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Siedlungsgeschichte#

Steinwerkzeuge (Landesmusuem Graz)
Steinwerkzeuge (Landesmusuem Graz)

Die Alpenregion Hochschwab ist uralter Siedlungsboden, der in einem jahrhundertelangen Besiedlungsvorgang von einer Naturlandschaft zur Kulturlandschaft geformt wurde.

Älteste Funde reichen in die Jungsteinzeit (ca. 5000 bis 1700 v. Chr.) zurück. Die Rettenwandhöhle im Thörlgraben und die Ofenberger Höhle im Stollinger Graben weisen menschliche Siedlungsspuren auf. In Aflenz wurde das Fragment eines Steinbeils gefunden, das auf eine jungsteinzeitliche Siedlung hinweisen könnte.

Für die Zeit, in der das Gebiet der heutigen Steiermark als Provinz Noricum Teil des Römischen Reiches war, ist die Nähe der Region zur Römerstraße von Bedeutung, die bei Bruck/Mur durch das Murtal weiterführte. Es wird vermutet, dass eine Straße minderer Ordnung in das Mürztal abzweigte. Diese Straßen waren sicherlich keine breiten, bequemen Verbindungen, teilweise waren es wohl nur Saumwege und Eselspfade, doch es bestand der Charakter des Durchzugsverkehrs.

Das Zusammentreffen des Thörlgrabens mit dem Mürztal ist hier von verkehrsgeschichtlicher Bedeutung. Über Thörl, Aflenz, den Seeberg und Mariazell führte ein uralter, wichtiger Fernhandelsweg, älter als der Semmeringübergang, der erst 1160 eröffnet wurde.

Steinwerkzeuge (Landesmusuem Graz)
Steinwerkzeuge (Landesmusuem Graz)

Nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches 476 n. Chr. drangen die Slawen gemeinsam mit den Awaren von Osten vor. Die Südslawen, die in unser Gebiet kamen, waren ein ausgesprochenes Bauernvolk, das Einzelhöfe, Weiler und Dörfer gründete und sich so nach und nach über das ganze steirische Land ausbreitete. Ab dem 7. Jahrhundert kann mit ersten slawischen Siedlungen im Aflenztal gerechnet werden. Kunde von dieser slawischen Siedlungstätigkeit geben uns die Ortsnamen Aflenz, Oisching, Jauring, Döllach, Dullwitz, Etmlßl, Lonschitz u.a.

Wer mit offenen Augen durch die Region fährt, kann auch an den Flurnamen noch heute manchmal die slawische von der bairischen Siedlungstätigkeit unterscheiden. Die Blockgemengeflur der Slawen erkennt man daran, dass die zu den bäuerlichen Anwesen gehörenden Flurstücke in unregelmäßige Blöcke aufgeteilt sind. Die Baiern, die ab dem 9. Jh. hier siedelten, bevorzugten die sog. Einödflur, wo die zum Hof gehörenden Flurstücke rings um den Hof angeordnet sind. Der slawische Weiler ist "gewachsen", eine unregelmäßige Ballung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, um die herum die Anbauflächen liegen; das deutsche Dorf ist meist "gegründet" und regelmäßig angelegt und hat zuweilen sogar eine zentrale Platzlage.

Mit der Siedlungsnahme der Baiern und der Übernahme durch Kaiser Karl d. Großen 788 n. Chr. erfolgte die allmähliche Eingliederung des Ostalpenraumes in den christlich abendländischen Kulturkreis und das Fränkisch-Deutsche Reich.

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Die Neukolonisation lag in den Händen von Adelsgeschlechtern und geistlichen Herrschaften des bairisch-fränkischen Raumes. Um nämlich die entvölkerten Lande wieder mit Bauern zu besiedeln, bedurfte es großer, leistungsfähiger Grundherren, Adelsfamilien und Klöster. 860 schenkte König Ludwig der Deutsche dem Erzbistum Salzburg u. a. das an der Mürz gelegene St. Lorenzen. Der große Gutshof ("curtes") und die Eigenkirche, die dort errichtet wurde, wurden zum Zentrum der Kolonisierung und vor allem der Missionierung der Hochschwabregion. Die Kirche von St. Lorenzen im Mürztal wurde so zur Mutterkirche von Aflenz.

König Konrad II. schenkte am 12. Mai 1025 der Matrone Beatrix 100 bewirtschaftete Hüben im Aflenztal und dazu noch die Salzgewinnung im Halltal. Beatrix war die Schwagerin des Königs und Gemahlin des Eppensteiner Herzogs Adalbero von Kärnten.

Wir erfahren, dass das Gebiet noch nicht dicht besiedelt war, denn die Urkunde enthält den Hinweis, dass die Beschenkte fehlende Huben aus dem benachbarten Königsgut ergänzen dürfe, falls sie im genannten Gebiet nicht die volle Hubenzahl finden könne.

Diese 100 Huben im Aflenztal lagen zum Großteil in den kleinen Dörfern und Weilern des ausgedehnten Gebietes, in dem noch viel Land erst gerodet und nutzbar gemacht werden musste, um so den Boden für neu errichtete Bauerngüter zu gewinnen.

Landkarte des Gebietes (1561)
Landkarte des Gebietes (1561)

Ein Meilenstein für die Geschichte des Raumes ist die Schenkung des großen Güterkomplexes an das Stift St. Lambrecht im Jahr 1103 durch den Eppensteiner Herzog Heinrich III. Die Eppensteiner, die die Benediktinerabtei St. Lambrecht auch gegründet haben, sind nach dem Tod Heinrichs III. in männlicher Linie ausgestorben. Rund 750 Jahre sollte fortan das Stift mit seiner feudalen Verwaltung das Leben der Untertanen prägen. Bis 1848, bis zur Aufhebung der Grunduntertänigkeit, war der Bauer als Untertan im Verband einer Grundherrschaft nicht Eigentümer des Landes, das er bewirtschaftete, sondern der Grundherr, in diesem Fall das Stift St. Lambrecht. Der Bauer war aber keineswegs rechtlos, das grundherrschaftliche Recht war von der Idee her ein gegenseitiges: Der Herr bot Schutz und Schirm, der Bauer leistete Treue und Gehorsam. In der Realität war es aber so, dass der bäuerliche Untertan, besonders ab dem 16. Jh., sehr wohl unter Willkür, meist ungebührlich hoher Robotleistung, zu leiden hatte.

Unter Robot versteht man Arbeitsleistungen, die der Untertan für den Grundherrn zu leisten hatte. Viel drückender waren für den Bauern aber oft die Steuern der staatlichen Obrigkeit, die ursprünglich nur bei Bedarf eingehoben wurden, aber unter Maria Theresia schließlich ein Vielfaches des Zinses ausmachten, der an den Grundherrn zu leisten war.

Das Jahr 1848, das die lang ersehnte "Bauernbefreiung" brachte, beendete auch die Verwaltung der Region, der sog. "Herrschaft Aflenz", durch das Stift St. Lambrecht.

1850 wurden staatliche Grundbuchämter errichtet, Bezirksgerichte wurden eingerichtet, die nun statt der Grundherrschaft die Zivilgerichtsbarkeit ausübten.

Der ehemalige Gerichtsbezirk Aflenz, seit 1. Mai 1923 mit dem Gerichtsbezirk Bruck/Mur vereinigt, umfasst heute die sechs Gemeinden Aflenz Kurort, Aflenz Land, Etmißl, St. Ilgen, Thörl und Turnau.


© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl