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VOM BUCHMARKT ZUM
BIBLIOTHEKSBESTAND328
sephs II. wiederholt als Beisitzer der Bücherzensurkommission ernannt, ver-
sah er dieses Amt über 25 Jahre lang. Nachdem Leopold II. angesichts eines
schwerwiegenden Disputs mit Gottfried van Swieten, nicht zuletzt auch auf-
grund divergierender Ansichten über das Bildungswesen, die Studien-Hof-
kommission 1791 aufgelöst und ihre Agenden der Böhmisch-Österreichi-
schen Hofkanzlei übertragen hatte, wurde Birkenstock zum Referenten für
das Studienwesen sowie zum Zensor für diesen Bereich ernannt. Mit diesen
enormen Arbeitsbereichen überfordert, befreite ihn schließlich Franz II. von
diesen Aufgaben und betraute ihn mit der Erstellung von Reformplänen. Als
prononcierter Gegner des Gedankenguts der Französischen Revolution war
er der festen Überzeugung, dass man diesem durch geistliche Predigten und
Volksredner sowie durch Karikaturen, Kupferstiche und konterrevolutio-
näre Schriften entgegenzutreten hätte. 1803 ließ sich Birkenstock pensionie-
ren, am 28.1363 Oktober 1809 verstarb er 71-jährig in Wien.1364
Im konkreten Zusammenhang mit der kaiserlichen Privatbibliothek in-
teressiert Birkenstock vor allem als Sammler und Mäzen. Hubert Weitens-
felder, der sich im Rahmen seiner Forschungstätigkeit zur Österreichi-
schen Bildungspolitik um 1800 unter anderem auch mit der Person Johann
Melchior von Birkenstock auseinandersetzte, siedelt die Ursprünge seiner
bibliophilen Sammelleidenschaft in der Zeit seines diplomatischen Aufent-
halts in Paris nach dem Siebenjährigen Krieg an, wo der Pariser Kunst-
markt reichhaltige Akquisitionsmöglichkeiten bot. 1776 wurde Birkenstock
aufgrund seiner Tätigkeit als Zensor, dem auch die Begutachtung von Kup-
ferstichen oblag, als Rat in die Akademie der bildenden Künste aufgenom-
men. Durch diese Stellung bot sich ihm die Möglichkeit, junge Künstler, wie
etwa den aus Heilbronn stammenden Maler Friedrich Heinrich Füger, zu
unterstützen. Nach einigen Jahren des Engagements in den Sitzungen der
Akademie flaute Birkenstocks Enthusiasmus ab, als nach Kaunitz’ Tod Jo-
hann Philipp Graf Cobenzl die Leitung übernahm und auf die Räte wenig
bis keinen Bedacht nahm. Weitensfeld vermutet sogar, dass Birkenstock die
Ratswürde 1796 zurückgelegt haben könnte, wiewohl ihn sein Schwager Jo-
seph von Sonnenfels 1800 um die Ausarbeitung neuer Statuten für die Aka-
demie bat.1365
1363 In allen von mir benützten Sekundärquellen wird der 30. Oktober als sein Todestag an-
gegeben. Die Sterbematriken der Pfarre St. Rochus (Landstrasse) vermerken jedoch ein-
deutig, dass Birkenstock bereits am 28. verstarb und am 30. auf dem St. Marxer Friedhof
beigesetzt wurde; vgl. Wien, Pfarre St. Rochus (Landstrasse), Sterbematriken Bd. 1808–
1820, fol. 96.
1364 Vgl. dazu die ausführliche Biografie Birkenstocks in Weitensfelder, Studium und Staat,
26–30, aus der ich meinen kurzen biografischen Abriss schöpfte.
1365 Weitensfelder, Studium und Staat, 30–32.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Untertitel
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Autoren
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 644
- Schlagwörter
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630