Die Auftrags-Kammermaler #
„Von der Schönheit der Natur“ zeigt Höhepunkte der Aquarellkunst des 19. Jahrhunderts von unverdient vergessenen Künstlern. #
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: DIE FURCHE (Donnerstag, 13. Mai 2015)
Von
Theresa Steininger
Heute zückt jeder allzeit die Digitalkamera oder das Handy, um Bergtouren und Reisen zu dokumentieren. Erzherzog Johann (1782-1859) hatte bereits seinerzeit ähnliche Ambitionen – und darüber hinaus statistische – und engagierte über fast fünf Jahrzehnte hinweg Kammermaler, die ihn auf seinen Unternehmungen begleiteten. In rund 1400 Aquarellen hielten sie seine Stationen und somit die schönsten Landschaften Salzburgs, Tirols und der Steiermark fest. 150 Arbeiten, die noch heute im Besitz der Nachkommen des Erzherzogs sind, sind bis 31. Mai in der Albertina ausgestellt.
Der „Steirische Prinz“, Erzherzog Johann, bemühte sich sehr, bessere Kenntnis über Land und Leute von „Innerösterreich“ zu erlangen, um auch Verwaltung und wirtschaftliche Nutzung zu verbessern. Es war schon bald ein Kammermaler dabei, anfangs Johann Kniep, später Karl Ruß und Jakob Gauermann, Matthäus Loder und Thomas Ender. Alle waren akademisch ausgebildet und sowohl Loder als auch Ender gelang es, innerhalb des Korsetts der Vorgaben des Erzherzogs wahre Meisterwerke zu schaffen. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder schwärmt von den „feinen Linien, der kristallinen, kalten Aquarelltechnik. Die se magisch verzaubernden Werke hätten den Lauf der Geschichte der Aquarellkunst verändert, wären sie bekannt geworden“, sagt er. Das allerdings war das Schicksal der Kammermaler und der Grund dafür, dass ihre Namen heute trotz ihres großen Könnens weitgehend unbekannt sind. Dadurch, dass sie im Auftrag des Erzherzogs malten, gingen die Werke ausschließlich an ihn und erhielten sich geschlossen im Privatbesitz der Familie Meran. „Die Maler hatten das große Los gezogen, weil sie viele Aufträge hatten, aber durch ihre Arbeit für einen einzigen Auftraggeber gerieten sie in Vergessenheit“, sagt auch Kuratorin Marie Luise Sternath.
Ebenfalls auf Erzherzog Johanns Einfluss ist es wohl zurück zu führen, dass die Arbeiten bald verklärend wurden. Ob simple Landschaftsdarstellungen, Abbildungen von Spielen und Freizeitvergnügungen wie Eisstockschießen, Jagen oder Rodeln, Bilder von Trachten oder die prachtvollen Gletscherbilder: Alle stellen ein Idealbild vor, das wohl nicht immer der Realität entsprach und dem Gezeigten etwas Monumentales verleiht. Durch die Licht- und Farbgestaltung erscheinen die Landschaften fast wie entrückt. Herrlich anzusehen sind sie dadurch jedenfalls. Auch wenn Schröder erklärt, dass „die Einschränkungen auf den Reisen offensichtlich nicht sehr groß waren“, habe es doch ein „Spannungsfeld zwischen Auftrag und künstlerischem Wirken gegeben“.
Besonders atmosphärisch #
So zeigen die Aquarelle die besuchten Landschaften zwar mit akribischer Detailtreue, „aber als überhöhtes Ideal der Berge, wie Johann es sich vorstellte“, erläutert Kuratorin Sternath.
Während Ruß Trachtenbilder fertigte und Loder sich bei Erzherzog Johann vor allem durch seine Darstellungen der Liebesgeschichte mit Anna Plochl unentbehrlich machte, gelang es Ender, eine besondere Qualität zu erreichen und auch einige Arbeiten auf den freien Markt zu bringen, wodurch er bekannter ist, als die anderen Kammermaler des Erzherzogs. Ender, den Schröder als „ebenbürtig mit den von Alts“ bezeichnet, machte viele Hochgebirgs-Wanderungen des Erzherzogs mit. Der wiederum kann als Pionier des Alpinismus in den Ostalpen gesehen werden, da er beispielsweise an den Besteigungen von Großvenediger und Großglockner nur knapp scheiterte. Ender war stets mit von der Partie.
Seine Darstellungen der Gletscher prägten das Bild der Alpen, sie sind besonders atmosphärisch, weil sie zum Teil wirklich vor der Natur gemalt wurden. Seine Darstellungen von Gebirgspässen, Gletscherzungen, aber auch Ruinen, Schlössern, Städten und Burgen sowie von Erzherzog Johanns Krim- und Griechenlandreise haben außergewöhnliche Qualität.
1848 kam mit der Revolution das abrupte Ende des Kammermaler-Projekts. Was blieb, waren 1400 wunderbare Aquarelle, von denen ein Ausschnitt bis Ende Mai erstmals einer großen Öffentlichkeit präsentiert wird. Dass die Ausstellung in der Albertina gezeigt wird, begründet Kuratorin Sternath damit, dass es Albertina-Gründer Albert von Sachsen-Teschen war, der Erzherzog Johann durch Erbschaft eine bürgerliche Existenz ermöglichte.