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mir die durch den Staatstelegraphen vermittelte Verbindung der Reichshauptstadt mit der
Außenwelt, Erst im August 1869 würde die Privattelegraphen-Oesellfchaft für Wien
und die Umgebung im Umkreise von fünf Meilen gegründet; die sehr kleinen Anfänge dieses
Unternehmens erregten manches Bedenken über die Nothwendigkeit und das Bedürfniß
localer Depeschenbcförderung; aber schon in den ersten Jahren wurden mehr als
500.000 Localtelegramme befördert und heute steht man bei ungefähr 800,000 Depeschen,
obwohl zwei andere mächtige Rivalen eingetreten sind: denn die Tlaatsverwaltnng selbst
hat im Jahre 1875 ein pneumatisches Röhrennetz zur directen Verbindung der Depeschen-
Aufnahmeämter in Stadt und Vorstädten mit der Centralstation errichtet, welches jetzt
in einer Lange von 16 Kilometer fnnttionirl und der raschesten Beförderung von Briefen
und Korrespondenzkarten in Stadt und Vorstädten in solchem Maße dient, daß es weit
über eiue Million Depeschen und nahezu eiue halbe Milliou „pueumatische Briefe"
und „Karten" an ihren Bestimmungsort schafft: anderseits hat die Prioattelegraphen-
Gesellschaft im Jahre 1881 den Telephon verkehr einzurichten begonnen nnd mit demselben
den Erfolg erzielt, daß jetzt (1885) vermittelst ungefähr 3.400 Kilometer Drähten, die
einem Spinncngewebe im Häufermecr der Großstadt gleichen, nahezu 700 Abonnenten
unter einander in directes Gespräch treten können.
Das Alles ist das Werk der jüngsten Zeit und es beweist, daß trotz der oielen
Klagen über den Stillstand dennoch m Wahrheit ein sehr ansehnlicher Fortschritt, eine
gewaltige unaufhaltsame Hebung des iuteruen Verkehrslebeus der Großstadt vor sich ging.
Könnte sich das Wien uon heute selbst nur in das Wien der Sechziger-Jahre ohne Pferde-
bahn, ohne Eommifstonäre, ohne Packetzustelluug, ohue Localtelegraph, ohne pneumatische
Correspondenz, ohne Telephon zurückversetzen? Und so gnt die zwanzig Jahre einer keines-
wegs durch äußere Umstände besonders begünstigten Entwicklung der österreichischen
Reichshauptstadt alle diese Errungenschaften gebracht haben, ebenso zuverlässig darf Wien
iu die Zukunft feines Verkchrslcbens blicken. Die weiteren Glieder der Ausgestaltuug. die
Stadtbahn und oie volle Verschmelznng des breiten Gürtels der Vororte mit dem Stadt-
gebiete, sie sind eine so natürliche und nothwendige Folge desjenigen, was in der unmittel-
baren Vergangenheit geschaffen wurde, daß man gelrost ihrer Verwirklichung entgegensehen
mag. Dies umsomehr, als auch die Entfaltung des änheren Verkehrs regelmäßig vorwärts
gehen und trotz mancher vorübergehenden Hemmnisse doch immer auf ein hölieres Niveau
gebracht werden mnß.
Die Hilfsmittel dieses äußere» Verkehrs, welchen wir nur kurz andeuten, weil er
uns schon über die Grenzen der Hanptstadt ins Land hinausführen würde, siud ja ebenfalls
in den letzten zwanzig Jahren riesenhaft gewachsen. Erinnern wir uns daran, daß vor
zwanzig Jahren in Wien nur oier Eijeubahnen einmündeten, die Nordbahn, Staalsbahu,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Band 1
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Band
- 1
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.13 x 22.72 cm
- Seiten
- 348
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277