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Kolleritsch, Alfred#

* 16. 2. 1931, Brunnsee bei Radkersburg


Schriftsteller, Lyriker


Kolleritsch, Alfred
Alfred Kolleritsch, 8. Juli 2011
Foto: Gerd Neuhold (Sonntagsblatt).
Aus: Wikicommons, unter CC BY-SA 3.0

Alfred Kolleritsch wurde am 16. Februar 1931 als Sohn eines Forstverwalters und einer Postangestellten in Brunnsee bei Radkersburg geboren.

Nach dem Besuch der Volksschule in Brunnsee besuchte er ein Gymnasium in Graz, wo er 1950 maturierte.

Früh entwickelte sich sein Interesse für Literatur, das durch den Vater und dessen Bibliothek geweckt worden war. Erste Gedichte und Prosaversuche entstanden bereits 1948. Im selben Jahr machte er die Bekanntschaft des Wiener Philosophen Leo Gabriel, der ihm "Platons Lehre von der Wahrheit" von Martin Heidegger empfahl. Im Herbst 1950 inskribierte Kolleritsch an der Karl-Franzens-Universität Graz für Philosophie, Germanistik und Englisch (nach 3 Semestern wechselte er von Englisch zu Geschichte). In dieser Zeit las er erstmals eigene Texte im privaten Literaturkreis von Julius Franz Schütz (1889-1961, Schiftsteller aus Mureck, ab 1937 Direktor der Steiermärkischen Landesbibliothek), die erste öffentliche Lesung kam aber erst im Juni 1958 in Graz zustande.

1955 legte er die Lehramtsprüfung für Geschichte und Philosophie ab und absolvierte als Lehrer ein Probejahr am Akademischen Gymnasium in Graz. Ab 1958 hatte er Anstellungen an verschiedenen Grazer Schulen, ehe er 1963/64 Lehrer am Akademischen Gymnasium in Graz wurde, wo er bis zu seiner Pensionierung 1993 unterrichtete.
1964 promovierte er über "Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit in der Philosophie Heideggers". Ab 1972 folgten regelmäßige Lehraufträge an der Universität in Graz.


1958 machte er die Bekanntschaft des Malers Günter Waldorf, der ihn für die Gründung der Grazer Künstlervereinigung "Forum Stadtpark" gewinnen konnte. Parallel dazu beteiligte sich Kolleritsch maßgeblich an der Entstehung der "manuskripte" ("Zeitschrift für Literatur und Kunst"), die - zeitgleich mit der Eröffnung des Hauses "Forum Stadtpark" - 1960 zum ersten Mal erschienen.
Unter Kolleritschs nun über fünfzigjährigen Herausgeberschaft entwickelten sich die "manuskripte" zu einer der zentralen literarischen Publikationen für neuere österreichische Literatur. Zu den jüngeren Autorinnen und Autoren, die hier eine erste Möglichkeit zur Veröffentlichung fanden, zählen beispielsweise Wolfgang Bauer, Barbara Frischmuth, Michael Scharang, Gunter Falk und Peter Handke. (Populär wurde die Zeitschrift nicht zuletzt auf Grund von Anzeigen wegen Pornografie, gab es doch Proteste gegen den Abdruck von Oswald Wieners Roman "Die Verbesserung von Mitteleuropa".) Aber auch Schriftsteller wie Peter Handke, Elfriede Jelinek, Gerhard Roth oder Josef Winkler stellten ihre Texte in den "manuskripten" vor; Vaclav Havel hatte hier seine erste Veröffentlichung außerhalb der Tschechoslowakei. Und in jüngster Zeit zählen Autoren wie Valerie Fritsch oder Clemens Setz zu den Entdeckungen der Publikation.

Alfred Kolleritsch - von 1968 bis 1995 Präsident des "Forums Stadtpark" - gründete 1973 gemeinsam mit anderen österreichischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, Gustav Ernst, die Grazer Autorenversammlung.

1976 berief man ihn in das Direktorium des internationalen Kunstfestivals "steirischer herbst", 1980 wurde er korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, 1987 Jury-Mitglied des Petrarca-Preises.


Alfred Kolleritsch, der seit der ersten Ausgabe regelmäßig eigene Texte in den "manuskripten" veröffentlichte, brachte mit "Die Pfirsichtöter. Seismographischer Roman" 1972 erst relativ spät eine selbständige Buchveröffentlichung heraus. Kolleritschs Lyrik und Prosa, die teilweise (stark verwischte) autobiographische Zügen tragen, zeichnen sich durch ein überaus sensibles Sprachsensorium aus. Er wendet sich in seinen Romanen und besonders in seinen Gedichten gegen Fremdbestimmung, Einengung und Erstarrung des Lebens. Das bis dato einzige Theaterstück des Autors, "Die geretteten Köche", erschien 2001 und wurde im Rahmen des "steirischen herbst" uraufgeführt.

