DER APFEL#
Bereits im Alten Testament wird eine Frucht erwähnt, die für Adam und Eva ein böses Nachspiel hatte, sie wurden aus dem Paradies vertrieben, nur weil sie sich von einem Apfel verführen ließen.
Auch bei Schillers Wilhelm Tell spielt der Apfel eine dramatische Rolle. 1902: Die runde kugelige Form des Apfels machte ihn schon im Altertum zum Symbol der Vollkommenheit und zum Abzeichen der Welt. Deshalb gebrauchten Kaiser und König den Apfel mit einem Kreuz darüber,. als Zeichen der Weltherrschaft.
Über die Entstehung und das Schicksal des ersten Reichsapfels berichtet die Sage, dass Alexander der Große diesen aus dem Gold der eroberten Länder habe anfertigen lassen. Der nächste Besitzer dieses Juwels war einer der drei Könige von Arabien, die, als ihnen der Stern im Morgenland erschienen war, nach Jerusalem zogen, um den neugeborenen König der Juden anzubeten. Unter anderen Kostbarkeiten, die sie mit dabei hatten, befand sich auch jener goldene Reichsapfel. Doch als das Jesuskind ihn berührte, zerfiel der Reichsapfel in tausend Stücke. Das war ein Zeichen, dass von jetzt an das irdische Reich dem himmlischen weichen müsse.
Besonders hoch in Ehren stand der Apfel bei den Germanen, dass sie dessen Genuss selbst ihren Göttern und den Seligen zuschrieben.
Iduna, die Gemahlin des Braja, des Gottes der Dichtkunst, der die Gastmähler der Götter mit seinem begeisterten Gesänge verherrlichte, besaß wunderbare Äpfel. Dieser gab sie den Göttern, die durch den Genuss in dem Besitz ihrer vollen Lebenskraft, Jugend und Schönheit blieben. Eine Dienerin der Iduna reichte den Helden bei ihrem Eintritt in Walhalla von diesen Äpfeln. Diese Äpfel von Iduna gewährten die Fortdauer des ewigen jugendlichen Lebens der nordischen Götter ein so wesentliches Nahrungsmittel, dass, als einst auf Zureden des mächtigen Thiasse, der einzige böse Gott des Nordens, Loki, die holde Iduna mit ihren Äpfeln geraubt hatte, die Götter anfingen zu altern und zu ergrauen und ihre Jugend nicht eher wieder erhelten, als bis Iduna von Loki in die Wohnung der Götter zurück gebracht war, und diese sich an den Früchten der Unsterblichkeit gelabt hatten.
Bei den Griechen und Römern war der Apfel ein Bild der Liebe, und daher der Venus geweiht, weshalb unter anderen ihre Bildsäule im Tempel zu Sikyo in Achaja in der Rechten einen Mohn, in der Linken einen Apfel hielt.
Wie aus verschiedenen Sagen erhellt, bediente sich Venus des Apfels oft in Liebesbanden als Mittel zum Siege. Aber nicht nur bei den Griechen und Römern, sondern auch bei den nordischen Völkern scheint der Apfel ein Bild der Liebe gewesen zu sein. So hatte das Bildnis der Göttin Freya, das von Karl dem Großen zerstört wurden, nebst dem Myrthenkranz auf dem Haupt und einer Erdkugel in der Hand, in der Linken drei goldene Äpfel. Hinter der Göttin standen drei verschleierte Mädchen, mit ineinander geschlungenen Händen, jede mit einem Apfel in der Hand. Ebenso wird auch Siwa, die Göttin der Liebe bei den Wenden, die in Ratzeburg einen prächtigen Tempel hatte, mit einem Apfel in der Rechten und einer Traube in der Linken dargestellt.
Es scheint übrigens, als wäre die Bedeutung des Apfels von den alten Hellenen durch Tradition auf die Neugriechen übergegangen, und die jungen Griechen geben sich alle Mühe, um einen Apfel von einer Dame zum Geschenk zu erhalten.
