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HANDELSPRAKTIKEN DES BUCHMARKTES 1792 BIS 1806 265
tinuierlichen Vermengung der Bestände mit Werken aus späterer Zeit her-
vor. Für die Buchausstattung Kaplers typisch ist die Rückenvergoldung mit
floralen Mustern. Diese Muster waren in der Zeit um 1800 durchaus üblich.
Durch die Kammerrechnungen wissen wir, dass sie auch von Kapler verwen-
det wurden. In Bezug auf die Buchausstattung kann man also per se nicht
von eigens für den Kaiser „personalisierten“ Einbänden sprechen, denn die
Prägung gewinnt gegenüber der barocken Überschwänglichkeit besonders
auf den Buchdeckeln wieder an Schlichtheit. Die Ausstattung mit Supalibros
war für die Werke der Privatbibliothek nach wie vor nicht in Verwendung,
genauso wenig wie die Feststellung der Provenienz durch einen Bibliotheks-
stempel. Prinzipiell wurde bei der Buchausstattung viel Wert auf die Aus-
führung in Velinpapier gelegt bzw. ist die von Malern ausgeführte Kolorie-
rung bei Tafelwerken keine Seltenheit.
Neben den bereits genannten exemplarspezifischen Merkmalen alter Dru-
cke ist nicht zuletzt die oftmals praktizierte Form der Adligate ein wieder-
kehrendes Merkmal historischer Buchbestände und im Besonderen in der
hier besprochenen Privatbibliothek zahlreich anzufinden, ebenso wie die bei
bibliophilen Sammlern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgte An-
lage von Klebebänden.1084 Als botanisch versierter Sammler erwarb Franz II.
ebenso eine Reihe von Herbarien,1085 also Sammlungen gepresster und ge-
trockneter Pflanzen, deren Erhaltungszustand auch heute noch als äußerst
gut zu beschreiben ist. Als weiteres Beispiel seien auch die Prophezeiungen
des Nostradamus in der ersten Auflage aus dem Jahr 1555 genannt, von der
nur ein einziges weiteres Exemplar in der Bibliothèque Municipale d’Albi
bekannt ist und das somit eine Zimelie der Sammlung darstellt.1086
1084 Brakensiek, Druckgraphik; Vogel, Klebebände. In der franziszeischen Privatbibliothek
existiert beispielsweise ein Klebeband zur Thematik Ballonfahrten. [Collection des plan-
ches rélatives à l’histoire des Globes aerostatiques] FRANZ 3125. Es handelt sich um eine
Auswahl an kolorierten Druckgrafiken, die in einen Buchband eingeklebt wurden. Der
Urheber der Sammlung ist unbekannt.
1085 Beispielsweise Fridericus Ehrhart, Herbae linn. Fridericus Ehrhart […] quas in locis ea-
rum natalibus collegit et exsiccavit (Hannover 1787–1788) [FRANZ 2834].
1086 Das Hauptwerk von Nostradamus, dessen Vorlage seine handschriftlichen Aufzeichnun-
gen bildeten, wurde mit dem Titel „Les Prophéties“ erstmals im Jahr 1555 in Lyon ge-
druckt. Von diesem Werk ist nur ein zweites Exemplar bekannt, das in der Bibliothèque
Municipale d’Albi aufbewahrt wird. Vgl. die Edition: Nostradamus, Propheties. Das Ex-
emplar der Privatbibliothek [FRANZ 519] wurde 1807 auf einen Wert von 5 fl. geschätzt.
Pierre Birnd’Amour vergleicht in seiner Edition die Ausgaben der beiden Bibliotheken
und kommt zu dem Ergebnis, dass das Wiener Exemplar eine Variante des französischen
Exemplars darstellt (XVII–XXV). Auffällig ist die Anzahl der Auflagen, die insgesamt im
Bibliotheksbestand bis 1806 vertreten sind. Es wurden drei weitere Ausgaben aus dem
17. Jahrhundert angeschafft, zwei ebenfalls in Lyon gedruckte Ausgaben der Jahre 1665
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630