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HANDELSPRAKTIKEN DES BUCHMARKTES 1792 BIS 1806 255
vom 24. April 1798 verboten.1034 Offensichtlich wollte der Kaiser den gemei-
nen Bürger vor der Schrift bewahren und kaufte deshalb alle Exemplare des
indizierten Werkes aus der Konkursmasse Blumauers auf. Natürlich befin-
det sich eine Ausgabe von Blumauers „Aeneis“1035 in der Privatbibliothek.
Das Exemplar wurde 1807 auf einen Wert von 1 fl. 30 kr. geschätzt.1036 An-
hand der Kaufsumme von 364 fl. kann man also hochrechnen, dass Franz II.
eine beachtliche Zahl an Exemplaren aus dem Nachlass aufkaufte. Vermut-
lich wurden diese Exemplare vernichtet.
Eine Analyse der Rechnungen für die Jahre 1792–1794 ergab, dass die
Anzahl der Buchhändler sich zwar unwesentlich verändert hatte, sehr wohl
aber ihre Namen. Innerhalb dieser drei Jahre beliefern 29 Wiener Buch-
händler den Kaiser mit ihrer Ware.1037
In Bezug auf das Geschäftsverhältnis zwischen den Buchhändlern und
dem Kaiser soll näher auf den Mannheimer Buchhändler Mathias Fontaine
eingegangen werden. Dies spiegelt sich ansatzweise in den Kammerrech-
nungen wider, da sich – wahrscheinlich mehr aus Zufall als aus Absicht –
Briefe von Mathias Fontaine darin erhalten hatten. Auch aus dem Bestand
der Akten der Fideikommissbibliothek im 19. Jahrhundert geht hervor,
dass im Besonderen die Buchhandlung Fontaine, später Artaria & Fontaine
durch einen regen Briefwechsel ein sehr persönliches Verhältnis zu ihren
Stammkunden aufgebaut hatte. Ein Vergleich mit anderen Buchhändlern
stellt sich als äußerst schwierig dar, weil vor allem jene mit hohem Liefer-
volumen an die Privatbibliothek allesamt aus Wien stammten und die Ge-
schäftsbeziehung mit dem Kaiser wahrscheinlich vorwiegend durch den per-
sönlichen Kontakt zu seinen Kammerdienern geprägt war.1038
Aus einem Brief von Mathias Fontaine an Franz II. ist jedoch ganz klar
ersichtlich, dass es der Mannheimer Buchhändler versteht die Werbetrommel
zu rühren, indem er beispielsweise versucht, dem Kaiser ein Werk folgender-
maßen schmackhaft zu machen: „Les Anecdotes sur la Russie1039 verrant de
paroitre je crois de mon devoir d’en envoyer toute suitte un Exemplaire a Votre
Majesté, parceque ce Livre, du moment qu’il sera connu fera du Bruit […].“1040
1034 Rosenstrauch, Blumauer, 280.
1035 Aloys Blumauer, Virgils Aeneis travestirt (Wien 1784–1788) [FRANZ 507].
1036 Schätzkatalog.
1037 Vgl. die Liste der Buchhändler im Anhang.
1038 Bei der Durchsicht des Archivs von Artaria & Comp. konnte kein relevantes Schriftgut
zu Franz II. oder seiner Privatbibliothek vorgefunden werden, vgl. Wienbibliothek, Hand-
schriftensammlung, Archiv Artaria und Compagnie.
1039 Jean Benoît Schérer, Anecdotes et recueil de coutumes et de traits d’histoire naturelle
particuliers aux differens peuples de la Russie (London 1792) [FRANZ 4436].
1040 ÖStA, HHStA, GDPFF 72, Rechnung vom 06.05.1792. Wie bereits in der Einleitung ange-
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630