Prinz Eugen von Savoyen#
* 18. 10. 1663, Paris (Frankreich)
† 21. 4. 1736, Wien
Feldherr und Staatsmann
Großneffe von Kardinal Mazarin. Als ihm der französische Kriegsdienst verweigert wurde, trat er 1683 in das kaiserliche Heer ein, kämpfte beim Entsatz von Wien (Türkenbelagerungen Wiens), nahm bis 1689 an den Feldzügen in Ungarn teil, dann bis 1693 gegen die Franzosen in Italien, wurde 1697 Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres in den Türkenkriegen und errang 1697 den Sieg bei Zenta. Ab 1700 kämpfte Eugen im Spanischen Erbfolgekrieg in Italien, siegte gemeinsam mit John Churchill Herzog von Marlborough 1704 bei Höchstädt in Bayern, entsetzte 1706 Turin, besiegte 1708 mit Marlborough bei Oudenaarde und 1709 bei Malplaquet die Franzosen, blieb aber 1712 erfolglos.
Ab 1703 Präsident des Hofkriegsrates, ließ er den Linienwall um Wien errichten und verhandelte 1714 den Frieden von Rastatt. 1707-16 war Eugen Gouverneur von Mailand, 1716-24 Generalstatthalter der Österreichischen Niederlande, dann Generalvikar der habsburgischen Besitzungen in Italien. In einem weiteren Türkenkrieg errang er 1716 einen Sieg bei Peterwardein und am 16. 8. 1717 bei Belgrad. Nach dieser ruhmreichen Laufbahn zog er später nur noch ungern in den Krieg. 1734/35 blieb er im polnischen Thronfolgekrieg gegen Frankreich als kaiserlicher Oberbefehlshaber erfolglos.
Eugen galt als wichtiger Ratgeber der Kaiser Leopold I., Joseph I. und Karl VI. (Großmacht der Barockzeit) und war einer der bedeutendsten Bauherren des Barock. Sein Winterpalais in der Himmelpfortgasse in Wien (heute Finanzministerium) schufen Johann Bernhard Fischer von Erlach und
Johann Lukas von Hildebrandt, das Belvedere und Schlosshof im Marchfeld J. L. von Hildebrandt.
Prinz Eugen war ein großer Bücherfreund ("Eugeniana" im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek) und Sammler und hielt im Belvedere eine Menagerie. Er war infolge seiner Homosexualität nicht verheiratet.
Sein Grabmal befindet sich im Stephansdom, das Denkmal auf dem Heldenplatz wurde 1865 von Anton Dominik von Fernkorn geschaffen. Weitere Denkmäler in Budapest und Turin, die Apotheose von Balthasar Permoser im Unteren Belvedere. Zahlreiche Gemälde, Büsten usw. dokumentieren sein Wirken.
Eugen von Savoyen 1663-1736#
aus dem Buch Große Österreicher
Prinz Eugen von Savoyen wurde am 18. Oktober 1663 in Paris geboren. Er stammte aus einer guten Familie mit schlechtem Ruf. Sein Vater, Eugen Mau-rice Savoyen-Carignan, Graf von Sois-son, war ein unbedeutender General der französischen Armee, der sich häufiger an den Spieltischen als auf den Schlachtfeldern zeigte, seine Mutter, Olympia Mancini, eine Italienerin, die erste Geliebte des Sonnenkönigs Louis XIV., die am Hof von Versailles in einen Giftmischer- und Zaubertrank-Skandal verwickelt war und aus Frankreich fliehen mußte. Prinz Eugen durchlebte im Haushalt seiner Großmutter eine freudlose, von Armut bedrängte Kindheit. Auf Befehl des Sonnenkönigs, der sich um die Zukunft des heranwachsenden Jungen einigermaßen gekümmert hatte, sollte der Sohn seiner verstoßenen Geliebten Geistlicher werden. Doch Eugen träumte vom barocken Ideal der höheren Klassen, von Ruhm und Reichtum, er wollte die verheißungsvolle Laufbahn eines Offiziers einschlagen und bat den König selbstbe-wußt um einen guten Platz in der Armee. Louis XIV. lehnte erbost ab, nicht zuletzt, weil Prinz Eugen, seiner Ansicht nach, für den noblen Berufsstand schon rein äußerlich nicht geeignet war: er war ja klein und schmächtig, hatte ein wenig herabhängende, verbildete Schultern, einen viel zu dunklen Teint, eine leicht deformierte, fast komisch aufgestülpte Nase und stark vorstehende Zähne - die Porträtmaler hatten auch später stets ihre liebe Not mit ihm. Der Sonnenkönig duldete keine Widerrede: Eugen, bereits der »kleine Abbe« genannt, sollte dankbar gehorchen. Er gehorchte nicht, floh im Alter von 19 Jahren in Frauenkleidern aus Paris, schlug sich nach Österreich durch und meldete sich am 14. August 1683 am Hof des Kaisers Leopold I. in Passau. Der Augenblick war günstig, Österreich brauchte Soldaten, die Türken hatten bereits seit vier Wochen Wien belagert, man arbeitete fieberhaft an der Aufstellung eines Entsatzheeres. Eugen, entschlossen und zielbewußt, verlangte gleich das Kommando eines Regiments. Der Kaiser gab es ihm nicht, warf ihn aber auch nicht hinaus, er erlaubte ihm, seiner Armee als Freiwilliger beizutreten. In der Schlacht um Wien am 12. September nahm Eugen noch unter dem Namen Chevalier de Carignan vermutlich als berittener Adjutant teil - er sprach später nie darüber -, und er muß sich bewährt und die Aufmerksamkeit einflußreicher Protektoren auf sich gelenkt haben, denn schon am 14. Dezember 1683, mit nur 20 Jahren, erhielt er das heißbegehrte Kommando: er wurde zum Obersten befördert und bekam das Dragonerregiment »Khueffstein«.
