Sulla - Feldherr und Diktator#
Verkörperung und Vorbild des modernen Tyrannen?Von Ernst Zentner
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Leben und Epoche
Lucius Cornelius Sulla Felix entstammt der vornehmen Familie der Cornelier. Geboren wurde er 138 vor Chr.
Als Fünfzehnjähriger erhielt er das Gewand (toga virilis) des freien römischen Bürgers und war damit volljährig und voll entscheidungsfähig. Seine Jugend war überschattet mit dem Bürgerkrieg der Römischen Republik der Spätzeit. Für politische Verhältnisse in Rom dürfte er kaum Interesse aufgebracht haben. Damals wurde erstmals Militär gegen die eigene Bürgerschaft eingesetzt. Die Gesellschaft teilte sich in Optimaten (konservative nobilitas [generell war es der patrizische Adels] und Popularen (Vertreter des Volkes) auf.
Seine finanziellen Möglichkeiten waren beschränkt. Er lebte sogar in einem Mietshaus mit freigelassenen Sklaven.
Sulla hielt sich gerne im Milieu der Theaterschauspieler und Gaukler auf. Das wurde ihm zum Vorwurf gemacht, um ihn zu diskreditieren, falls er eine Karriere in der Politik beabsichtigte. Aus zwei Ehen brachte er karge Geldsummen zustande. Seine Geliebte, die römische Prostituierte Nikopolis setzte ihn sogar als Erben ein. Nun war Sulla fähig gewesen ein standesgemäßes Leben zu führen. Gewiss war er verschwenderisch. Um ein Ehrenamt bemühte er sich nicht.
Im Militärdienst
Er wurde 107 nach einer entscheidenden Diskussion zum Quästor gewählt. Damit erreichte er den Beginn seiner Karriere zum Senator. Die Funktion Quästor war die Rangniedrigste. Damit konnte er auch in ein römisches Heer eintreten. In der Hauptsache verwaltete er die Kriegskasse. Unter dem Konsul Marius nahm er im Jugurthinischen Krieg teil.
Krise
Um 105 herrschte in Rom die Sorge vor einem „Keltensturm“ – die Cimbern und Teutonen bedrohten das Imperium. Die Senatoren sahen damals in den Kelten Germanen. Der durch unlautere rechtliche Mittel zum fünften Mal als Konsul gewählte Marius versprach eine Heeresreform, um gegen die drohende Gefahr gerüstet zu sein. Bisher gab es ein Bürgeraufgebot im Kriegsfall. Marius führte ein Berufsheer ein und versorgte die Veteranen mit Geldzuwendungen und Güter. Ein damaliger Soldat blieb so lange er lebte, dem jeweiligen Feldherrn verpflichtet. Die Senatoren hatten allerdings Angst, dass Konsul Marius sich gegen Rom wenden könnte und bauten mit Sulla einen starken Konkurrenten auf. Ein Bürgerkrieg begann sich zu entwickeln, und das in einer sowieso von Krisen geschüttelten Republik.
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Höhepunkt des System Sulla
Egal, es war eine Schreckensherrschaft, wie sie das Rom nie zuvor gekannt hatte. Fünftausend Menschen wurden dabei getötet. Sie waren römische Bürger. Mit ihnen starben ihre Kinder und Enkelkinder. Ganze Familien wurden ausgemerzt. Es waren wohl viel mehr - manchmal steckten in Einzelfällen auch nur niedrige Motive. In Wahrheit gibt es nur ein Wort: Massenmord. Das war der Preis für die Ordnung. Wirklich?
Ihre Eigentümer wurden eingezogen und versteigert. Der so "erwirtschaftete" Gesamterlös betrug 350 Millionen Sesterzen. Das entspräche heute vielleicht zehn Milliarden Euro!
