Deutschordenskirche in Jerusalem#
Sancta Maria des Deutschen Ordens in der Armenhausgasse des Jüdischen Viertels der Altstadt#
In der rehav Misgav Haew, im Zentrum des jüdischen Viertels der historischen Altstadt von Jerusalem, nur durch die Western- Wall- Plaza vom Tempelberg getrennt, befinden sich die Ruinen der romanischen Kreuzfahrerkirche Sankt Mariens des Deutschen Ordens. Sie wurde von deutschen Kaufleuten und Rittern zur Beherbergung von Pilgern und Pflege von Kranken errichtet, die des lokal geläufigen Französisch nicht mächtig waren. Die Kirche mit südlich angeschlossenem Spital und nördlichem Hospiz wurde bereits 1143 erwähnt und 1170 vom Chronisten Johannes von Würzburg beschrieben: " ...Wenn man die Tempelstraße hinabgeht, findet man rechter Hand eine Passage durch einen Bogen, wo sich ein Hospiz befindet und auch eine Kirche, die jüngst zu Ehren Sanct Mariens errichtet wurde und welche das Haus der Deutschen genannt wird..."
Die Rittergemeinschaft, "Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem", ursprünglich nach dem Muster des Johanniterordens gebildet und ihm unterstellt, erreichte 1190 im Verlauf des III. Kreuzzuges ihre Selbständigkeit, verbrieft 1198. Der Baukomplex wurde 1187 durch den ägyptischen Sultan Saladin Ayub bei der Eroberung der Stadt zerstört; dank des Vertrages von Jaffa, abgeschlossen 1229 zwischen dem Staufer Kaiser Friedrich II. und Sultan Malik al Kamil, dem Neffen Saladins, zur Beendigung des VI. Kreuzzuges, kamen die christlichen Stätten wieder in die Hand der Kreuzfahrer und wurde auch die Deutschordenskirche renoviert. Im Zuge des VII. Kreuzzuges unter dem französischen König Ludwig IX. ging Jerusalem 1244 wieder verloren, die Kirche "des Kaisers" wurde gezielt demoliert.
Während sechs Jahrhunderten muslimischer Anwesenheit wurde, mit der Altstadt, auch der historische deutsche Bezirk dicht besiedelt und überbaut. Erst 1967, als Folge des Sechstagekrieges, konnte die jüdische Altstadt von israelischen Truppen erobert werden - große Abbruch- und Aufräumarbeiten setzten ein. Der aus Wien stammende Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek (1911 - 2007) setzte sich persönlich für den Erhalt der Kirche, dieses mittelalterlichen religiösen Kleinods, ein und fand im Verleger Axel Springer einen Financier der temporären Sanierung der Baureste, dies inmitten einer frenetischen israelischen Bautätigkeit. Die ultraorthodoxe Bibelschule Aish Ha-Torah (Jeshiva Die Flamme der Thora) pachtete später von der "Corporation for the Development of the Jewish Quarter of Jerusalem" das gesamten Areal und errichtete um die Kirchenruine herum ihre massiven Bürogebäude; Bürgermeister Kollek konnte den drohenden Abriss der Kirche durch ein Urteil des israelischen Obersten Gerichts abwenden: Wohl wurde der Pachtvertrag als gültig anerkannt, doch die christlichen Ruinen mußten als Archäologischer Garten St. Mary geschützt und öffentlich zugänglich bleiben. Dem wurde durch einen Weg durch das tieferliegende Hospital und eine Treppe entlang der Südmauer der Kirche Rechnung getragen, doch die Kirche selbst blieb verschlossen, das ursprüngliche Schild "St. Mary of the Germans" wurde in aller Stille auf "German Hospis" geändert. Seit 2018 ist der verfallende Kirchenkomplex durch hohe Planken abgeschirmt und nur die West- und Südwestfassade sichtbar - nach dem Tod Teddys fand sich kein wackerer Ritter mehr...
In der Kapelle des Österreichischen Hospizes halten zwei Seitenaltäre aus Salzburger Marmor die Erinnerung an die ehemalige marianische Präsenz des Deutschen Ordens im hl. Land aufrecht, im Ordensmuseum in Wien hängt ein Großfoto der Kirchenapsis mit Blick auf den Tempelberg und den Ölberg in der Ferne.
Der Deutsche Orden selbst kam unter Erzherzog Maximilian von Österreich (1590 - 1618) in ein enges Naheverhältnis zum Habsburgerreich und unterstützte die katholischen Reichsfürsten und die kaiserliche Armee; seit 1696 stellte er das Hoch- und Deutschmeisterregiment, das spätere Leibregiment von Wien. Im Frieden von Preßburg 1805 wurde der Orden dem Haus Habsburg zugesprochen; Erzherzog Eugen von Österreich war der letzte habsburgische Hochmeister (1894 - 1923). Durch die rechtzeitige Umwandlung des (weltlichen) Ritterordens in einen (geistlichen) Priesterorden konnte seine Auflösung infolge des Zerfalls der Monarchie und des nationalsozialistischen Regimes verhindert werden.
Der 66. Hochmeister und Generalabt des Ordens mit Sitz in Wien ist seit November 2018 Pater Frank Bayard (MMag, Dipl.BW)
Literatur: #
- Yoram Tsafrir : Ancient Churches revealed 1993
- Meron Benvenisti: The Crusaders in the holy Land 1970
- Paul Lesourd: Sur les pas des croisés 1969
Text und Fotos: Kurt Hengl
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