In den Feldzügen der großen christlichen Gegenoffensive in den Jahren 1684-1690 zeichnete sich Prinz Eugen auf dem ungarisch-türkischen Kriegsschauplatz durch persönlichen Mut, aber auch als umsichtiger Truppenführer aus: er wußte, daß die Soldaten bedeutend mehr leisten können, wenn sie nicht in zerfetzten Lumpen herumlaufen müssen, wenn sie ausreichend verpflegt werden und menschenwürdige Quartiere zugewiesen bekommen; er verlangte aber auch, im Namen höherer Ideale, vor allem der christlichen Weltanschauung, von Offizieren und Gemeinen eiserne Disziplin und selbstlose Einsatzbereitschaft.
Als er, mit 34 Jahren zum Feldmarschall ernannt, im April 1697 das Oberkommando der gegen die Türken kämpfenden Armee in Ungarn übernahm, setzte er seine Führungsprinzipien in vollem Umfang durch. Die Bewegungen der Regimenter und Bataillone auf dem Marsch und in der Schlacht waren schneller, exakter und effektiver geworden, die geplanten strategischen und taktischen Ziele wurde fast immer erreicht, die Verluste nahmen merklich ab. Aber auch die bis dahin keineswegs seltenen Ausschreitungen der Soldaten, das Plündern der christlichen Bürgerhäuser und die brutale Behandlung der Bevölkerung im Kriegsgebiet, hörten allmählich auf.
Am 11. September 1697 schlug die Armee des Kaisers unter Prinz Eugen bei der kleinen Stadt Zenta in Südungarn ein von Sultan Mustafa II. persönlich angeführtes türkisches Heer vernichtend und brach damit die aggressive Militärmacht der Osmanen. Im Frieden von Karlowitz, einem diplomatischen Meisterwerk des immer mehr auch als Staatsmann in den Vordergrund tretenden Eugen, mußte der Sultan auf Mitteleuropa verzichten. Wien jubelte, die Türkengefahr schien nun für alle Zeiten gebannt. Der häßliche Prinz, das Schwert des Hauses Habsburg, wurde als Retter des Abendlandes gefeiert. Von den Fürstenhöfen kamen fortan zahlreiche junge Kavaliere zu ihm, um bei seinen Schlachten zuzuschauen und zu lernen, nicht aber nur Strategie und Taktik, sondern auch beste Umgangsformen auch unter den harten Bedingungen des Feldlagers, noble Zurückhaltung selbst in den Stunden des Triumphs und nicht zuletzt die unerschütterliche Treue zur regierenden Dynastie.
