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vom 19.04.2022, aktuelle Version,

Wien-Film

Die Wien-Film GmbH war eine große österreichische Filmproduktionsgesellschaft, die 1938 aus der Tobis-Sascha-Filmindustrie AG hervorging und bis 1985 bestand. Das Unternehmen befand sich bis 1945 im Besitz der der deutschen Reichsfilmkammer unterstehenden Cautio Treuhandgesellschaft und zeichnete für fast die gesamte Filmproduktion auf österreichischem („ostmärkischem“) Gebiet verantwortlich.

Von Ende der 1940er Jahre bis zu ihrer Auflösung 1985 diente sie überwiegend als staatliche Studiogesellschaft.

Geschichte

Nationalsozialismus

Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 fand die eigenständige Filmproduktion des Landes ein Ende. Die deutsch-österreichische Tobis-Sascha-Filmindustrie AG, die bereits 1937 unter Druck an die Cautio verkauft werden musste, wurde am 16. Dezember in die Wien-Film umgewandelt. Das ihr von offizieller Seite vorangestellte Motto „Wetteifernd mit den übrigen Künsten soll der Film gestalten, was Menschenherzen erfüllt und erbeben läßt, und sie durch Offenbarung des Ewigen in bessere Welten entrückt“ war von Joseph Goebbels unterschrieben worden. Der Propagandaauftrag war somit dokumentiert. Jüdische Mitarbeiter waren bereits ab 1935 nicht mehr zugelassen, da die deutsche Reichsfilmkammer mit einem Importverbot für österreichische Filme gedroht hatte, sollte man sich nicht an deutsche Bestimmungen halten.

In der Spielfilmproduktion der neuen Gesellschaft dominierten die österreichischen Themen, ihr Markenzeichen war der ausstattungsträchtige Wiener Film, der meist vergangene Zeiten porträtierte. Ab 1943/44 produzierte die Wien-Film auch Farbfilme, ein Privileg das bis dahin der UFA vorbehalten war. Daneben produzierte die Wien-Film auch Kulturfilme.

Neben der Spielfilm- und Kulturfilmproduktion konzentrierte sich die Wien-Film auch auf den Betrieb von Kinos. Österreichweit gehörten 14 Kinos in Wien, Berndorf, Linz, Steyr und Steyrermühl dazu. In Wien waren es die Kinos „Scala“, „Apollo“, „Busch“ und „UFA-Ton“, die für Uraufführungen genutzt wurden. Betrieben wurden die ehemals in Besitz der Wiener Kinobetriebsanstalt (Kiba) und UFA befindlichen Kinos unter der neu gegründeten „Ostmärkischen Filmtheater Betriebsgesellschaft m.b.H.“

Das von Berlin auferlegte Programm der Filmproduktion war, Filme zu drehen, die im Boden der „Ostmark“ wurzelten und ablenkend wirken sollten – nach dem Motto „Kraft durch Freude“.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Wien-Film als „deutsches Eigentum“ von den Alliierten beschlagnahmt. Nachdem Wien in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden war, stand zudem fest, dass die Filmstudios in Sievering sowie die Zentrale in der Siebensterngasse der amerikanischen Verwaltung zugeordnet waren, während die Rosenhügel-Filmstudios im sowjetischen Sektor lagen. Die Sievering-Filmstudios sollten von den US-Amerikanern liquidiert werden. Die Vereinigten Staaten verfolgten zudem das Interesse, den Hollywood-Produktionen keine Konkurrenz zu machen.

Ende 1945 wurde der ehemalige Wien-Film-Produktionsleiter Karl Hartl zu dessen Geschäftsführer ernannt. Während die Sowjets nach den Bestimmungen des Potsdamer Abkommens sämtliche ehemals „deutsche“ Unternehmungen als Reparation übernahmen, verzichteten die westlichen Besatzungsmächte USA, Frankreich und Großbritannien auf diese Maßnahme. Dies bedeutete für die neu gegründete Wien Film, dass sie mit den Filmstudios in Sievering und Schönbrunn weiterarbeiten konnte, jedoch auf die Rosenhügel-Filmstudios verzichten musste. Diese wurden in die sowjetische USIA eingegliedert und als „Wien-Film am Rosenhügel“ weiterbetrieben. Am 21. August 1945 unterzeichneten die Wien-Film und das Staatsamt für Wiederaufbau einen Vertrag zu einem Dokumentarfilm über die Restaurierungsarbeiten in Wien.

Nachkriegszeit

Nach dem Staatsvertrag 1955 ging die Gesellschaft in Bundesbesitz über und diente fortan überwiegend als Studiogesellschaft. Auch an internationale Produktionen wurden die Filmstudios vermietet. Aufgrund der Filmkrise und des Kinosterbens der 1960er Jahre wurden die Rosenhügel-Studios 1966 an den ORF verkauft.

