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Allerheiligen und Allerseelen#

Foto: Doris Wolf, 2013

Das "Doppelfest" Allerheiligen am 1. und Allerseelen am 2. November ist dem Totengedenken gewidmet.

Der langjährige Direktor des Österreichschen Museums für Volkskunde, Leopold Schmidt (1912-1981), schrieb in seiner "Volkskunde von Niederösterreich": "Das große Doppelfest der Toten, nämlich der toten Heiligen wie der toten Weltkinder, bedeutet den kräftigsten Einschnitt zwischen Herbst und Frühwinter." In seiner Jahrzehnte zuvor erschienenen "Wiener Volkskunde" hatte er festgestellt "... dass in den Dimensionen, welche ein großstädtisches Fest annehmen kann, diese Totenfeier auf den Friedhöfen eine Volksbewegung zur Folge hat, welche geradezu das Bild der Stadt verändert."

Allerheiligen#

Der gesetzliche Feiertag Allerheiligen ist kein Trauertag, sondern feiert das neue Leben, in das die Heiligen und Seligen nah christlichem Verständnis eingegangen sind. Im 4. Jahrhundert gedachten die Christen im Orient zu regional unterschiedlichen Terminen - u. a. in der Osterzeit - ihrer Märtyrer. Im 7. Jahrhundert weihte Papst Bonifatius IV. (+ 615) das römische Heiligtum aller Götter (Pantheon) zu Ehren der christlichen Blutzeugen (13. Mai 609). Im 8. Jahrhundert feierte man in Irland und England ein Allerheiligenfest am 1. November. Anno 835 legte Papst Gregor IV. (+ 844) diesen Termin offiziell als Tag aller Heiligen fest.

Insgesamt verzeichnet die katholische Kirche mehr als 10.000 kanonisierte Personen. Papst Johannes Paul II. (1920-2005, Reg. 1978-2005) hat während seines 26-jährigen Pontifikats 482 Menschen heilig gesprochen, das sind mehr als seit der Einführung eines geregelten Verfahrens im Jahr 1588. (302 Heilig- und 1310 Seligsprechungen). Etwa 90 Heilige und Selige lebten oder wirkten in Österreich.

Beim Wiener Zentralfriedhof wird der Allerheiligenmarkt abgehalten. Aufgrund der Marktordnung für die Stadt Wien findet er von 24. bzw. 25. Oktober bis einschließlich 2. bzw. 3. November täglich von 7 bis 18 Uhr statt, wobei der 1. November der Hauptmarkttag ist. Als Marktgebiet gelten die Rundplätze vor dem I., II. und III. Tor, sowie IX., XI. Tor und beim Krematorium.

Zu Allerheiligen2024 haben die Friedhofslinien (11, 71, Bus 46A, 46B, 41A. 47A, 63A) kürzere Intervalle. Außerdem fuhren Sonderbusse der Linien 38B und 39B.

An den Toren der Friedhöfe sammeln Angehörige des Österreichischen Bundesheeres für die Kriegsgräberfürsorge "Schwarzes Kreuz". Diese sorgt für die Erhaltung der Gräber von in den beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten.

Seit 1971 platzieren Ehrenamtliche des ARBÖ in weiten Teilen des Bundesgebietes an den Straßen hunderte weiße Kreuze mit der Aufschrift „Wir gedenken und mahnen“. Die Kreuze sollen auf Stellen hinweisen, wo Menschen bei Verkehrsunfällen ihr Leben verloren haben und zur Vorsicht mahnen.

Zu den weltlichen Bräuchen zählen die Allerheiligenstriezel als Patengeschenk für Kinder oder Preis eines Würfelspiels (Striezelpaschen) in Niederösterreich. Die Gabe des Gebäcks wird vom Kult der Armen Seelen abgeleitet, statt ihnen tat man an Armen gute Werke. Sieger beim Striezelpaschen, das in vielen Weinviertler Gasthäusern stattfindet, ist der Spieler mit der höchsten Punktezahl. Früher war es in dieser Gegend auch üblich, Geflechte aus Stroh als Spott- und Rügebrauch vor den Häusern unbeliebter Frauen aufzuhängen. Seit 2011 bieten Wiener Supermärkte Allerheiligenstriezel aus einer Großbäckerei an.

Allerseelen#

Kurz vor der Jahrtausendwende rief Abt Odilo von Cluny (994-1048) in seinen Gemeinschaften zum festlichen Gedenken an alle verstorbenen Gläubigen am 2. November auf. 1006 ordnete Papst Johannes XVIII. (+ 1009) die allgemeine Feier des Festes Allerseelen an. Seit dem 2. Jahrhundert gibt es Zeugnisse, dass Gebete für Verstorbene an bestimmten Tagen (am 3., 7., 30., 40. Tag nach dem Begräbnis oder am Jahrestag) mit einer Messfeier verbunden wurden. Jetzt halten viele Pfarren zu Allerseelen Gräbersegnungen ab.

Es ist Brauch, die Grabstätten mit Kerzen, Kränzen, Gebinden und Blumenzu schmücken. 1908 hieß es: "Noch vor etwa einem Menschenalter (d.h. vor der Eröffnung des Zentralfriedhofs, 1874) hielten sehr viele Wiener wenig auf die Gräberausschmückung und es war hauptsächlich ein Verdienst mehrerer Pfarrer…, dass man in weiteren Kreisen begann, den Grabstätten der dahingeschiedenen Verwandten mehr Sorgfalt zuzuwenden." Leopold Schmidt schrieb 1940: "Im allgemeinen ist der Brauch des Gräberschmuckes nicht sehr fest umrissen. Blumen und Kränze gehören hier erwähnt; außer ihnen kommen Wachslichter auf das Grab, welche man herabbrennen lässt."

Obwohl der Brauch rückläufig ist, waren 2012 in Wien-Döbling manche Gräber prächtig dekoriert . Andere trugen Halloween-Symbole. Es ist üblich geworden, Gegenstände wie Engelsfiguren oder Spielzeug auf die Gräber zu stellen.

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Die Eibe (Taxus), die man am häufigsten auf Friedhöfen findet, gilt als Zeichen der Unsterblichkeit. Ebenso steht die Chrysantheme (Chrysanthemum) für Ewiges Leben. Die robuste Zwerg-Kiefer (Pinus mugo) gilt im alpinen Raum als Symbol für Freundschaft und Ehe. Eriken (Calluna, Erica) werden mit der Familie in Verbindung gebracht. Beim dreifärbigen Stiefmütterchen (Viola tricolor) denken Christen an die Dreifaltigkeit. Jedoch findet es sich auch auf Grabsteinen und -stätten von Mitgliedern des 1887 in Wien gegründeten Vereins der Konfessionslosen. Die Stechpalme (Ilex) soll - in Erinnerung an die Dornenkrone Christi - starken Glauben symbolisieren. Der immergrüne Efeu (Hedera helix) steht nicht nur für die Ewigkeit, sondern, so Ploberger, auch für Treue und Ruhm.

Dass es auch beim Grabschmuck Moden gibt, zeigt ein Besuch auf dem Döblinger Friedhof zu Weihnachten 2019:

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Die Wiener Theater hatten am 1. und 2. November besondere Allerseelenstücke auf dem Programm. 1717 spielte erstmals das Kärntnertortheater "Don Juan oder Das steinerne Gastmahl". Neben klassischen Themen wie "Macbeth"-Bearbeitungen führte man Gruselstücke auf, bei denen sich das Publikum dennoch amüsierte. 1792-1800 gab das Kärtnertortheater "Rudolf von Felseck oder Die Schwarzthaler Mühle". Emanuel Schikaneder schrieb für das Freihaustheater "Schwert der Gerechtigkeit" (1792-1795 aufgeführt), 1830 entstand das in diesem Genre klassische Stück "Der Müller und sein Kind".

Auf dem Lande war ein Heischebrauch mit Allerseelen verbunden. Kinder gingen mit einem Spruch zu den Häusern und baten im Namen der Armen Seelen um Striezel oder Wecken. In Oberösterreich war das "Seelbrotgehen" im Inn- und Mühlviertel üblich, bis zu 600 Stück Gebäck sollen von einem Bauern verschenkt worden sein. In Salzburg konzentrierte sich der Brauch auf Lofer und Lamprechtshausen und bestand bis in die 1930er Jahre.


Quellen:
Allerheiligen:
Alle heiligen Zeiten. Lieder und Texte im Jahreskreis. Atzenbrugg 2010
Helmut P. Fielhauer: Volkskunde als demokratische Kulturgeschichtsschreibung. Wien 1987. S. 32-45
Leopold Schmidt: Wiener Volkskunde. Wien 1940. S. 55
Leopold Schmidt: Volkskunde von Niederösterreich. Horn 1972. 2. Band S. 267
Helga Maria Wolf: Österreichische Feste & Bräuche im Jahreskreis. St. Pölten 2003. S 165
Friedhofslinien 30. Oktober 2023

Allerseelen:
Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Wien 1992-1997. Bd. 1/S. 52 f.
Reinhard E. Petermann: Wien im Zeitalter Kaiser Franz Josephs I. Wien 1908. S. 395
Leopold Schmidt: Wiener Volkskunde. Wien 1940. S. 55
Helga Maria Wolf: Österreichische Feste & Bräuche im Jahreskreis. St. Pölten 2003. S. 166
Helga Maria Wolf: Die Märkte Alt-Wiens. Wien 2006. S. 213
Karl Zinnburg: Salzburger Volksbräuche. Salzburg 1972
Symbolpflanzen publiziert 2.11.2018

Bilder:
Geschmücktes Priestergrab auf dem Döblinger Friedhof, Wien 19. Allerheiligen 2013
Gräber auf dem Döblinger Friedhof, Allerheiligen 2012
Gräber auf dem Döblinger Friedhof, Weihnachten 2019. Alle Fotos: Doris Wolf


Siehe auch:
Allerheiligenstriezel in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015jetzt im Buch blättern Allerseelen in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015jetzt im Buch blättern


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