In Ungarn wird der Apfel gewählt, um durch ihn dn ersten Heiratsantrag zu machen. Dort herrscht nämlich in einigen Gegenden der Brauch, dass derjenige, der heiraten will, dem Mädchen, das er sich auserkoren hat, einen schönen, mit einigen Geldstücken geschmückten Apfel zuschickt. Durch die Annahme des Apfels erklärt das Mädchen, dass es der Verbindung nicht abgeneigt sei, worauf sich sodann der Brautwerber mit seinem Vater, oder, wenn dieser gestorben ist, mit einem anderen bejahrten Mann zu den Eltern des Mädchens begibt und förmlich bei ihnen um die Tochter und um ihre Einwilligung zur Heirat anhält.
In einigen Orten der Lüneburger Heide ist es Sitte, bei Hochzeiten von dem Pastor zukommenden Taler in einem Apfel zu stecken und ihn bei der Trauung auf den Altar zu legen. Dieser Apfel heißt der Brautapfel.
Den Dichtern des Altertums diente der Apfel übrigens auch zur Bezeichnung der Schönheit eines Gegenstandes, den sie besangen, und daher vergleicht auch Plato in einem Epigramm die Schönheit Amors mit einem Apfel.
In dem Apfelkern liegt ein Orakel für Liebende. Wenn man nämlich die Spitze des Kerns in die Flamme eines Lichtes hält, und dieser dann durch die Glut platzt, so wird durch den entstehenden Knall angedeutet, dass der Wunsch , den man bei dieser Zeremonie in Gedanken führte, in Erfüllung gehen wird. Ein diesem ähnlichen Spiel war auch schon im Altertum bekannt, indem man Apfelkerne zwischen die Finger nahm und sie in die Höhe schnellte; sprangen sie bis an die Decke des Zimmers, so hielt man sich eines glücklichen Erfolgs in der Liebe gewiss.
Wer in den zwölf heiligen Nächten 25. Dezember bis 5. Jänner Äpfel fand, die auf dem Weg nach Hause in Gold verwandelt wurden, musste davon schweigen, sonst wurden sie sofort faul. Hierzu erzählt man folgendes Beispiel: Einst war ein Musiker bei einer Kindertaufe in der Nordmühle bei Hildesheim gewesen. Er ging spät in det Nacht zurück und kam am Zwergloch vorüber, in dem die Erdgeister soeben ein Gastmahl hielten, bei dem alles klein war, nur die Weinflaschen und das Obst ausgenommen, denn Wein und Obst besitzen die Zwerge nicht, sondern müssen es den Menschen stehlen. Die Gesellschaft war sehr freundlich gegen den Musikus, beschenkte ihn mit Äpfeln und Birnen, gebot ihm aber, streng zu schweigen. Nach dem Fest schlief er ein, und als er erwachte, war sein Rock so schwer, dass er sich aum erheben konnte, denn Äpfel und Birnen hatten sich in Gold verwandelt. Das machte ihn sehr fröhlich; als er nach Hildesheim kam, fragte er den Torschreiber, was die halbe Stadt koste; indem er beifügte, die Zwerge hätten ihm dazu Gold genug geschenkt. Da wurden die Taschen plötzlich leicht und feucht, und statt Taschen voll goldener Äpfel zog er verfaulte hervor.
1905: Unter den köstlichen Früchten des Herbstes nimmt bekanntlich der Apfel die erste Stelle ein. Er bildet geradezu die volkstümlichste aller Obstsorten. Kein Wunder ist doch der Apfel in Mythen und Sagen, in Bild und Dichtung, in Sprichwort und Volksglauben so überaus oft gedacht wird.
