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MEILENSTEINE DER FLORENTINISCHEN PRIVATBIBLIOTHEK DER GROSSHERZOGE 35
angestellter Bibliothekar nachweisbar.83 Die Einstellung eines Bibliothekars
ist als bedeutender Schritt in der Institutionalisierung der Bibliothek zu se-
hen. Um das Jahr 1820 häuften sich die Benutzung von und die Auseinander-
setzung mit den Bibliotheksbeständen durch das gelehrte Publikum. Dies ist
an jenen Werken zu erkennen, in denen sich Autoren bei Großherzog Ferdi-
nand für die Benutzung der Bibliothek und die Betreuung des Bibliothekars
bedankten,84 worin in ersten Ansätzen der Zugang der Bibliothek für einen
weiteren Personenkreis und somit die öffentliche Funktion der Bibliothek
sichtbar wird. Das Bibliotheksarchiv („Archivio palatino“)85 enthält für die
Zeit von Ferdinands Nachfolger, Großherzog Leopold II., immer wieder Ein-
gaben von Forschern mit der Bitte um Benutzung der Sammlungsbestände,
welchen eine Verordnung zur schriftlichen Anmeldung für die Benutzung der
Bibliothek vorausgegangen war. Zahlreich sind auch die erhaltenen Ansuchen
um Besichtigung der Bibliothek, denen in vielen Fällen stattgegeben wurde.86
Im Jahr 1860 wurde die Bibliothek mit der Annexion der Toskana durch
das Königreich Italien neu bewertet. Während man die Akquisitionen bis
1815 als Privatbesitz der Herrscherfamilie ansah, da die Ausgaben durch
das Patrimonialvermögen des Großherzogs finanziert wurden,87 ordnete man
83 Rossi, Biblioteconomia, 25.
84 „La Sua Altezza Imperiale mi ha permesso di visitare la sua biblioteca.“ Antonio Bertoloni,
Memoria sopra l’erbario ed una lettera del Cesalpino. In: Opuscoli scientifici 3 (1819) 271;
“Sua Altezza Imperiale mi à benignamente conceduto, coll’assistenza ed interposizione del
Signor Dottor Francesco Tassi degnissimo Presidente di quella Biblioteca, di poter rivedere
le carte […].” Giambatista Venturi (Hg.), Memorie e lettere inedite finora o disperse di Gali-
leo Galilei, Bd. 2 (Modena 1821) Vorwort.
85 Vermutlich ist die Anlage des Archivs auf Bibliothekar Giuseppe Molini (1772–1856) zu-
rückzuführen, der Sohn des Buchhändlers gleichen Namens. Zu seiner Biografie vgl. Pi-
ero Scapecchi, Giuseppe Molini. In: DBI http://www.treccani.it/enciclopedia/giuseppe-mo-
lini_(Dizionario-Biografico)/ (09.02.2014) Das „Archivio palatino“ wurde ab dem Jahr 1828
geführt. Das Bibliotheksarchiv enthält Übersendungen von Werken an den Großherzog,
Rechnungen von Buchhändlern usw. und ist also mit dem Bibliotheksarchiv der franziszei-
schen Privatbibliothek vergleichbar.
86 Giovanni Libri bedankt sich bei [Leopold II.] für die Benutzung der Privatbibliothek “di
leggere i libri stampati e i manoscritti contenuti nella magnifica biblioteca […]” und bittet
schriftlich um die Erlaubnis, die Bibliothek weiterhin benützen zu dürfen, da die “nuovi
regolamenti” dies vorschreiben. s.l., s.d. [1828]. BNCF, Archivio palatino I (1828).
87 Anhand der Rechnungen für die Privatbibliothek, welche im Archivbestand des ASF, De-
positeria generale enthalten sind, eröffnet sich ein Einblick in die Finanzgebarung, welche
bereits auf dem System der Doppik beruhte. Anhand dieser ist der Prozess der schritt-
weisen Trennung von Rechnungen des Staats von jenen der Herrscherfamilie abzulesen,
der im Zusammenhang mit dem Verfassungsprojekt der 1780er Jahre zu sehen ist. Vgl.
Graf, Verfassungsprojekt, 28. In der Schriftgutverwaltung der „Depositeria generale“ ist
Anfang der 1780er, wie im Verfassungsentwurf gefordert, eine Unterscheidung zwischen
dem „conto dello stato“ und dem „conto patrimoniale“ nachweisbar. Das „Patrimonio perso-
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630