Seite - 414 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Bild der Seite - 414 -
Text der Seite - 414 -
414 O. Reis et al.
„Gesundheit“ – gehören ebenso hierher wie ereignisassoziierte Änderun-
gen von Sozialräumen, etwa nach Arbeitslosigkeit oder im Leben mit einer
Behinderung. Verschiedene Zeitkontexte meinen vor allem alters- und lebens-
laufbedingte Netzwerkveränderungen, wobei in den Kapiteln des zweiten Teils
dieses Bandes aufgezeigt wurde, dass unterschiedliche Lebensalter nicht nur
mit unterschiedlichen Ereignisstrukturen assoziiert sind, sondern auch mit
unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen, Netzwerke zu gestalten.
Grob gesagt, hat die individuelle Gestaltung des Netzwerkes über den Lebens-
verlauf die Form eines umgekehrten Us, womit sich sowohl Ausdehnung als
auch Aktivitätsparameter im Lebensverlauf verändern. Räumliche und zeit-
liche Kontexte der Netzwerkerfassung stehen dabei in einem wechselseitigen
Zusammenhang. Beispielsweise machen „unzeitige“ Übergänge, d. h. nicht an
die gesellschaftlichen Zeit-Normierungen angepasste Übergänge, – wie etwa
eine verfrühte Elternschaft – das Betreten bestimmter Sozialräume – etwa der
Universität – weniger wahrscheinlich. Ebenso sind die lebenslangen Risiken
des Wechsels in die Erwerbslosigkeit unterschiedlich, je nachdem, wann und
wie häufig dieser Übergang stattfindet, wobei hier der späte Übergang proble-
matischer scheint.
• Mit der allgemein geltenden Reziprozitätsregel für soziale Beziehungen kön-
nen dann aber auch zeitlich weit auseinanderliegende Netzwerkveränderungen
aufeinander bezogen werden, wenn beispielsweise eine späte Arbeitslosig-
keit der Eltern zur Beendigung des Arbeitslebens und gleichzeitig zu erhöhten
Investitionen in die eigenen Kinder und Enkel führt – was möglicherweise
gesundheitsförderliche Effekte des Familiennetzwerkes oder Unterstützung im
Alter wahrscheinlicher macht.
• Gleichzeitig ist nicht davon auszugehen, dass Netzwerke im Sinne von
Top-down-Prozessen nur auf passive Individuen einwirken, sondern gleich-
zeitig von diesen – bewusst, strategisch oder auch unbewusst – verändert
werden, also Bottom-up-„Kopplungen“ und Selektionseffekten unterliegen.
Der aktive Beitrag des Einzelnen (etwa qua individueller Geselligkeit oder
individuellem Netzwerken) ist eine wichtige zusätzliche Kontrollgröße.
• Eine ideale Netzwerkmessung sollte berücksichtigen, dass Netzwerke wahr-
scheinlich über unterschiedliche Mechanismen wirken (Modell-Ebene 3
in Abb. 1). Auch wenn sämtliche der von Klärner und von der Lippe (siehe
Kap. „Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken“) diskutierten Mechanis-
men in einer einzelnen Studie schwer abbildbar sein werden, sollte dennoch
unterschieden werden, ob es sich um soziale Unterstützungs-, Einbindungs-,
Einfluss- oder Ansteckungs-Effekte handelt. Hierfür bieten sich Kurzskalen
an, wie sie beispielsweise mit der Oslo Social Support Scale (OSSS) (Dalgard
zurück zum
Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369