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Tonka
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6Kapitel Denn am Morgen eines einzigen Tages war alles in ein Dornengerank verwandelt worden. Es waren schon einige Jahre vergangen, seit sie gemeinsam lebten, als Tonka sich eines Tages schwanger fühlte, aber es war nicht ein beliebiger Tag, sondern der Himmel hatte dafür einen Tag ausgesucht, von dem zurückgerechnet die Empfängnis eigentlich in eine Zeit der Abwesenheit und Reisen fiel, und Tonka wollte ihren Zustand erst bemerkt haben, als sein Beginn schon nicht mehr so genau festzustellen war. In solcher Lage gibt es Gedanken, die jedem durch den Kopf fliegen; weit und breit war jedoch kein Mann, der ernsthaft hätte in Zusammenhang gebracht werden können. Einige Wochen später trat das Schicksal noch deutlicher auf: Tonka erkrankte. Es war eine Krankheit, die entweder vom Kind ins Blut der Mutter getragen wird oder ohne diesen Umweg vom Vater; es war eine entsetzliche, schwere, schleichende Krankheit, aber ob sie den näheren oder weiteren Weg genommen hatte, das Merkwürdige war: die erforderliche Zeit stimmte in beiden Fällen nicht genau. Auch war er ja nach menschlichem Ermessen nicht krank, und es verstrickte ihn also entweder ein mystischer Vorgang mit Tonka oder sie hatte gemeine irdische Schuld auf sich geladen. Es gab freilich auch andere natürliche Möglichkeiten – theoretische, platonische, wie man sagt –, aber praktisch war ihre Wahrscheinlichkeit so gut wie Null; praktisch war die Wahrscheinlichkeit, daß er weder der Vater von Tonkas Kind noch der Urheber ihrer Krankheit war, gleich der Gewißheit. Man verweile einen Augenblick, um zu verstehen, wie schwer er es begriff. Praktisch! Kommst du zu einem Kaufmann und eröffnest nicht eine Aussicht, die bald seine Begehrlichkeit reizt, sondern hältst ihm eine lange Rede über die Zeiten und das, was ein reicher Mann eigentlich tun müßte, so weiß er, du bist gekommen, um ihm sein Geld zu stehlen. Er wird sich nie irren darin, obgleich du ja auch gekommen sein könntest, um ihm Belehrung zu schenken. Ebenso ist ein Richter nicht einen Augenblick im Zweifel, wenn ihm der Angeklagte erzählt, daß er das bei ihm gefundene Beweisstück von einem »unbekannten Mann« erhalten habe. Und doch wäre einmal ja auch das möglich. Aber Handel und Wandel ruhen darauf, daß man nicht mit allen Möglichkeiten zu rechnen braucht, weil die äußersten praktisch nicht 25
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Tonka
Titel
Tonka
Autor
Robert Musil
Datum
1922
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.8 cm
Seiten
46
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 9
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 27
  8. Kapitel 8 30
  9. Kapitel 9 33
  10. Kapitel 10 35
  11. Kapitel 11 37
  12. Kapitel 12 40
  13. Kapitel 13 42
  14. Kapitel 14 44
  15. Kapitel 15 46
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