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EINLEITUNG20
Personal vorgestellt werden, beschränkt sich die Charakterisierung der
Ordensbeamten auf wenige Zeilen. Ebenfalls knapp dargestellt werden die
Pflichten der weiblichen „Hofceremonielspersonen“.
Die Funktionsprofile der einzelnen Hofbediensteten und Hofämter basie-
ren auf den Dienstinstruktionen, die – ebenso wie die Zeremonialprotokolle
– seit der Hofreform von 1652 in eigenen Büchern gesammelt wurden. Sie
dienten als Nachschlagewerke und wurden von Wurmbrand in seinem Ope-
rat unter Berücksichtigung der zeitgenössischen aktuellen Erfordernisse zu
Rate gezogen und ausgewertet. Die Instruktionsbücher (sowie die Hoford-
nungen des 16. Jahrhunderts) liegen inzwischen in einer mustergültigen
Edition vor.71
Wurmbrand arbeitete außerdem verschiedene Hofordnungen in das
Etiquette-Normale ein. Dies gilt beispielsweise für eine „mit allerhöchster
Genehmigung“ entworfene Hoftrauerordnung,72 die an die Stelle jener trat,
die Mitte des 18. Jahrhunderts von Maria Theresia erlassen worden war.73
Als Motiv für die neue Hoftrauerordnung wird die Anpassung an den inter-
nationalen Gebrauch angegeben: Weder seien die von Maria Theresia ange-
ordneten Bekleidungsnormen noch die langen Trauerzeiten zeitgemäß. Tat-
sächlich erfahren die Trauerzeiten eine Verkürzung von bis zu 50 Prozent.
Diese in das Etiquette-Normale eingearbeitete Hoftrauerordnung scheint al-
lerdings in weiteren Unterlagen des Hofes, wie Recherchen in den betreffen-
den Beständen der Hofarchive gezeigt haben, nicht auf. Erst 1827 legte der
damalige Obersthofmeister Ferdinand Fürst Trauttmansdorff den Entwurf
einer neuen Trauerordnung vor, die er gegenüber der „alten“, maria-theres-
ianischen Ordnung abgrenzte.74 Die im Etiquette-Normale vorgeschlagenen
verkürzten Hoftrauerzeiten scheinen daher nicht oder nur kurzzeitig in
Kraft getreten zu sein. Dieser Umstand ist wohl als Beispiel für Doppelglei-
sigkeiten in der franziszeischen Hofverwaltung zu werten.
Während das Hoftrauer-Zeremoniell im Etiquette-Normale eine Moderni-
sierung und Internationalisierung erfuhr, ist in Hinblick auf andere Aspekte
des höfischen Lebens eine Rückkehr zum Usus des 18. Jahrhunderts festzu-
stellen. Unmittelbar vor der Hoftrauerordnung ist im Etiquette-Normale die
Zutrittsordnung für die Gemächer des Kaisers eingefügt75 (während das an-
71 Vgl. Wührer, Scheutz (Hg.), Zu Diensten Ihrer Majestät. Im Zusammenhang mit dieser
Publikation stehen die Kurzbeschreibungen von Tätigkeitsprofilen verschiedener Hofämter
und Hofdienste bei Scheutz, Wührer, Dienst, Pflicht, Ordnung, S. 40–87.
72 § 9, 2, 24.
73 Vgl. Wührer, Scheutz (Hg.), Zu Diensten Ihrer Majestät, S. 976–986.
74 ÖStA, HHStA, St.K., Interiora (Hilfsämter, Hoftrauer), Kart. 42, Fasz. 67, Vortrag vom 10.
Jänner 1827, Beilage, sowie Vortrag, präs. 20. April 1833.
75 Vgl. Wührer, Scheutz (Hg.), Zu Diensten Ihrer Majestät, S. 752–754 (Kammerzutrittsord-
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Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Titel
- Norm und Zeremoniell
- Untertitel
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Herausgeber
- Karin Schneider
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194