Seite - 308 - in Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835 - Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
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VOM BUCHMARKT ZUM
BIBLIOTHEKSBESTAND308
rätzeichnungen, die von Georg Friedrich Schmoll teilweise auch gestochen
wurden. Seine These, den menschlichen Charakter anhand seiner Gesichts-
züge und Körperform ergründen zu können, wurde schon zu Lavaters Leb-
zeiten von gelehrten Zeitgenossen wie Wilhelm von Humboldt oder Johann
Wolfgang von Goethe erörtert.
Kaiser Franz I. hatte zu Lavater und seinen Arbeiten einen besonde-
ren Bezug. Schon in der Phase seiner Erziehung in Florenz fanden dessen
Schriften im Unterricht des Erzherzogs Verwendung.1285 Lavaters Haupt-
werk, seine in vier Bänden von 1775 bis 1787 erschienenen „Physiognomi-
schen Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschen-
liebe“ sind selbstverständlich im Bestand seiner Privatbibliothek vertreten.
Hierbei kann es sich jedoch um kein Exemplar handeln, welches ihm in sei-
ner Jugendzeit in Florenz zur Verfügung stand. Alle vier Bände der genann-
ten Ausgabe1286 tragen nämlich das Exlibris1287 der Bibliothek des berühm-
ten Leipziger Musikverlegers und Typografen Johann Gottlob Immanuel
Breitkopf, der im Jänner 1794 verstorben war. Die Bibliothek Breitkopfs,
oder zumindest Teile davon, wurde in zwei Tranchen, ab dem 19. Oktober
1795 und dem 5. August 1799 öffentlich versteigert.1288 Weder die Auktions-
kataloge noch Aktenmaterial, die eine Teilnahme des Kaisers daran doku-
mentieren würden, haben sich im Bestand und Archiv der Fideikommiss-
bibliothek nachweisen lassen. Die Antwort auf die Frage, wie der Kaiser an
dieses Exemplar kam, gibt ein Vermerk im Ausweis der Kammerausgaben
des Monarchen für November 1799, wo ausgabenseitig folgender Eintrag zu
finden ist: „An Bücher Ausgaben: […] dem Joseph Lange, für Lavaters Phi-
siognomik 120 fl.“.1289 Zeitlich würde dieser Posten gut zum zweiten Auk-
1285 Wolfsgruber, Franz I., 221f.; Payer von Thurn, Bibliophile, 67.
1286 FRANZ 6520.
1287 Bär vor einer Landschaft ein Caduceum (Merkurstab) sowie ein Medaillon mit Profilkopf
der Pallas haltend, an dessen Fuß eine Eule sitzt; Bildlegende: „LIPSIAE ex Ioh[hann]
Gottl[ob] Imman[uel] Breitkopfii BIBLIOTHECA“. Diese Darstellung fand und findet
nach wie vor als Verlagssignet des Verlags Breitkopf & Härtel Verwendung. Der Bär
als Wappentier rührt daher, dass Verlagsgründer Bernhard Christoph Breitkopf (1695–
1777) in Leipzig nahe der Thomaskirche einige Jahre lang den Gasthof „Zum Goldenen
Bären“ betrieb.
1288 Bibliothecae Joh[ann] Gottl[ob] Imman[uel] Breitkopf nuper defuncti pars … publica auc-
tione … / Pars 1. 19. Oct. 1795, Leipzig 1795; Bibliothecae Joh[ann] Gottl[ob] Imman[uel]
Breitkopf nuper defuncti pars … publica auctione … / Pars 2. 1799, 5. Aug., Leipzig 1795.
Beide Exemplare nachgewiesen in: Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Sign.
Bö C VII 322; Af 189, 1799.
1289 ÖStA, HHStA, GdPFF, Ältere Reihe, Karton 82 (alt 116), Ausweis für den Monat Novem-
ber 1799 über den Empfang und die bestrittenen Kammer-Ausgaben Sr. Majestät des
Kaisers.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630