Daneben hat Alfred Kolleritsch auch Kinderbücher, Hörspieltexte sowie Filmdrehbücher verfasst. Einige seiner Bücher wurden ins Französische, Italienische, Slowenische und Englische übersetzt.


Prof. Dr. Alfred Kolleritsch lebt in Graz.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Staatsstipendium des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur, 1970
  • Literaturpreis des Landes Steiermark, 1976
  • Petrarca- Preis, 1978
  • manuskripte-Preis des Landes Steiermark, 1981
  • Würdigungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur, 1982
  • Georg-Trakl-Preis für Lyrik des Landes Salzburg, 1987
  • Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik, 1993
  • Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, 1997
  • Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, seit 1997
  • Ernennung zum Bürger der Stadt Graz, 2001
  • Hanns-Koren-Preis des Landes Steiermark, 2003
  • Horst-Bienek-Preis für Lyrik, 2005
  • Großes Goldenes Ehrenzeichen des Landes Steiermark mit dem Stern, 2006
  • Franz-Nabl-Preis (Grazer Literaturpreis), 2009
  • Ehrenring des Landes Steiermark, 2013
  • Ehrenzeichen für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Steiermark, 2017

Werke (Auswahl)#

  • Die Pfirsichtöter. Ein seismographischer Roman, 1972
  • Die grüne Seite. Roman, 1974
  • Einübung in das Vermeidbare. Gedichte, 1978
  • Im Vorfeld der Augen. Gedichte, 1982
  • Absturz ins Glück. Gedichte., 1983
  • Gespräche im Heilbad. Verstreutes, Gesammeltes, 1985
  • Augenlust. Gedichte, 1986
  • Gedichte. Ausw. (Vorw.: Peter Handke), 1988
  • Allemann. Roman, 1989
  • Gegenwege. Gedichte, 1991
  • Zwei Wege, mehr nicht, 1993
  • Der letzte Österreicher, 1995
  • Die geretteten Köche, 1997
  • In den Tälern der Welt. Gedichte, 1999
  • Die Verschwörung der Wörter. 70 ausgewählte Gedichte, 2001
  • Die Summe der Tage. Gedichte, 2001
  • Die grüne Seite. Roman (Nachw.: Juliane Vogel), 2001
  • Marginalien und Widersprüche. Texte zu Literatur, Kultur und Politik (Hrsg., Komm., Nachw.: Kurt Bartsch), 2001
  • Befreiung des Empfindens. Gedichte. Graz, Wien: Droschl, 2004
  • Tröstliche Parallelen. Gedichte, 2006
  • Balla Szófia. Gedichte zweisprachig, 2007
  • Peter Handke / Alfred Kolleritsch, Schönheit ist die erste Bürgerpflicht. Briefwechsel, 2008
  • Es gibt den ungeheuren Anderen. Gedichte, 2013

Literatur#

  • K. Bartsch und G. Melzer (Hg.), A. Kolleritsch, Dossier 1, 1991
  • Das schönste Fremde ist bei dir. Alfred Kolleritsch zum 80. Geburtstag. Droschl Graz, Wien, 2011


Leseprobe#

aus Alfred Kolleritsch - "Die Summe der Tage"

Für Christiane


Hineingewachsen ins Erstreben,
den Dingen zu, diesem DIR,
sie aus dem Mehr, als sie
selber sind,
als Dinge sagen,
DIR als Unmaß
mehr zu geben,
den Wortschatz,
der uns erzeugt.


(S. 36)
© 2001, Jung und Jung, Salzburg.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
LITERATURHAUS



Hinter dem Rücken

Was ist geblieben,
zeigt sich
verteilt über Jahre hin,
sind es Teile?

Ist dem Gesicht zu trauen,
das man blieb,
es zum Verweilen anhielt,
es bezwang?

Verlangsamt, ein stürzender Riese,
fällt der Blick zurück,
verdeckt ist das Getrennte,
Unterschiedenes
ist zugleich klein und groß,
zergeht gleichgezüchtet
in einem Gedanken, der mit dem .Herzen. zieht,

dem großen Traum lässt der Kopf
zum Spielen die Rätsel,
wenig wagt die Erfahrung
tritt nicht hinaus,
erwacht, wo sie war,

offen war der Mund,
offen die Schenkel,
die Welt hingeschüttet,
mit den kleinen Kreuzchen
.mein und dein.,
wir haßten den Boden unter den Füßen,

zu mutlos schien die Erde,
hineingerissen in den Anblick
war die Grenze zerstört,
was uns selber glich,

und dass es blüht
und der Wald duftet
und die Toten
und die Scham,
es hat nicht aufgehört.


A. Kolleritsch
aus: Gegenwege; Residenz Verlag Salzburg

Weiterführendes#

Quellen#

Redaktion: I. Schinnerl