Die Vergangenheit belehrt uns, dass bereits in grauer Vorzeit Kultur beseelte Völker nicht nur Bäumen sondern auch deren Früchte eine bedeutende Verehrung zuteil wurde. Eine dieser hervorragenden Stellung im menschlichen Bewusstsein hatte der Apfel als vielseitige Symbolik eingenommen.
Während des Apfels Bedeutung bei heidnischen Völkern fast ausschließlich physischer Art war, weiß die jüdische, christliche, und mohammedanische Religion auch seine ethische Seite hervorzuheben.
In einem altdeutschen Kalendarium Münchens hält Christus, umgeben von einem Regenbogen, mit der Linken den Ast eines Apfelbaumes, während von der Rechten die Weltkugel umfasst wird.
Dieser Umstand veranlasste schließlich mittelalterliche Fürsten, den Welt verkörpernden Apfel mit unter ihre wichtigsten“Insianien“ aufzunehmen aufzunehmen. Zum ersten Mal erscheint dieser berühmte Reichsapfel auf dem Siegel Ottos I., doch wird er hier ergänzt durch die aus flachen Platten gebildete Krone und das breite Schwert, das im 10. Jahrhundert schon an die Stelle des Zepters oder der Lanze trat. Der wirkliche , handgreifliche Reichsapfel scheint erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts in der königlichen Werkstätte zu Palermo angefertigt worden zu sein. Im allgemeinen umgibt ein geheimnisvolles Dunkel auf diesem kugeligen Herrschersymbol.
Hin und wieder ist der Apfel als Sinnbild des Sieges betrachtet worden, die in der berühmten Sage von dem Mazedonier König schon deutlich zu Tage tritt. Bei den pythischen Spielen wurde dem Sieger, ein Apfel als Kampfpreis verliehen.
Schon Homer bezeichnet den Apfelbaum als „mit herrlichen Früchten prangend“ und in Wirklichkeit ist auch sein süß fleischiges Produkt das einzige unter dem gesamten Obst, das alle Eigenschaften in sich vereinigt.
Atalanta die stolze Königin war ebenso wie die nordische Brunhilde eine engagierte Sportfreundin. Wer ihre Hand erringen wollte, musste sie im Distanzlaufen besiegen. Keinem der vielen Freier gelang dies, da verfiel einer der Werber, der König Melanion, auf eine List. Er ließ während des Wettlaufes die ihm von seiner Mutter geschenkten Apfel der Hesperiden fallen. Atalanta hielt im Lauf inne, hob den Apfel auf, Melanion gewann das Rennen und ihre Hand.
Als Goethe einmal zu Schiller in dessen Abwesenheit ins Zimmer trat, bemerkte er den entsetzlichen Gestank. Kein Wunder in der Tischlade lagen faulige Äpfel.
Unter den Dichtern die sich dem Apfel widmeten, war Ludwig Uhlands Romanze „Bei einem Wirte wundermild...“ es war der Goldene Apfelbaum bei dem er eingekehrt ist.
Nach der griechischen Mythe war Dionysos, der Geber des Weines, auch der Schöpfer des Apfelbaumes, den er Aphrodite, der Göttin der Schönheit und der Liebe, die aus dem Schaum des Meeres entstanden ist, schenkte.
Für die meisten ist der Apfel die wichtigste Obstsorte, denn seine vielseitige Brauchbarkeit, seine Haltbarkeit und seine Transportfähigkeit sind seine besonderen Vorzüge.
Am Andreastag, dem großen Los Tag für Ledige, er bitten sich Mädchen von einer Witwe einen Apfel uns teilen ihn schweigend in zwei Hälften, von denen sie die eine essen und die andere unter das Kopfkissen legen, um den Zukünftigen im Traum zu sehen.
QUELLEN: Blatt der Hausfrau 1896 Heft 20, S 3, Österr. Illustrierte Zeitung 16. November 1902. S 13, Zeitung für Landwirtschaft, 16. Juni 1902, S 1, Mährisches Tagblatt 15. September 1905, S 1 ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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