Seite - 39 - in Norm und Zeremoniell - Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
Bild der Seite - 39 -
Text der Seite - 39 -
I. HAUPTSTÜCK 39
Durch Kaiser Rudolph IIten17 wurde angeordnet, daß alle Zünfte, Geistliche,
Spitaeler, Schulen, Pfarreyen, geistliche und weltliche Orden diesen Zug zu
begleiten haben, und bey den im 16ten Jahrhunderte obgewalteten Religions-
spaltungen hatten selbst die Regenten mehrmals diesen Kirchengang beglei-
tet.
Vom Jahre 1613 angefangen nahm der [337’] allerhöchste Hof jedesmal Theil
an dieser Prozession, und die damahligen Erzherzoge Ferdinand18 und Carl19
waren es zuerst, welche dem Kirchengange beywohnten.
Diese Feyerlichkeit wird regelmäßig in einem öffentlichen Umgang gefeiert
und nur bey eingetrettener schlechter Witterung wird die Prozession in der
Kirche gehalten.
Die Majestäten fahren entweder im feyerlichen Staate oder in Halbgalla
(à la campagne) in die St. Stephans Metropolitankirche, an deren Ein-
gangsthüre werden Sie so wie bey Dankfesten empfangen und zu dem für Sie
bestimmten Platze begleitet, auf welchem Sie das Hochamt anhören, sodann
den öffentlichen Kirchenzug begleiten.
Nach der Prozession kehrt der Zug in die Metropolitankirche zurück, in wel-
cher I.I. M.M. den Seegen erhalten und hierauf nach der Hofburg zurückkeh-
ren.
Wenn Se Majestät nicht selbst dieser Feyerlichkeit beywohnen, lassen Sie
durch den ältesten kaiserlichen Prinzen Sich vertretten, welcher, so wie
die übrigen Erzherzoge, in Stille (in cognito) in der Metropolitankirche er-
scheint, sich in das Oratorium begiebt, das Hochamt anhört, dann den Kir-
chenzug begleitet, endlich den Seegen erhält und hierauf in cognito wieder
abfährt.
15. Das Aniversarium militare ist eine Trauer-[338]andacht in der Augusti-
ner-Hofkirche zum Andenken der im Felde gebliebenen Krieger.
Se Majestät begeben sich mit der allerhöchsten Familie, nur von den 2 ältes-
ten Feldmarschällen begleitet, dahin; es ist dort ein militärisches Trauerge-
rüste errichtet und wird ein Seelenamt gesungen, wobey die Generals und
übrigen garnisonirenden Militärs erscheinen.
16. Die Exequien und Vigilien in der Augustiner Hofkirche sind Traueran-
dachten, welche vermöge der Hoftrauerordnung nur für den verstorbenen
Regenten und Höchstdessen Gemahlinn dort abgehalten werden.
17 Rudolf II. von Habsburg, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1552–1612). Vgl. Vo-
celka, Rudolf II. eVanS, Rudolph II.
18 Der spätere Ferdinand II. von Österreich, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1578–
1637). Vgl. albrecht, Ferdinand II. bireley, Ferdinand II.
19 Wohl Erzherzog Karl, Bischof von Brixen, Hoch- und Deutschmeister (1590–1624). Vgl.
deMel, Karl, Bischof von Brixen.
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Titel
- Norm und Zeremoniell
- Untertitel
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Herausgeber
- Karin Schneider
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194