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Fotograf Richard Mayr (links) und Kulturreferent Karl Bauer am Hauptplatz von Nagykanizsa.
Fotograf Richard Mayr (links) und Kulturreferent Karl Bauer am Hauptplatz von Nagykanizsa.

Nagykanizsa: Von Stadt zu Stadt#

(Über Europa nachdenken)#

von Martin Krusche

Unser erstes Arbeitsgespräch mit Gleisdorfs Kulturreferent Karl Bauer im neuen Jahr ist einem Vorhaben gewidmet, das sich zwischen Gleisdorf und dessen ungarischer Partnerstadt Nagykanizsa entfaltet. Daraus ergibt sich ein nächster Schritt in unserer Konvergenzzone. Die habe ich konzipiert, auf daß wir ausloten können, welcher Art Schnittpunkte von Interessen der Anlaß für anregende Kooperation sein können, wenn das zwei höchst unterschiedliche Einrichtungen betrifft.

Also hier den Archipel, das Forum für Kunst und Kultur, da die Kommune Gleisdorf. Und zwar nicht im Sinn der simplen Anordnung Förderstelle/geförderte Initiative, sondern als eine inhaltliche Kooperation, die in eine konkrete Umsetzung gelangt. (Bauer wird dieses Vorhaben im Zusammenhang des Projektes "Styria goes Hungary" betreuen.)

Unser Gastspiel#

Wir Archipelischen gastieren daher in einem Kontext, dessen thematische Vorgabe von der gastgebenden Instanz kommt, also von den maßgeblichen Funktionstragenden der beiden Städte. Ich habe als den von ihnen genannten Titel „Grenzenlose Freiheit" notiert, was eine interessante Aufgabe bietet. An welche Grenzen erinnern wir uns? Worauf bezieht sich ein Wunsch nach Freiheit? Wie könnte eine künstlerische Veranstaltungen entlang mehrerer Sparten auf den Punkt kommen, wenn dabei nichts als bindend gelten würde?
Das historische Nagykanizsa
Das historische Nagykanizsa

Auf visueller Ebene werden Fotograf Richard Mayr und Malerin Monika Lafer für den Archipel Entscheidungen treffen. Ich arbeite dem inhaltlich zu, vorerst einmal ganz grundsätzlich. Das heißt, ich entwerfe zum Auftakt eine Hintergrund-Folie für den Archipel-Part. Österreich und Ungarn waren einst energisch verbunden, keineswegs konfliktfrei. Ein interessantes Stück Historie, denn Ungarns Adel war seinerzeit vor den Habsburgern keineswegs auf den Knien.

In meiner Jugendzeit trennte uns der Eiserne Vorhang, hinten dem sich der Warschauer Pakt etabliert hatte. Das war eine Grenze, die sich auf kuriose Arte über erhebliche Abschnitte mit der alten Grenze zwischen Ostrom und Westrom deckte, also zwischen Orthodoxie und Lateinertum. Das hat alles bis heute kulturelle und mentalitätsgeschichtliche Konsequenzen.

Nagykanizsa konkret#

Ich denke freilich über Europa nach. Und über jenen Teil, in dem wir leben. Mit dem Beginn des 17. Jahrhunderts wurde das befestigte Kanizsa zu einer wesentlichen strategischen Markierung im Kräftespiel der osmanischen Expansionsbestrebungen Richtung Wien. Das betraf damals auch sehr intensiv die Belange der Steiermark, deren Sicherheit darin bedroht war. Zur Orientierung: die erste Wiener Türkenbelagerung fand 1526 bis 1555 statt, die zweite 1683 bis 1699. Ich denke, man kann diesbezüglich bei unseren Leuten bis heute mentalitätsgeschichtliche Spuren jener Ereignisse finden.
Fotograf Richard Mayr (links) und Kulturreferent Karl Bauer.
Fotograf Richard Mayr (links) und Kulturreferent Karl Bauer.

Beachten Sie, daß der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 Europa grundlegend verändert hatte. Nicht bloß politisch. Die Verwüstungen waren auch unter den Menschen so weitreichend gewesen, daß tradierte soziale Instanzen und ethische Konzepte erodiert, teilweise zerstört gewesen sind. Ähnlich tiefgreifende Umbrüche hatte schon davor in Europa die große Pestkrise zwischen 1346 und 1353 bewirkt, was sich auch in der Oststeiermark sehr stark manifestiert hat.

Man muß das nicht überbewerten, aber ich bin überzeugt, daß so ein historischer Hintergrund über viele Generationen nachwirkt und daher auch in unserem Gastspiel seine Wirkung haben wird, wenngleich eher als Subtext.