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Tonka
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14 Kapitel Da sagte er sich: vielleicht war Tonka gar nicht so gut, wie ich mir eingebildet habe; aber gerade daran zeigte sich das geheimnisvolle Wesen ihrer Güte, das vielleicht auch einem Hund hätte zukommen können. Ein trocken wie ein Sturm fegendes Leid ergriff ihn. Ich darf dir nicht mehr schreiben, ich darf dich nicht mehr sehn, heulte es um alle Ecken seiner Festigkeit. Aber ich werde wie der liebe Gott bei dir sein, tröstete er sich, ohne sich etwas dabei denken zu können. Und oft hätte er gern bloß geschrien: Hilf mir, hilf du mir! Hier knie ich vor dir! Er sagte sich traurig vor: Denk dir, ein Mensch geht mit einem Hund ganz allein im Sternengebirge, im Sternenmeer! – und Tränen quälten ihn, die so groß wurden wie die Himmelskugel und nicht aus seinen Augen herauskonnten. Er spann wachend nun Tonkas Träume. Einmal, träumte er vor sich hin, wenn alle Hoffnung Tonkas geschwunden ist, wird er plötzlich wieder eintreten und da sein. In seinem weitkarierten braunen englischen Reisemantel. Und wenn er ihn aufmacht, wird ohne Kleider darunter seine weiße, schmale Gestalt sein, mit einer dünnen goldenen Kette und klingelnden Anhängseln daran. Und alles wird wie ein Tag gewesen sein, sie war dessen ganz sicher. So sehnte er sich nach Tonka, wie sie sich nach ihm gesehnt hatte. Oh, sie war nie begehrlich! Kein Mann lockte sie; es ist ihr lieber, wenn ihr einer den Hof macht, ein wenig ungeschickt weltschmerzlich auf die Gebrechlichkeit solcher Beziehungen hinweisen zu können. Und wenn sie abends aus dem Geschäft kommt, ist sie ganz ausgefüllt von seinen lärmenden, lustigen, ärgerlichen Erlebnissen; ihre Ohren sind voll, ihre Zunge spricht innerlich noch weiter; da ist kein kleinstes Plätzchen für einen fremden Mann. Aber sie fühlt, wohin das nicht reicht in ihr, dort ist sie überdies groß, edel und gut; kein Geschäftsmädel ist sie dort, sondern ebenbürtig und verdient ein großes Schicksal. Darum glaubte sie auch, trotz allen Unterschieds, ein Recht auf ihn zu haben; von dem, was er trieb, verstand sie nichts, das ging sie nicht an, sondern weil er im Grunde gut war, gehörte er ihr; denn auch sie war gut, und irgendwo mußte doch der Palast der Güte stehen, wo sie vereint leben sollten und sich niemals trennen. Aber was war diese Güte? Kein Tun. Kein Sein. Ein Schimmer, wenn sich der Reisemantel öffnet. Und die Zeit ging zu schnell. Er hielt sich noch an der Erde fest und hatte den Gedanken: ich glaube an dich! noch nicht mit 44
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Tonka
Titel
Tonka
Autor
Robert Musil
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.8 cm
Seiten
46
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 9
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 27
  8. Kapitel 8 30
  9. Kapitel 9 33
  10. Kapitel 10 35
  11. Kapitel 11 37
  12. Kapitel 12 40
  13. Kapitel 13 42
  14. Kapitel 14 44
  15. Kapitel 15 46
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