Seite - 310 - in Wolfgang von Weisl - Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
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310 C. Wolfgang von Weisl
Dann
– vielleicht verschaffe ich dir eine Arbeit in Petach Tikwa. Und nach dem Pogrom
sprechen wir weiter von der Zukunft.«
Eldad und Steinberg wanderten langsam durch den kleinen deutschen Wald, dem
württembergischen Dorf Sarona zu. Ehe sie den Waldrand verließen, blieben sie stehen,
sahen schweigend auf die schön geordneten Häuserreihen um die reinliche Dorfstraße
mitten in der arabischen Wüstenei. Sie sprachen über die Rasseeigenschaften der deut-
schen Bauern, ihre Sauberkeit, Blumenliebe. »Ohne diese schwäbischen Templer wäre
nie der Zionismus gediehen«, sagte Eldad. »Diese Schwärmer da träumten viele Jahre
davon, das Reich Gottes auf Erden aufzubauen, wenn sie sich im Heiligen Land nieder-
ließen. Ihr Erfolg ließ die Christenwelt kalt, aber die Juden lernten von ihnen, dass Pa-
lästinas Boden Früchte tragen konnte. Die Templer machten es vor. Wir folgten ihrem
Beispiel
– und nie fällt uns ein, ihnen zu danken …«
Eldad schwieg. Steinberg schwieg auch. Lange. Unversehens fasste er dann den
Freund beim Kopf und küsste ihn auf die Wange. Eldad stöhnte auf : »Ach Steinberg !
Wenn nur Hanna mit mir ginge, Hanna !« Dann ermannte er sich. Lächelte : »Es ist bes-
ser so, wie es kam. Zur Frau eines Wächters war sie zu schade. Zu schade …«
Sie sprachen über andere ernsthafte Dinge, während sie heimgingen. Über die Not-
wendigkeit, mit deutschem Muster Gemüsebau in den jüdischen Kolonien einzuführen,
über die Regelung des Gemüseabsatzes in den Städten und ähnliches mehr, worüber
eben Männer miteinander reden, wenn ihr Herz schwer ist und sie es nicht wahrhaben
wollen.
2
D ie Osterfeiertage gingen in Ruhe vorbei. Der jüdische Oberkommissär Samuel
at-mete
leichter ; die erste Belastungsprobe des neuen Regimes war bestanden. Fast
jedes Schiff, das vor Jaffa Anker warf, brachte neue Einwanderer, und langsam begann
zugleich mit den Menschen auch Geld ins Land zu strömen. Palästina blühte auf.
Der Oberkommissär war zufrieden. Da er aber wusste, dass unter der ruhigen Ober-
fläche ein geheimes Feuer glomm und da er zwei und zwei zusammenzuzählen verstand,
lud er Georges Farughi wieder zum Tee ein, plauderte unter vier Augen mit dem jungen
Mann, den er für sich gewinnen zu können hoffte. »Sehen Sie, Prinz, was schon für das
arme, kleine Palästina geschehen ist, in diesen knappen neun Monaten, seit Geld ins
Land kommt ! Sechshundert arabische Schulen haben wir mit Regierungsgeldern ge-
schaffen – und keine einzige jüdische Schule ! Vier Fünftel aller Richter sind Araber,
neun Zehntel aller Regierungsärzte sind Araber, die Adeligen, die am Aufstandsversuch
vom Vorjahr beteiligt waren, sind alle begnadigt und viele von ihnen in den Regierungs-
dienst übernommen worden ; ihren Anführer Al-Husseini habe ich selbst zum Mufti
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355