Seite - 15 - in Wolfgang von Weisl - Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Bild der Seite - 15 -
Text der Seite - 15 -
Erlöser 15
Eine Antwort des »Meisters«, der dem revisionistischen Zionisten Weisl später aus
mehreren Gründen »unsympathisch« geworden war2, ist nicht erhalten. Der missiona-
rische nationaljüdische Eifer, der den jungen Dramatiker beseelte, scheint Buber davon
abgehalten zu haben, den Prolog in der von ihm bei Löwit (Berlin, Wien) herausge-
gebenen Monatsschrift »Der Jude« abzudrucken, die 1916 als Organ eines ›neuen jü-
dischen Gemeinschaftsgefühls‹ gegründet worden war und für eine »völkerbindende
Funktion des Judentums« gerade auch in Palästina eintrat. Diesem neuen »lebendigen
Volkstum« aller »Judenschaften der Erdenländer« sollte »eine zentrale Stätte«, ein »orga-
nischer Mittelpunkt in Palästina bereitet« werden. Dem »Aufschwung der weltbegeis-
terten Juden« sollte »das palästinensische Gemeinwesen« als »Bindeglied zwischen Eu-
ropa und dem Orient seine beste Kraft weihen und von ihr sein innerstes Lebensrecht
empfangen«.3 Zu den vielen prominenten Beiträgern schon der ersten beiden Jahrgänge
der Zeitschrift (wie Max Brod, Hugo Bergmann, Franz Kafka, Franz Werfel, Robert
Weltsch u. a.) gesellte sich auch Arnold Zweig4, von dem als Verfasser des Palästinaro-
mans De Vriendt kehrt heim … (1932) unten noch ausführlich die Rede sein wird.
Wenige Monate später ließ Weisl sein »ernstes Spiel von letzten Dingen«, wie er
nun das Drama im Untertitel benannte, zum Druck befördern. Wie der Autor im Vor-
wort des Schauspiels berichtet, hatte er dieses ursprünglich als Doppeldrama konzipiert.
Vollendet und veröffentlicht wurde aber nur dessen erster Teil, dem Weisl dann den
Titel Der Sieger gab.
Einem »symphonischen« Prolog unter der Überschrift Die Götter folgen drei hyper-
bolisch gesteigerte Akte : Die Not, Der Ruf und Der Sieg. Die Götterfiguren begründen
in Anspielung auf den von Goethe seinem Faust-Drama vorangestellten »Prolog im
Himmel« das nachfolgende irdische Kampfgeschehen. Um selbst »Mensch zu werden«,
entschließt sich eine männliche Himmelsgestalt, »zu den Menschen« herniederzustei-
gen, dorthin,
Wo das herbste Unrecht ist auf Erden ;
Bei dem Volk, das in seiner Heimat fremd ist
2 Die Abneigung Weisls gegenüber Martin Buber liegt einerseits in dessen Befürwortung einer jü-
disch-arabischen Verständigung (vgl. S. 37, 46) begründet und andererseits in der gemeinsam mit
Franz Rosenzweig besorgten »berühmten Bibelübersetzung«, deren »grauenhaftes und verb-loses
Deutsch« er mit Verachtung strafte (LWV
174).
3 Martin Buber : Die Losung. In : Der Jude. Eine Monatsschrift (Berlin, Wien) 1 (1916/17), Heft 1,
S. 1–3 ; vgl. zur Zeitschrift allgemein und umfassend Eleonore Lappin : Der Jude 1916–1928. Jüdi-
sche Moderne zwischen Universalismus und Partikularismus. Tübingen : Mohr Siebeck 2000.
4 Siehe Arnold Zweigs programmatischen Beitrag Jude und Europäer. In : Der Jude. Eine Monats-
schrift (Berlin, Wien) 2 (1917/18), Heft 1/2, S.
21–28.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
zurück zum
Buch Wolfgang von Weisl - Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus"
Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355