Prinz Eugen vertrat seine politischen Ansichten offen und konsequent: er betrachtete die österreichischen Länder als unantastbaren persönlichen Besitz des Hauses Habsburg, den zu mehren, abzurunden und abzusichern seine heilige Pflicht wäre. Ein Patriot im heutigen Sinn war der wohl größte Zugereiste der österreichischen Geschichte nicht - die Begriffe Nation und Vaterland waren für die Menschen des barocken Zeitalters so gut wie unbekannt oder zumindest fremd. So stand Prinz Eugen der historischen Entwicklung, der sozialen, kulturellen und religiösen Eigenart der verschiedenen Völker, die auf dem riesigen Gut der Familie Habsburg - im Staate Österreich - wohnten, gleichgültig gegenüber. Fragen der Verwaltung, der Gesellschaftspolitik oder der Wirtschaft interessierten ihn nicht. Auch seine angeblich stark ausgeprägte »deutsche Gesinnung« gehört ins Reich der Fabel. Prinz Eugen war zeit seines Lebens Kosmopolit mit einer starken Neigung für die italienische Kultur, er konnte kaum Deutsch, sprach nur französisch oder italienisch und blieb, auch auf dem Höhepunkt seiner politischen Macht, einsam und verschlossen. Er war in Wien zweifellos geachtet und geschätzt, aber weit weniger beliebt, die klatschsüchtige Hofgesellschaft betrachtete ihn als einen in mancher Hinsicht geheimnisvollen, aber vor allem viel zu einflußreichen Fremden, der stets verstand, Distanz und Diskretion zu wahren. Er war obendrein Junggeselle, den man anscheinend in keine lukrativen Heiratspläne einbeziehen, aber auch mit keinerlei skandalösen Weibergeschichten verdächtigen konnte.
Prinz Eugen schloß seine private Sphäre von der Außenwelt sorgsam ab. Zu seiner privaten Sphäre gehörten auch seine Finanzen, das bis zum heutigen Tag nicht geklärte Zustandekommen seines sagenhaften Vermögens. Er bezog zwar in seinen verschiedenen Funktionen, unter anderem als Präsident des Hofkriegsrates, als Generalissimus mit dem Titel eines »katholischen Reichsfeldmarschalls«, als Gouverneur von Mailand und später als Generalstatthalter der Niederlande sehr hohe Einkünfte; nach seinen Siegen bekam er vom Kaiser und von dem Staat wertvolle Geschenke, kostbare Juwelen, Wertgegenstände und ausgedehnte Güter im Osten Österreichs und in Ungarn. Doch der Bau seiner Schlösser und ihre erlesene Einrichtung - unter anderem das Belvedere und das Winterpalais in der Wiener Himmelpfortgasse, Schloßhof im Marchfeld, Räckeve und Bellye in Ungarn, seine in ganz Europa berühmte Bibliothek, die Gemälde-, Münzen- und Medaillensammlungen, die zahlreichen Skulpturen und nicht zuletzt die Personalkosten seiner privaten Hofhaltung - er hatte allein um die l 500 Gärtner beschäftigt - verschlangen Millionen über Millionen. Die Beute seiner Feldzüge war allerdings beachtlich, in der Schlacht bei Zenta fielen ihm 3 Millionen Gulden des Sultans, umgerechnet in heutige Währung etwa 70 Millionen Schilling, in die Hände, und sie gehörten rechtmäßig ihm. Gewiß konnte ein erfahrener und umsichtiger Feldherr auch bei der Finanzierung eines Krieges, bei der Beschaffung von Waffen, Uniformen, Geräten und Nachschubgütern namhafte Summen einsparen. Eine nur annähernd überzeugende Rekonstruktion der damaligen Verhältnisse ist jedoch nach fast 300 Jahren - aber vor allem, weil die diesbezüglichen Unterlagen vermutlich bewußt beiseite geschafft wurden - nicht möglich.
Beute gab es auch nach dem Frieden von Karlowitz genug, und die Armee des Kaisers brauchte immer mehr Waffen und Material: 1701 brach der Spanische Erbfolgekrieg aus, er dauerte 13 Jahre. Prinz Eugen triumphierte über bestens ausgerüstete und geführte französische Truppen in Italien bei Carpi (1. September 1701) und bei Cremona (1. Februar 1702), dann zusammen mit seinem englischen Verbündeten John Churchill, Herzog von Marlborough, bei Höchstädt in Bayern (13. August 1704), in Italien bei Turin (7. September 1706), dann wieder gemeinsam mit dem Herzog von Marlborough bei Quedenaarde in Flandern und schließlich in der Ent-scheidungsschlacht bei Malplaquet in Frankreich (11. September 1709). Es folgte ein neuer Türkenkrieg, Prinz Eugen siegte am 5. August 1716 in einer von zahlreichen vornehmen Gästen beobachteten Musterschlacht bei Peterwardein in der Batschka. Am 13. Oktober 1716 nahmen die Kaiserlichen Temesvär, den letzten türkischen Stützpunkt auf ungarischem Boden, und am 13. August 1717 begann Prinz Eugen, aus einer recht ungünstigen Position heraus, von einem türkischen Entsatzheer bereits halb eingeschlossen, die Belagerung von Belgrad. Der taktisch überlegen, aber auch waghalsig geführte Kampf um die Stadt und Festung, in dessen Verlauf die Türken eine vehee-rende Niederlage erlitten, war die erfolgreichste, wie ein Kunstwerk gefeierte Schlacht des damals 54 Jahre alten Feldherrn und Staatsmannes. Prinz Eugen, aufrichtig und bescheiden, stellte in einem Brief an seinen Freund, den Herzog von Marlborough nüchtern fest, er habe an diesem 16. August, einem der gefährlichsten Tage seines Lebens, vielleicht viel zuviel aufs Spiel gesetzt und gewiß viel Glück gehabt.
