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in Berlin, Paris und London dieses Verhältniß beispielsweise gerade umgekehrt liegt
und in diesen drei Städten die Zugezogenen die Mehrheit (bis zu 65 Procent der
Bevölkerung) bilden.
Unter der Gesammtzahl von 704.756 in der Stadt Wien (ohne Vororte) lebenden
Einwohnern hatten sich im Jahre 1880 297.760 durch Gewerbe und Industrien,
166.131 durch iutellecwelle Dienstleistungen und Handarbeit, 112.282 durch Handel
und 45.271 durch Verkehrsthätigteit ihren Unterhalt verdient; der Rest der Äcuölkernng
entfiel auf Rentner, Pensionisten, Pfründner und jene wenigen der Urproduction
dienenden Erwerbtreibenden, die vornehmlich als Gärtner, Milchmeier und dergleichen
zur Approuisionirung der Großstadt ihr Schärfleiu beitragen — nur ein kleines Schärflein
freilich, denn der Magen einer Bevölkerung von mehr als einer Million Menschen ist
gar groß und feinen Bedürfnissen kann nur durch eine umfassende Organisation, durch
ein weitverzweigtes System der Approviswuirnng genügt werden, welches wir anf den
folgenden Blättern kennzeichnen wollen.
Die Approvisionirung der Großstadt.
Die Haupt- und Residenzstadt und die mit ihr zusammenhängenden Vororte wenden
sich mit ihrem Bedarf an landwirthschaftlichen Erzeugnissen in erster Linie au das sie
umgebende Land Niederüsterreich. Dieses ist aber bei seinem mäßigen Umfange weitaus
nicht im Stande, den Bedarf zn decken. Nicderösterreich pruducirt selbst in guten Jahren
fo geringe Mengen von Getreide, daß dieselben auch nicht entfernt ausreichen, nin außer
dem für das Landgebiet erforderlichen Saatgut, der Brotfrucht und den Futterkörnern auch
noch Genügendes für die Versorgung der Hauptstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung
zu liefern.
Die Ernährung der Bevülkenina, Wiens, für welche in die Stadt und Vorstädte
allein in jedem der letzten zehn Jahre (1875 bis 1884) circa 750.000 Mctercentncr Mehl,
Brot und Gebäck eingeführt wurden, das Futter für Pferde und Kühe, die Kornfrüchte
aller Art für Brauereien, Brennereien, Stärkefabriten u. f. w. bilden eiuen Maffeubedarf,
dessen Deckung Niederösterreich uicht gewachsen wäre. Aber leicht ist es für deu großen
Handels- und Stapelplatz, das Fehlende ans den Kornkammern des Ostens zn beziehen,
und dies geschieht auch in stets wachsendem Umfange nm so leichter, je mehr das Eisen-
bahnnetz entwickelt wird. Wien selbst und seine nächste Umgebung betheiligen sich an diesem
Zweige der Approuisionirung actiu, insbesondere in der Vermahlung von Weizen und
Roggen; die Schiffmühlen der Donau mit ihrem charakteristischen Gepräge, sowie die
vielen Kunst- und Dainpfmühlen, die rings um die Stadt zu finden find, legen dafür
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277