Ende des Diktators
Man ist gewohnt, dass Roms Herrscher gewaltsam von der Bildfläche verschwanden. Aber bei Sulla war es einfach anders - wahrscheinlich fehlten ihm dank seiner Politik seine Feinde: Sulla trat von seinem Amt ab - seine Beweggründe sind unbekannt geblieben - und verschied unspektakulär, ohne für seine Grausamkeiten je bestraft worden zu sein. Es so was von eigenartig, dass brutale Tyrannen in der Weltgeschichte kaum jemals wirklich bestraft wurden. Vielleicht liegt es auch daran, dass solche Machthaber noch eine andere Strafe bekamen, nämlich den Beginn des Verfalls ihres Regimes und ihre offene Unbeliebtheit ansehen zu müssen.
(Allgemein war es so, dass Gewaltherrscher am Schluss stets die Meinung vertraten, sie hätten etwas Gutes getan und überließen die Beurteilung ihres Tuns dem Ratschluss der Geschichte ...)
(Eine Bemerkung am Rande: Der spätere Apostel Paulus vertrat die Ansicht, dass jede irdische Herrschaft von Gott eingesetzt ist, und dass man sich der Herrschaft unterwerfen solle. Anders interpretiert, um des Überlebens Willen mit den Machthaber zu arrangieren, auch wenn es Opfer kostet?)
In der Problematik des Sulla-Regime begannen sich Verfallerscheinungen darzubieten. Dazu kamen noch die immer bedrohlicheren Sklavenaufstände, welche auch von machtbesessenen Politikern oder Militärs für ihre eigenen politischen Zwecke benutzt wurden. Um 73 begann der für Rom unangenehme Spartacus-Aufstand. Das ideelle Konzept eines Sulla wurde abverlangt. Andere machten von seinem Konzept einer staatlichen Ordnung Gebrauch.
Nachwort:
In späterer Zeit wurde von Sulla (Sylla oder Silla) als "dictator" sorgenvoll berichtet, als ob man heute über Tyrannen der vergangenen (oder aktuellen) Zeitgeschichte redet. Natürlich mit einem verbissenen Zorn und einer Angst vor Wiederholung.
Mit dem kurzen Namen "Sulla" wird bis in die Gegenwart nur Diktatur und blutiger Terror bzw. Unmenschlichkeit assoziiert.
Zeittafel
Um 138 v. Chr. Lucius Cornelius Sulla (Felix) geb.
135-131 Sklavenaufstand in Sizilien, der mühevoll unterdrückt wird
133-44 Späte Römische Republik
133/132 Beginn des Zeitalters der Bürgerkriege
Seit 133 ist Rom dank gesellschaftlicher und ökonomischer Umstrukturierungen (u. a. Agrarkrise der sklavenhaltenden Großgrundbesitzer mit der Konsequenz verarmten bäuerlichen Bevölkerung) Schauplatz erbitterter innerer Auseinandersetzungen. Eine "revolutionäre" Phase der römischen Republik, nahezu hundert Jahre danach, mit ihrem Sturz endet
123/122 Als 15jähriger erhält er die toga virilis (Toga war damals das Gewand des freien römischen Bürgers)
111-105 Jugurthinische Krieg in Afrika gegen den Numiderkönig Jugurtha
107 Sulla wird Quästor und nimmt im Jugurthinischen Krieg teil
107 Wahl zum Quästor (niedrigstes Amt der senatorischen Ämterlaufbahn der römischen Republik, auf ein Jahr); Teilnahme im Jugurthinischen Krieg: zum Heer des Gaius Marius, das in Nordafrika operiert (Numidien [Algerien und Tunesien])
105 Roms Bedrohung durch Cimbern und Teutonen besteht weiter. Nach schwerer Niederlage bei Arausio-Orange (Südfrankreich) herrscht Panik in Rom vor einem zweiten "Keltensturm". (Damals wurden die Germanen als Kelten angesehen.) Konsul Marius will deshalb eine umfassende Heeresreform durchführen (Berufsheer)
104-101 Zweiter Sklavenaufstand
104 Im Germanenkrieg sichert Sulla - unter Marius - die römische Vorherrschaft - Beziehung zu Marius beeinträchtigt - im Triumph mitgeführte König Jugurtha von Numidien in Rom hingerichtet
102 Marius schlägt die Teutonen bei Aquae Sextiae (Aix-en-Provence) und
101 die Cimbern bei Vercellae (Oberitalien) vernichtend. Beide Völker verschwinden aus der Geschichte
98 Erfolglose Bewerbung um die Prätur (hoher Beamter) und dann
97 erfolgreiche Wahl (Stimmenkauf) zum praetor urbanus( (auf ein Jahr). Abhaltung der Spiele zu Ehren des von Sulla bevorzugten Gottes Apollo
96 Sulla erreicht Verhandlungen zwischen Rom und dem Partherreich
96 Statthalter von Kilikien (antike Landschaft im Südosten Kleinasien; Türkei) zum Ärger des pontischen Königs Mithridates VI.