Da die Eigenproduktion und auch die Vermietung der Sieveringer Ateliers an Fremdproduktionen ab den 1960er Jahren kontinuierlich an Rentabilität verlor, wurde die Wien-Film als staatliche Gesellschaft schließlich 1985 aufgelöst. Erhalten blieb nur eine Nachfolgefirma zur Bewahrung früherer Produktionen.

Personal

Die ersten Leiter der Wien-Film waren Generaldirektor Fritz Hirt, Paul Hach und der Wiener Filmregisseur Karl Hartl, der auch bis zuletzt Produktionschef war. Das Kulturfilmschaffen wurde unter der Leitung von Josef Lebzelter von der ehemaligen Selenophon-Film kontrolliert. Für die Kontrolle der Filmproduktionen – von der Idee bis zur Vorführung – war der Reichsfilmdramaturg und später der Reichsfilmintendant verantwortlich.

Am 16. Dezember fand die erste Gesellschafterversammlung statt, bei der auch die Aufsichtsräte bestellt wurden. Diese waren:

Die Stars der Wien-Film waren bis 1945 Wolf Albach-Retty, Elfriede Datzig, Marte Harell, Hans Holt, Olly Holzmann, Attila Hörbiger, Paul Hörbiger, Winnie Markus, Hans Moser, Rudolf Prack, Jane Tilden und Paula Wessely.

Die am meisten beschäftigten Regisseure der Wien Film waren der geübte Umsetzer nationalsozialistischer Propagandainhalte Gustav Ucicky und E. W. Emo, die ein Drittel der rund 60 Spielfilme inszenierten. An Produktivität folgten ihnen Willi Forst, der für die besten Produktionen dieser Zeit verantwortlich zeichnete, Géza von Bolváry, Hans Thimig, die Brüder Ernst und Hubert Marischka sowie Géza von Cziffra, dem mit Der weiße Traum der kommerziell erfolgreichste Wien-Film gelang.

Die am meisten eingesetzten Kameraleute waren Günther Anders, Georg Bruckbauer, Hans Schneeberger und Jaroslaw Tuzar. Als Komponisten beschäftigte die Wien-Film vor allem Anton Profes und Willy Schmidt-Gentner. Erich von Neusser und Fritz Podehl waren Produktionsleiter.

Ein Großteil der Beteiligten konnte seine Karrieren auch in der Nachkriegszeit bei Produktionen der Wien-Film fortsetzen.

Ateliereinrichtungen

Als Filmateliers konnten die einzigen zwei Großanlagen Österreichs, die ehemaligen Sascha-Film-Studios in Sievering sowie die ehemaligen Vita-Film-Ateliers am Rosenhügel herangezogen werden. Hinzu kamen auch das kleine, ehemalige Wiener-Kunstfilm-Atelier am Bauernmarkt im 1. Wiener Gemeindebezirk und das ebenfalls kleine Atelier in Schönbrunn.

In drei Jahren Bauzeit wurde von 1939 bis 1941 neben den Rosenhügel-Ateliers ein Synchronhallenkomplex mit einer großen und einer kleinen Synchronisationshalle, Schneideräumen und Büros errichtet.

Filmproduktionen

In den Jahren 1939 bis 1945 entstanden fünfzig Filme. Hinzu kamen Auftragsproduktionen, die von der Forst-Film, der Emo-Film und der Styria-Film abgewickelt wurden.

Siehe auch

Literatur

  • Franz Antel, Christian F. Winkler, Hollywood an der Donau. Geschichte der Wien-Film in Sievering, Wien (Edition S, Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei) 1991.
  • Wilhelm Guha, Die Geschichte eines österreichischen Filmunternehmens. Von der Sascha-Film-Fabrik in Pfraumberg in Böhmen zur Wien-Film, Wien 1976.
  • Günter Krenn: Die Kulturfilme der Wien-Film, 1938-1945. Österreichisches Filmarchiv, Wien 1992.
  • Helene Schrenk, Die Produktion der Wien-Fim zwischen 1939 und 1945, Wien 1984.
  • Fritz Walter, Die Wien-Film. Geboren 1910! Gestorben 1986?; in: Sterz 36, Graz 1986, S. 12 f.
  • Fritz Walter, Hollywood in Wien – oder die „Wien-Film“ ein Auftrag im Dritten Reich; in: Rathkolb, Duchkowitsch, Hausjell, Die veruntreute Wahrheit, Salzburg 1988, S. 35–42.