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DIE BIBLIOTHEK ALS ARCHITEKTONISCHER
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reich getrennt waren und sich in diesen Hinsichten den älteren Saalbibliothe-
ken in gewisser Weise annäherten;818 sie konnten aber auch kleinere Räume
ohne länglichen Grundriss beanspruchen, die Teil des Appartements waren.
Es ist ein voreilig gemachter Trugschluss, darin einen Indikator für rein pri-
vate Nutzung vs. öffentliche Zurschaustellung zu sehen, welch letztere in
der einschlägigen Literatur fast immer mit der Bezeichnung „repräsentativ“
versehen wird. Die Möglichkeiten des Zugangs für Interessierte waren recht
unterschiedlich und standen anscheinend in keinem systematischen Verhält-
nis zu Lage und Präsentation der Sammlung.819 Es ist vielleicht angebracht
darauf hinzuweisen, dass Kaiser Franz Zugang zu seinen Sammlungen nur
ausnahmsweise und mit persönlicher Genehmigung gewährte.820 Die Un-
terschiede in Lage und Form der Bibliotheksräume sollten also auf andere
Faktoren zurückgeführt werden: Umfang der Sammlung, Vorlieben des Bau-
herrn sowie seine finanziellen Möglichkeiten und architektonische Vorgaben
(Umbau/Neubau) mögen hier eine Rolle gespielt haben.
Bezüglich der Innenausstattung der Räume ist das Bild ähnlich unein-
heitlich. Gemeinsame Züge lassen sich lediglich auf einer sehr allgemeinen
Ebene konstatieren. Für den Bereich der Ikonografie ist dies das altbe-
kannte Thema der Darstellung berühmter Gelehrter oder Autoren, das in
den meisten Fällen in den Medien „Büste“ oder „Medaillonbildnis“ realisiert
wurde. Die Aufstellung von Büsten in Bibliotheken hat jedenfalls eine lange,
vermutlich bereits in die Antike zurückreichende Tradition; sie ist auch in
Wien für die Zeit um 1800 mehrfach belegt.821 Dabei beobachtet man sowohl
die Anbringung auf hohen Podesten, wie sie offensichtlich in der Privatbib-
liothek bestanden hat (vgl. Abb. 16.c), als auch die Aufstellung auf den Bü-
cherschränken.
818 Dazu zählen die Liechtenstein’sche Bibliothek in der Herrengasse, die Bibliothek des Pa-
lais Modena in der Beatrixgasse und der erste Bibliothekssaal des Palais Rasumofsky auf
der Landstrasse, die heute allesamt nicht mehr erhalten sind und nur durch alte Fotos
und Pläne rekonstruiert werden können. Siehe Pulle, Bibliotheksräume, S. 45–100 und
129–131.
819 Böckh, Schriftsteller, 81–126 passim. Boeckh vermerkt fast immer am Ende der Beschrei-
bung der einzelnen Bibliotheken, inwieweit sie der Öffentlichkeit zugänglich sind. So liest
man etwa zur Bibliothek des Herzogs Albrecht von Sachsen-Teschen: „Seine Königliche
Hoheit gestatten jedermann den Zutritt in diese Sammlungen.“, 88; hingegen zur Graf
Harrach’schen Bibliothek: „Diese Bibliothek kann nur auf vorläufige Anfrage, in Abwe-
senheit des Herrn Grafen, besehen werden, weil sie in den vom Herrn Besitzer bewohnten
Zimmern aufgestellt ist.“, 97.
820 Böckh, Schriftsteller, 83, vermerkt dazu: „Da diese Bibliothek bloß zum Privat-Gebrauche
Seiner Majestät dient, so ist sie zum öffentlichen Einlasse nicht bestimmt, und die Besich-
tigung derselben wird nur mit besonderer Allerhöchster Bewilligung gestattet.“
821 Pulle, Bibliotheksräume, 152–153.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630