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Tonka nach seinen Augen. Da aber stand ein eigentümliches Lächeln; er hatte
das eine Auge geschlossen und zielte mit dem andern längs seines Körpers
hinunter; es war sicher, daß er davon wußte, wie häßlich die Stellung seines
Schuhes aussah, und vielleicht auch, wie wenig es war, mit Tonka an einem
Waldrand zu liegen, aber er änderte nichts daran, jedes einzelne war häßlich,
und alles zusammen was Glück. Tonka hatte sich leise aufgerichtet. Hinter
ihrer Stirn war es plötzlich heiß geworden und ihr Herz klopfte. Sie verstand
nicht, was er dachte, aber sie las alles zugleich in seinem Auge und ertappte
sich mit einem Mal bei dem Wunsch, seinen Kopf in den Arm zu nehmen und
seine Augen zuzudecken. Sie sagte: »Es ist schon Zeit, zu gehen, sonst wird
es finster.«
Als sie am Wege waren, sagte er: »Sie haben sich gewiß gelangweilt, aber
Sie müssen sich an mich gewöhnen.« Er nahm ihren Arm, weil man schon
schlecht zu sehen begann, und suchte sich für sein Schweigen und dann
unwillkürlich weiter auch für seine Gedanken zu entschuldigen. Sie verstand
nicht, wovon er sprach, aber sie erriet seine Worte, die so ernst durch den
Nebel drangen, in ihrer Art. Und als er sich nun gar noch für den Ernst dieser
Worte entschuldigte, wußte sie nicht aus noch ein und fand bei der Jungfrau
Maria keine andere Antwort, als daß sie ihren Arm inniger in seinen schob,
wenn sie sich auch furchtbar dafür schämte.
Er streichelte ihre Hand. »Ich glaube, daß wir uns gut vertragen, Tonka,
aber verstehen Sie mich denn?«
Nach einer Weile antwortete Tonka: »Es macht nichts, ob ich weiß, was Sie
meinen. Ich könnte ohnedies nicht antworten. Aber ich mag es, daß Sie so
ernst sind.«
Das waren gewiß lauter kleine Erlebnisse, aber das Merkwürdige ist: sie
waren in Tonkas Leben zweimal da, ganz die gleichen. Sie waren eigentlich
immer da. Und das Merkwürdige ist, sie bedeuteten später das Gegenteil von
dem, was sie anfangs bedeuteten. So gleich blieb sich Tonka, so einfach und
durchsichtig war sie, daß man meinen konnte, eine Halluzination zu haben
und die unglaublichsten Dinge zu sehen.
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Buch Tonka"
Tonka
- Titel
- Tonka
- Autor
- Robert Musil
- Datum
- 1922
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.8 cm
- Seiten
- 46
- Kategorien
- Weiteres Belletristik