Die vierte Kerze brennt - Betrachtungen über den Adventskranz#
Von Ernst Zentner Advent, Advent, ein Lichtlein brennt … so beginnt ein simpler vorweihnachtlicher Reim. Blumengeschäfte bieten seit Novemberende Adventskränze in unterschiedlichen Versionen an. Die bekannteste ist die aus einem Kranz von Tannenzweigen, verziert mit farbige Bänder und Schleifen sowie vier auffällige Kerzen. Generell einfärbig, rot, Gold, orangefarben oder festlich vergoldet. Die bekannteste Form besteht aus drei violette Kerzen und einer rosafarbigen Kerze. Die rosafarbene wird am dritten Adventsonntag (Gaudete = lat. Freuet euch!) entzündet.Der Adventskranz stammte aus dem evangelisch dominierten Norden Deutschlands. Seine Entstehungsgeschichte ist eher unspektakulär. Ein Theologe, Erzieher und Volksmissionar namens Johann Hinrich Wichern (1808-1881) richtete in Hamburg ein Waisenhaus ein (Rauhes Haus), und hatte den Kindern oft von Weihnachten erzählt. Weil Kinder nun mal ungeduldig sind wollten sie wissen, wann denn eigentlich das Weihnachtsfest stattfindet. Wichern dachte nach und nahm ein Wagenrad und montierte darauf 20 kleine rote und vier große weiße Kerzen. Jeden Tag wurde eine entzündet. Am Adventsonntag jeweils eine große Kerze. Dadurch ließ sich die aufregende Zeit bis Heiligabend und Christtag leichter und mit Vorfreude ertragen. Dies geschah im Advent 1839.
Endlich entwickelte sich der Adventskranz mit vier Kerzen. Seit 1860 wurde dieser aus Tannengrün gefertigt. Erstmals 1925 in einer katholischen Kirche in Köln. Fünf Jahre später in München. Unter dem Nationalsozialismus etablierte sich der Sonnenwendkranz und der Lichterkranz. Advent wurde durch "Vorweihnacht" ersetzt.
Natürlich gibt es auch gesonderte Varianten. Im katholischen Teil Irland finden wir den Adventskranz nur mehr in Kirchen und vermehrt um eine fünfte - weiße - Kerze. Sie steht in der Kranzmitte und wird am Heiligen Abend angezündet. Im Erzgebirge (Sachsen und Böhmen) dominieren rote Kerzen.
Allgemein erinnert dieser Brauch an das jüdische achttägige Lichterfest Chanukka, dann wäre noch das schwedische Luziafest und das adventliche Rorate erwähnenswert.
Wie auch immer: Erwartung des Lichtes - Geburt Jesu - dominiert in der theologischen Ansicht.
Ist der Adventskranz eigentlich ein Brauch? Eher nicht - ein Symbol für die baldige Ankunft des Erlösers.
In unserer Epoche der Superlativen, groß, größer und am größten, scheint der weltgrößte Adventkranz (ohne s) sich am Mariazeller Hauptplatz zu befinden. Zwölf Meter im Durchmesser, sechs Tonnen schwer und im Stile Wicherns.[1]
Je nach Geschmack und Design schaffen Floristen kleine Kunstwerke, teils als Kränze oder als Buketts. Manchmal mit vier Kerzen oder sogar nur mit einer dicken großen Kerze. Im Lichterschein können Adventsbegeisterte Gedichte vorlesen, musizieren oder einfach nur still beten. Allein schon der Duft des Tannenreisigs stimmt schon auf das nahende Fest ein …
Anmerkung
[1] > Advent in Mariazell 2019. Die schönsten Adventfotos und Videos zur Einstimmung/www.mariazellerlandblog.at (Adventkranz)
Quelle
Irmtraud Weishaupt-Orthofer (Hg.), Das große österreichische Advent- und Weihnachtsbuch. Backen, Singen, Basteln, Brauchtum, Märkte und Veranstaltungen. Graz - Stuttgart 2011, Seite 20-21
Weiterführendes
- "Adventkranz", in: ABC zur Volkskunde Österreichs (Helga Maria Wolf)
- Helga Maria Wolf: … ein Lichtlein brennt
- Advent/AEIOU
- Adventkranz/Heimatlexikon
Stimmungsbilder (Adventskränze)
- Vorweihnachtliches (Auswahl der Abbildungen von Lanz E.)