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DIE PRIVATBIBLIOTHEK IN DER WÄHRUNGSKRISE 221
Young will damit zweifelsohne zum Ausdruck bringen, dass der Kaiser
durch eine weitere rigide Haltung in Buchhändlerkreisen den Eindruck von
Illiquidität erwecken könnte, um ihn zu einer Entscheidung zu bewegen.
Franz I. ist jedoch bei weitem nicht der einzige Sammler, der in dieser Phase
Finanzierungsprobleme bekommt. Auch Nikolaus Fürst Esterházy war bei-
spielsweise aufgrund der wirtschaftlich äußerst prekären Lage genötigt, grö-
ßere Buch- und Kunsthändlerrechnungen ratenweise oder gar unter Zuhilfe-
nahme eines Kredits zu begleichen.912
Der Vortrag Youngs entbehrt zwar einer kaiserlichen Resolution, doch
hatte sich Franz I. offenbar von der Notwendigkeit überzeugen lassen, die
jährliche Dotation auf 12.000 fl. W.W. zu erhöhen, da im Einnahmen- und
Ausgabenjournal mit 30. Mai 1815 der Eingang von 500 fl. W.W. als Nach-
zahlung für die Monate März bis Mai 1815 aufgrund „der von Seiner Majes-
tät mit jährlich 2.000 fl. vermehrten Bibliothek[s] Dotation“913 nachweisbar
ist. Ab Juni 1815 beträgt die monatliche Auszahlung aus der k. k. Privat-
kasse anstatt der bisherigen 833 fl. 20 kr. W.W. somit 1.000 fl. W.W.
Den nächsten Einblick in die finanzielle Situation der Privatbibliothek
erlauben die Akten wieder zu Beginn des Jahres 1817. Young gibt Rechen-
schaft über die vergangenen beiden Jahre, die gemeinsam abgerechnet wur-
den, da sich der Bibliotheksvorsteher über einen langen Zeitraum – vom 15.
Juli 1815 bis 16. Mai 1816 – auf Befehl des Kaisers in Paris aufgehalten
hatte. Er ruft in Erinnerung, dass Franz I. 1815 den Vorschlag des Buch-
und Kunsthändlers Domenico Artaria aus Mannheim akzeptiert hatte, die
damals vorgelegte Rechnung ratenweise zu begleichen. Nach Bezahlung ei-
ner ersten Tranche behielt sich Franz I. vor, den Rest „nach Verlauf eini-
ger Monate anzuweisen“.914 In der Zwischenzeit sei dieser weiterhin offene
Restbetrag durch Lieferungen weiterer, teilweise sehr kostspieliger Werke
neuerlich derart angewachsen, dass die Forderungen Artarias mit Ende
des Jahres 1816 4.875 fl. 50 kr. C.M. betrugen. Mit dem verbliebenen Kas-
senrest von 1.661 fl. 53 kr. C.M. sei er jedoch weder in der Lage diese For-
derung noch die anderen offenen Rechnungen zu bedienen. Den niedrigen
Kassastand rechtfertigt er damit, dass er 1816 insgesamt 19 Ries Regalfolio
Papier um 1.610 fl. für die Porträtsammlung habe ankaufen müssen, obwohl
Ausgaben dafür bei der Berechnung der Dotation nicht berücksichtigt wor-
den waren. Young erinnert den Kaiser an die ihm „öfters zugesicherte Ab-
hülfe“915 und bittet um Anweisung einer außerordentlichen Zuwendung in
912 Gonda, Sammlung, 202.
913 FKBJ1815–1816, Nrus. der Post. 81.
914 FKBA02026, fol. 1v.
915 FKBA02026, fol. 4v.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630