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Voiturette neu? (Die Begegnung mit der nächsten Art.)
Voiturette neu? (Die Begegnung mit der nächsten Art.)

Kompakte Kontinuität#

(Von der Voiturette zum Kleinstauto)#

von Martin Krusche

Das 2026er Thema meiner Reihe „Mythos Puch“ lautet „Endorphin-Maschine“ und ist grundlegenden historischen wie kulturgeschichtlichen Aspekten des Genres gewidmet. Da kam mir nun dieses Fahrzeug, der Citroen ami, wie ein Geschenk daher.

Ich halte den kleinen Elektriker für eine wichtige Markierung. Das Konzept, das Design, der Gesamtzusammenhang mit seiner Vorgeschichte, zu all dem ein spezieller Schwerpunkt in den 1960er- und 1970er Jahren.

Ich ging die Gleisdorfer Bürgergasse Richtung Marienkirche hinunter. Dieser Weg führt durch eine ausladende S-Kurve, vorbei am Autohaus Fritz, wo meine Begegnung mit der nächsten Art stattfand. Vor dem Haus ein Citroen Ami, den ich mir ausführlicher anschauen durfte; Probesitzen inbegriffen.

Das Design des ausfälligen Fahrzeugs schuf der aus Belgien stammende Pierre Leclercq, welcher seine Ausbildung am ArtCenter College of Design in Pasadena (Kalifornien) absolviert hatte. Der Mann war vorher schon bei Great Wall Motors und bei KIA tätig gewesen. Nicht zu vergessen seine Jobs beim Turiner Ghia-Studio von Ford, bei Zagato und BMW.

Aktuell: Der elektrische Citroen Ami im Design von Pierre Leclercq.
Aktuell: Der elektrische Citroen Ami im Design von Pierre Leclercq.
Der elektrische Zagato Zele von 1974. (Foto: Vauxford, CC BY-SA 4.0)
Der elektrische Zagato Zele von 1974. (Foto: Vauxford, CC BY-SA 4.0)

Ich betone das, weil mir scheint, daß in diesem Citroen Ami einige Entwicklungslinien zusammenlaufen, die eine spezielle Wegmarke ergeben. Da ist formal etwas gelungen, das im deutlichen Kontrast zu einem etwas früheren Meilenstein der Kleinstautomobile steht, dem Swatch Car von Nicolas Hayek. Verwechslungsgefahr völlig ausgeschlossen. (Gut, der Swatch basiert auch auf einem etwas anderen Konzept.)

Doch, wie eingangs erwähnt, in diesem Ami-Design klingt etwas an, das 50, 60 Jahre zurückliegt, dabei aber durchaus zukunftsweisend ist. Ich greife ein besonderes Beispiel heraus, den Zagato Zele von 1974, für maximal 40 Km/h gebaut. Ein italienisches Elektroauto in der langen Reihe legitimer Vorfahren heutiger Bubble Cars. Italien hat unzählige enge Altstadt-Gäßchen in allen Arten von Ortschaften. Dort sind viele Leute nicht von der heute verbreiteten Dünkelhaftigkeit gegenüber Kleinstautos angekratzt. Der Zweck entscheidet über die Fahrzeugwahl.

Voiturette: der Albl Phönix von 1902.
Voiturette: der Albl Phönix von 1902.

Dabei kann eine mit Lasten befrachtete Ape (Biene) von Piaggio gut neben der flotten Vespa (Wespe) bestehen; wie auch bei uns heute zum Beispiel so manches Gartenbauamt mit ähnlich wendigen Winzlingen ausgestattet ist. (Die eine oder andere Ape hat es inzwischen sogar nach Gleisdorf geschafft.)

Historischer Rückblick#

Automobile waren anfangs generell sehr klein, wurden dann aber bald zu wuchtigen Luxusartikeln. Es dauerte bis nach dem Zweiten Weltkrieg, daß auf dem Weg über Rollermobile (Bubble Cars) preiswerte Kleinstwagen wie der Fiat 600 oder der Steyr-Puch 500 in den Handel kamen.

Die Anfänge der Automobilgeschichte waren von eher zarten Fahrzeugen bestimmt; zumindest nach dem Dampftraktor von Cugnot und dem zweiten Marcus-Wagen. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts Automobile überhaupt erstmals für wohlhabende Privatkunden verfügbar waren, sind das (aus heutiger Sicht) unglaublich kleine Wägelchen gewesen.

Genau das bedeutet die französische Bezeichnung Voiturette; abgeleitet von Voiture = Automobil. (In Graz etwa die Voiturettes von Benedict Albl und Johann Puch.) Es dauerte nicht lange, da waren die kaum erschwinglichen Luxusgegenstände auch in riesigen Varianten verfügbar. (Für einen Austro-Daimler ADR Bergmeister mußte man äußerst wohlhabend sein.) Die prächtige Fuhre als soziales Statement, welche eine noble Distanz zur breiten Bevölkerung ausdrückt. Das sehen wir auch heute gelegentlich auf den Straßen.

Als markante Wende hin zum kompakten Kleinwagen, der als vollständiges Automobil taugen sollte, sehe ich zwei interessante Konstruktionen, die den Weg wiesen. Ferdinand Porsche hatte 1922 den Austro Daimler ADS R („Sascha“) in die Gänge gebracht. Ein Rennwagen. Ab 1923 gab es den weit zivileren Tatra 11 von Hans Ledwinka, einem Ferdinand Porsche ebenbürtiger Konstrukteur.

Aber Autos, die für breitere Bevölkerungskreise leistbar waren, sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Handel gewesen. Exemplarisch der Fiat 600, den es auch als Lizenzversion aus Steyr gab. Mit seinem Nachfolger, dem Fiat Nuova 500 und dessen Grazer Derivat, dem Steyr-Puch 500, war die Kategorie Kleinstwagen damals im Gespräch. (Heute sprechen wir bloß noch von Kleinwagen.)

Ferdinand Porsches Austro-Daimler Sascha.
Ferdinand Porsches Austro-Daimler Sascha.
Hans Ledwinkas Tatra 11 (Foto: Addvisor, CC BY-SA 4.0)
Hans Ledwinkas Tatra 11 (Foto: Addvisor, CC BY-SA 4.0)

Die Rollermobile mag man als Zwischenschritt dieser Entwicklung deuten. Eines der populärsten Beispiele ist die „Knutschkugel“, amtlich: BMW Isetta. Was dann vor einigen Jahren als sogenanntes Mopedauto wiederkehrte, führerscheinfrei, mit dem Tempolimit bei 40 Km/h, wurde gerne abschätzig als „Säuferauto“ diffamiert.

Ein äußerst hinfälliges Prädikat, wenn man beachtet, wie sich der Straßenverkehr in unseren Städten heute ereignet und was da an Flächen für die Fahrzeuge gebraucht wird. Das ist nicht bloß in den Metropolen prekär. Eine moderate Kleinstadt wie Gleisdorf geht gerade auf die Umgestaltung eines zentralen Platzes zu. Was dieses Vorhaben am Florianiplatz gerade bezüglich Verkehr an Debatten auslöst, ist bemerkenswert. (Fortsetzung)

Weiterführend#