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409Desiderata:
Soziale Netzwerk und gesundheitliche Ungleichheiten …
institutionellen Akteur*innen spielen viele andere Faktoren für die Gesund-
erhaltung dieser Gruppe eine Rolle, die selten mit Netzwerkparametern verknüpft
werden (etwa regionale Zugänglichkeiten). Darüber hinaus verweisen auch Stefan
Zapfel und Ko-Autor*innen auf die sich wandelnde Bedeutung verschiedener Ins-
titutionen.
Auch Migration ist, ebenso wie Erwerbslosigkeit, der Alleinerziehendenstatus
oder Behinderung, keine „Krankheit“ (siehe Kap. „Migration als gesundheitliche
Ungleichheitsdimension?“). Die in Zusammenhang mit Migration und natio-
ethno- kultureller (Mehrfach-)Zugehörigkeit auftretenden Gesundheitsrisiken –
und assoziierte Netzwerkmechanismen – werden dabei über unterschiedliche
Modelle, wie bspw. die „Healthy-migrant“-Hypothese, erklärt. Derartige Hypo-
thesen werden forschungsmethodisch jedoch kaum verfolgt. Zudem werden
andere Ungleichheitsdimensionen, wie ökonomisches oder kulturelles Kapital
von Migrant*innen, kaum modelliert. Auch die Erfassung der Netzwerke von
Migrant*innen weist, so die Autor*innen Annett Kupfer und Markus Gamper,
noch erhebliche methodische Lücken auf. So fehlt es an Längsschnittstudien oder
Studien mit Vergleichsgruppen. Negative Beziehungen (Kanten), die beispiels-
weise von Anfeindungen, Diskriminierungen oder Rassismus geprägt sein kön-
nen, werden ebenso wenig wie sozialstaatliche oder institutionelle Knoten als Teil
migrantischer Netzwerke erhoben. Schließlich liegen Studien, in denen die Fakto-
ren Gesundheit, Netzwerke und Migration verbunden werden, kaum vor.
Die Autor*innen des dritten Teils des Bandes stellen übereinstimmend fest,
dass die Mechanismen des Netzwerkeinflusses eher vorausgesetzt als untersucht
werden. Dabei sind verschiedene Hypothesen denkbar, etwa der Verlust an Inte-
gration in die Kollegengruppe nach dem Übergang in die Erwerbslosigkeit oder
der Zusammenhang von Unterstützung, negativen Beziehungen und Homogeni-
tät im Netzwerk bei Alleinerziehenden. Für alle Ungleichheiten gilt, dass in
modernen Wohlfahrtsgesellschaften auch Institutionen maßgeblich am Gelingen
der Netzwerkarbeit beteiligt sind, z. B. Jobcenter bei Erwerbslosigkeit, Familien-
helfer*innen bei Alleinerziehenden, Integrationshelfer*innen bei Behinderten und
Migrationsdienste bei Migrant*innen. Hier verschränken sich private und insti-
tutionelle Beziehungen, deren Zusammenwirken bisher jedoch kaum untersucht
wurde (vgl. aber: Kupfer 2015). Auch für dieses Zusammenwirken lassen sich
interessante Hypothesen bilden, deren Prüfung letztendlich auch die Funktions-
mechanismen staatlicher Wohlfahrt untersucht. Beispielsweise könnten institu-
tionelle und private Unterstützung sowohl in einem Verdrängungswettbewerb
(ähnlich der These zu unterbrochenen Dyaden in der Entwicklung von Freund-
schaften nach Übergang zur Partnerschaft, siehe Kap. „Soziale Netzwerke und
gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter“)
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369