Er stand das letzte Mal mit 71 Jahren im Feld, im Polnischen Erbfolgekrieg. Den polnischen Thron, der ihm bereits früher angeboten wurde, lehnte er entschieden ab. Er begnügte sich mit der Rolle des Feldherrn, des wichtigsten Ratgebers bei Hof und nicht zuletzt mit der des eines feinsinnigen Mäzen. Er diente drei Monarchen des Hauses Habsburg, daß sein Verhältnis zur höchsten Macht aber Schwankungen unterworfen und wegen seiner hartnäckig vertretenen Ansichten in den Fragen der hohen Politik nicht immer ungetrübt war, davon zeugt sein berühmter Ausspruch: »Leopold I. war mein Vater, Joseph I. war mein Freund, Karl VI. ist mein Herr.«
Prinz Eugen starb am 21. April 1736 im Alter von 73 Jahren, in seinem Winterpalais in Wien an einer Lungenentzündung und wurde in der Kreuzkapelle des Stephansdoms beigesetzt. Er war nicht nur, wie die Schulbücher ihn heute noch bezeichnen, der Held des barocken Heldenzeitalters, der Architekt der Größe Österreichs, er war auch ein vielseitig interessierter, im besten Sinne des Wortes nobler Mensch, wohl der kultivierteste Soldat der europäischen Geschichte. Das im Feldlager vor Belgrad, im Sommer 1717 entstandene und ungemein populär gewordene Prinz-Eugen-Lied nennt ihn einen edlen Ritter. Zu Recht, denn er war es.
Prinz Eugen#
Feldherr und Staatsmann des Barockzeitalters#
aus Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987)
Im Grunde genommen blieb Prinz Eugen Zeit seines Lebens ein einsamer Mensch. Seine Jugend in Paris durfte nur in wenig familiäre Geborgenheit eingebunden gewesen sein, allein und auf sich gestellt, wandte er sich an den Wiener Kaiserhof, um hier seine militärische Karriere zu beginnen. Als er starb, wurde er, wie ein zeitgenössischer Bericht schildert "mit dem roten Uniform-Kleid seines Regiments nemlich von rotem Scharlach mit Gold bordiert" aufgebahrt und der kleine, zusammengeschrumpfte Mann mit goldschimmernder Perücke, den Rosenkranz um die knochigen Hände gebunden, umbraust vom Glockengeläute Wiens, drei Tage lang zur Schau gestellt. Am 26. April 1736 um vier Uhr nachmittags schließlich wurde "der Leichnam gehoben". "Der ganze Zug, welcher über zwey stunden dauerte und währenddem welchen alle Glocken in der Stadt geläutet worden", zog vom Palais in der Himmelpfortgasse über Kohlmarkt und Graben zum "Stock am Eysen Platz bis zur Metropolitan Kirche in welcher die Herren Ritter des goldenen Vlieses, die kaiserlichen Herren Geheimer Räthe, und hohe Herren Ministern den Leichnam erwartete". Verwandte waren keine zugegen, seine drei Damen, mit denen er oft Karten gespielt hatte, werden wohl irgendwo dabei gewesen sein. Sein Kaiser, Karl VI., der dem edlen Ritter seine Herrschaft und die Monarchie verdankte, wohnte der Einsegnung inkognito teil und begab sich anschließend, wie man einem Hofbericht entnehmen kann, "nach dem Lustschloß Laxenburg, alwohin auch Ihre Majestät die Regierende Römische Kayserin und die gesamte Durchleuchtigste Ertz-Herzoginnen mit der übrigen Hofstatt gegen zehn Uhr gefolget seynd, um daselbsten der gewöhnlichen Frühlings-Lust eine Zeit lang zu genießen..."
Literatur#
- M. Braubach, Prinz Eugen von Savoyen, 5 Bände, 1963-65
- Prinz Eugen und das barocke Österreich, Ausstellungskatalog, Schloßhof 1986
- E. Trost, Prinz Eugen, eine Biographie, 1986
- F. Herre, Prinz Eugen, Europas heimlicher Herrscher, 1997
- Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987), ed. W. Kleindel & H. Veigl, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 615 S.
- Große Österreicher, ed. Th. Chorherr, Verlag Ueberreuter, 256 S.
Quelle#
- AEIOU