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VOM BUCHMARKT ZUM
BIBLIOTHEKSBESTAND230
monatlich geführtes Formular von der Hand des Erzherzogs eingetragen
und zusätzliche Ausgaben hinzugefügt. Ein weiterer Bestandteil des Formu-
lars war die Verteilung der bereits aufgelisteten Rechnungsbeträge in ein 16
Rubriken umfassendes Ausgabenschema, das den Verwendungszweck der
Rechnung946 bestimmte. Die Buchhändler- und Buchbinderrechnungen sind
vor allem in den Kategorien „nützlich“ und „nothwendig“ zu finden, aber
auch in der Rubrik „extraordinaire“. Die vom Erzherzog vorgenommene Zu-
ordnung der einzelnen Ausgabeposten947 kann keinesfalls als stringent be-
zeichnet werden, weswegen eine systematische Auswertung nicht möglich
ist. Dennoch stellt das Ausgabenschema eine Art Bewertung der erworbenen
Bücher aus den ersten Jahren der Bibliothek dar.
Allein bei der Erschließung der Rechnungen sticht ins Auge, dass die
Summen für Bücher einen beachtlichen Anteil der gesamten Monatsausga-
ben ausmachten. Die Rechnungen belegen, dass der Erzherzog im Zeitraum
von sieben Jahren 1.925 Bände angekauft hatte. Insgesamt 8.583 fl. wur-
den für Bücher und Bindearbeiten sowie die dazugehörigen Transportspe-
sen ausgegeben. Auf Monate gerechnet ergibt dies einen durchschnittlichen
Anteil von rund 100 fl. pro Monat bzw. 1.200 fl. pro Jahr. In Anbetracht der
jährlichen Apanage des Erzherzogs von anfänglich 18.000 fl. stellen die Bu-
cherwerbungen einen konstanten Posten in den monatlichen Abrechnungen
dar. Die steigende Anzahl der Erwerbungen entwickelte sich parallel zur Er-
höhung der erzherzoglichen Apanage.
Bemerkenswert ist, dass die Dotation für die Hofbibliothek unter der Prä-
fektur von Gottfried Freiherr van Swieten bis 1791 3.100 fl. betrug, wovon
nach Abzug von anderen Ausgaben wie Personalkosten rund 2.000 fl. für die
Anschaffung von Büchern verblieben. Die Dotation wurde aus den Einnah-
men der Buchhandlung Ghelen für das Druckprivileg der Wiener Zeitung
bestritten.948 Es ist der kurzen Regierungszeit Leopolds II. zuzuschreiben,
neten Ausgaben und bezahlten beyligenten Conto vor Seine königliche Hocheit Erzherzog
Frantz von ersten bis letzten [des jeweiligen Monats]“. Schmid führte einen weiteren Aus-
weis von kleineren Ausgaben, von denen vermutlich entweder keine Rechnung ausgestellt
bzw. aufgehoben wurde: „Pro [Monat] Egsträ Cammerausgabens Rechnung vor Seine kö-
nigliche Hocheit Erzhertzog Frantz“.
946 Es sind die folgenden: „Für Lehrmeister, Für Dienstbothen, Für verschiedene nöthige Ge-
genstände, Garde le Robe, Für die Cammer, Extra Ordinaire, Zu nuzlichen Anschaffungen,
Zum Neuen Jahr, An Trinkgeld, Für besondere Spectacle, Aus unvorgesehene Fälle, Für
Soldaten, Dem Pfarrer zu Almosen, In das Armen Institut, Für Schamhafte Armen, Aus
der Hand gegeben.“ Das Formular ist bereits in der ersten Monatsabrechnung vom Juli
1784 zu finden, allerdings trug Erzherzog Franz die Rechnungsbeträge erst ab dem Jahr
1785 in das Ausgabenschema ein, welches bis in das Jahr 1791 unverändert blieb.
947 Vgl. Anm. 270.
948 Stummvoll, Nationalbibliothek, Bd. 1, 271.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630