Seite - xi - in Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät - Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
Bild der Seite - xi -
Text der Seite - xi -
Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xiii
handelt43. Damit werden, im Unterschied zur Hauptmatrikel, Personen öfters genannt,
und zwar immer dann, wenn sie einen Grad erwerben oder ein Amt, wie das des De-
kans, ausüben. Anders als etwa in der Kölner Universitätsmatrikel44 wurde in der Wiener
Hauptmatrikel praktisch nie, von einigen Ausnahmen abgesehen45, das Fach der Studie-
renden vermerkt. Dies erklärt den Mehrwert der Fakultätsmatrikel, hinzu kommt, dass
es sich an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit bei dieser Form der Quelle um eine im
universitären Bereich seltene schriftliche Überlieferungsform handelt46.
Auf den ersten Blick handelt es sich um eine gleichförmige und wenig abwechslungs-
reiche Quelle, die aber dennoch von großem Wert ist, da für die juridische Fakultät,
anders als für die drei weiteren (Artisten, Theologen und Mediziner), keine Akten aus
dem späten Mittelalter oder der Frühen Neuzeit existieren, sodass die Matrikel als einzige
Quelle systematisch über Studiengang und Karrieren der rechtswissenschaftlichen Stu-
denten und Professoren informiert und damit einen deutlich höheren Informationswert
als die Hauptmatrikel aufweist47. Die von den Dekanen der drei anderen Fakultäten se-
mesterweise und wohl eigenhändig abgefassten Berichte, die in Erfüllung ihrer Tätigkeit
an der Fakultät entstanden sind, werden als Akten bezeichnet und fehlen in diesem Fall.
An zwei Stellen erscheinen in der Matrikel eindeutige Hinweise darauf, dass neben dieser
auch aktenförmige Aufzeichnungen existierten48, die aus unbekannten Gründen nicht er-
halten sind. Abschließend sei noch erwähnt, dass auch die Artistenfakultät sowohl Akten
als auch eine Matrikel führte, Letztere ist erst ab 1501 erhalten49.
Jeder Universitätsbesucher wurde nicht nur mit seinem Namen, sondern auch mit
seiner Herkunft und mitunter sogar mit seiner beruflichen Tätigkeit verzeichnet, des Öf-
teren sind auch der geistliche und weltliche Stand vermerkt. Oft werden bereits geführte
akademische Grade angegeben, manchmal auch der Studienort, wo diese erworben wur-
den50. Dies eröffnet Möglichkeiten für weiterführende Forschungen, etwa durch Einbe-
43 Dazu ausführlich: Schwinges, Acta, 217 f.
44 Keussen, Matrikel Köln.
45 Ausnahme zum Beispiel: Hilarius Wolfhardus Transiluanus scol. jur. MUW III, 1518 II H 18; Mag. Joan-
nes Plumenstain scolaris iuris MUW II, 1517 II R 60; Martinus Holoch de Sweynfurt baccalarius Haydlbur-
gensis scholaris iuris MUW II, 1501 II R 94; Frater Martinus Munig de Vratislauia ordinis sancti Augustini
scolaris iuris MUW II, 1517 II H 12; Dom. Martinus Silber de Hoffkirchen penes Ried baccalarius Lipzensis
et octonarius ecclesie Wiennensis scolaris iuris MUW II, 1495 II R 18; Mathias Rigelsauff ex Wolffpassing
scholaris iuris canonici MUW II, 1515 II A 25.
46 Paquet, Les matricules, 20 f. Außer in Wien, Prag und Poitiers haben sich laut Paquet keine Juristenma-
trikeln erhalten.
47 Uiblein, Quellenlage, 542 ff.
48 1478 I wird ein Magister Petrus Purger de Hallstat genannt, dessen in Padua erworbener Grad eines
Bakkalars an der Wiener Fakultät anerkannt wurde, so wie es in libro actorum ausführlicher festgehalten
sei. Auch an einer zweiten Stelle, im Jahr 1548, werden in knapper Form Vorkommnisse an der Fakultät
geschildert, auch hier mit dem Verweis, dass dies in libro actorum ausführlicher bezeugt sei. Aufgrund
dieser Hinweise besteht aus meiner Sicht kein Zweifel, dass Akten an der juridischen Fakultät existiert
haben. Franz Gall führt als Grund für das Fehlen der Akten der Wiener Juristenfakultät einen Brand
in der Juristenschule im Jahr 1627 an, bei dem auch das Fakultätsarchiv zerstört wurde, und verweist
diesbezüglich auf die Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien. Gall, Sankt Ivo-Kapelle, 492; Ko-
pallik, Regesten, 42, 50. Die Schule befand sich Ecke Grünangergasse 2 / Schulerstraße 14, nur unweit
des Stephansdoms. Dazu: Perger, Wiener Bürgermeister, 30.
49 Uiblein, Quellenlage, 544.
50 Zum Beispiel: Iohannes Faut de Constat baccalarius Tibingensis (UAW, MFJ II, 1513 I) oder Magister
Kylianus Horn de Herbipoli decretorum doctor studii Papiensis (UAW, MFJ II, 1468 I).
Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis, Band II:1442–1557
- Titel
- Die Matrikel der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät
- Untertitel
- Matricula Facultatis Juristarum Studii Wiennensis
- Band
- II:1442–1557
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20255-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 326
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung vii
- 1.1 Forschungsstand viii
- 1.2 Vorhaben und Ziele der Edition x
- 1.3 Die Quelle xi
- 1.4 Der Wert der Quelle – Prosopografische Erkenntnisse xii
- 1.5 Die juridische Fakultät: Studienvoraussetzungen, Studienverlauf und Größe xiv
- 1.6 Paläografische Analyse xvii
- 1.7 „Studium im Ausland“ – Italienaufenthalt und römisch-rechtlicher Einfluss xxi
- 1.8 Statistische Auswertung xxv
- 1.9 Berufliche Wirkungsfelder der Juristen xxxviii
- 1.10 Liste der Dekane xlii
- 1.11 Kurzzitate und Siglen der Quellen und Literatur xlvii
- 1.12 Abkürzungen im Text und in den Registern xlviii
- 1.13 Grundsätze der Edition li
- 1.14 Vorbemerkung zu den Registern lii
- 1.15 Quellen und Literatur liii
- 2. Text der Matrikel 1442–1557 1
- 3. Register 119
- Abstract 259