92 Proprätor bzw. Statthalter in Kilikien (antike Landschaft im Südosten Kleinasiens bzw. türkische Mittelmeerregion) zum Ärger des pontischen König
88 Sulla wird vom Senat zum Konsul erhöht - Er wird zum politischen Gegengewicht wider die demokratische Partei von Marius
88-84 Erster Mithradatischer Krieg
87-83 Führte den Krieg gegen Mithridates erfolgreich
86 März Sulla erobert Athen, das er der Plünderung preisgibt. Dazu schlägt er zwei Heere des Mithradates (Chaironeia und Orchomenos, beide in West-Boiotien [Landschaft in Mittel-Griechenland]
86 Während seiner Abwesenheit von Marius geächtet
86 Marius, nach einer siebenten Wahl, gest.
84 Konsul Lucius Cornelius Cinna ermordet
84 Friede von Dardanos (Troas)
84-83 Zweiter Mithradatischer Krieg
83 Sulla kehrt angesichts der Zustände in Rom mit 40.000 Mann nach Rom zurück. Unterstützung erhält er von Cn. Pompeius mit einem privat ausgehobenen Heer
82 Rückt gegen Rom vor und nimmt die Stadt ein. Ernennung zum Diktator auf unbegrenzte Zeit, um die römische Republik zu ordnen, jedoch im aristokratischen Sinn
82 Sulla wird - auf eigenem Wunsch - Diktator auf Lebenszeit
82 Dezember Veröffentlichung der Proskriptionslisten - Jegliche Erinnerung an Marius wird ausgemerzt
81 Juni Bisher 4.700 römische Bürger getötet, miteingeschlossen ihre Kinder und Enkelkinder. Mittels Versteigerung des so "erwirtschafteten" Eigentums fließen 350 Millionen Sesterzen[1] in die Staatskasse
81 Sulla reagiert auf die inneren Schwierigkeiten Roms seit der Gracchenzeit und führt Reformen durch (Komitialgesetze)
79 Niederlegung der Diktatur und Rückzug in das Privatleben. Er sagt Rechtfertigung seiner Taten zu und niemand fragt danach ...
78 Sulla in seiner Villa in Puteoli (Pozzuoli, Kampanien, Italien) gest. - Offizielle Beisetzungsfeier am Marsfeld. Sullas Asche bei den Königsgräbern bestattet
73-71 Neuer großer Sklavenaufstand unter Spartacus
49 Neuer Bürgerkrieg in Rom - Erinnerungen an Sulla werden wach
Anmerkung
[1] Ein Sklave soll damals 2.500 Sesterzen gekostet haben. Und heute? Kaufkraft?
Quellen
Zur Person
- Karl Christ: Sulla. Eine römische Karriere. München 2002 [Interessantes Porträt eines Politikers mit dämonischer Persönlichkeit. Jedoch gibt es Fragen, die unbeantwortet blieben.]
- Basiswissen Antike. Ein Lexikon. Von Heinz Mickisch. Stuttgart 2006, Seite 299 [Knappe Darstellung]
- Lucius Cornelius Sulla Felix/Wikipedia
- Sulla/britannica
- Klaus Bringmann: Römische Geschichte. Von den Anfängen bis zur Spätantike. München. 11., aktualisierte Aufl. 2019 (1995)