Auffassungsgabe und feuriger Beredsamkeit, ein geborener Lehrer. Wie sein Schaffen auch
auf christliche und romantische Stoffe sich erstreckte (Bilder in der griechischen Kirche
und Piaristeukirche, Hagen, Manfred und Andere), wie er nicht minder auf die flach uud
süßlich gewordene Porträ'tmalerei durch das Beispiel seiner großen Anschauung und
gediegenen Stilistik erziehend zu wirken wußte, so war er anderseits besonders glücklich
in der Ausbildung zahlreicher, den verschiedensten Kunstgebieten angehörender Schüler.
Wir nennen den fein begabten, leider in der Kraft der Jahre dahingestorbenen Eduard
Bitterlich, die Professoren August Eisenmenger und Christian Griepenkerl, die neuerdings
in Budapest zu bedeutender Wirksamkeit gelangten Karl Lotz und Moriz Than, die Bildniß-
maler Gustav Gaul und Ä. George-Mayer, den Landschaftsmaler Josef Hossmann, ferner
Mantler, Ignaz Seelos und Romako. — Für die Weiterentwicklung der Monumental-
malerei im Sinne Rahls fallen besonders Bitterlich, Eisenmenger und Griepenkerl ins
Gewicht. Sie standen dem Meister bei der Ausführung feiner Compositionen als Hilfs-
kräfte zur Seite; Bitterlich und Griepcnkerl haben unter Anderem die Entwürfe für das
Opernhaus nach feinem Tode in Zeichnung uud Malerei allein durchgeführt und außerdem,
ebenso wie Eisenmenger, eine Reihe selbständiger Arbeiten von schön bewegter, wohl
durchdachter Composition und gesättigter Farbenschönheit geschaffen. Wir nennen die
Decken- und Wandgemälde im Speisesaal des Grand Hotel (Bitterlich und Eisenmengcr),
die Decorationen im Musikueremsgebäude (Eisenmenger), im früheren Palais Evstein
(Bitterlich und Griepenkerl), im Palais W. Entmann (Bitterlich) und vornehmlich die
jüngst vollendeten Friesbilder in den beiden Häufern des Reichsrathsgebäudcs (Eisen-
menger und Griepenkerl). — Zu Eisenmengers Schülern zählt Julius Schmid, der Urheber
eines gegenwärtig in der Ausführung befindlichen umfangreichen Gemäldecytlus für die
Schottenkirche.
Auch der uns jüngst auf der Höhe seiner Kraft durch einen zähen Tod entrissene
Canon (Hans von Straschiriftka) erschien als vorübergehender Gast bisweilen in Rahls
Atelier, um von den Lehren des Meisters Nutzen zu ziehen und an den Discnssionen
thcilzunehmen. Wenn Canon auch nicht als Rahls eigentlicher Schüler zu betrachten ist,
so hat er von diesem doch entschieden in technischer wie in geistiger Beziehung nachhaltige
Impulse empfangen. Anch Canons Ideal war ein ausgesprochen malerisches, und Zwar
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277