Notiz 052: In der Laube#
von Martin KruscheFreilich hätte sich dieser Besuch in der Laube vor dem Redaktionsschluß des Buches gut gemacht. Da wäre vermutlich noch allerhand zu erfahren gewesen, was der Feinabstimmung nützt. Aber Zeitpläne sind merkwürdige Pflänzchen. Ich bin übrigens sicher, daß Teamwork zu den ganz großen Themen der nahen Zukunft gehört. (Das muß man freilich diesen beiden Männern nicht erklären.)
Links Manfred Haslinger und rechts Fredi Thaler. Ich hab ihnen die vorletzte Fassung des Haflinger-Buches vorbeigebrach, zwei Tage nachdem die Letztfassung in Druck gegangen war. Da ist so etwas Endgültiges an Printpublikationen, wie ich es nicht leiden kann. Aber Haslinger, mit der Produktion von Fachbüchern vertraut, sagte: „Ich wünsch dir eine zweite Auflage.“ Das deckt sich mit einer Mitteilung von Ferdinand Micha Lanner. Da kann man dann alle Schnitzer rausarbeiten.
Apropos Lanner! In der Notiz 048: „Morgenstunde“ habe ich seine Kapitza-Zeichnungen erwähnt. Den Zeichner hat Haslinger gekannt und wußte zu erzählen, daß es seinerzeit zu einem Prozeß gegen die Firma OSI gekommen sei.
Von der Officine Stampaggi Industriali in Turin war 1967 der OSI-Ford 20 M TS auf den Markt gebracht worden. (Dieses Coupé konnte ich erst einmal live sehen.) Kapitza sei der Auffassung gewesen, man habe dabei einen seiner Entwürfe widerrechtlich genutzt. (Eine Absage bezüglich seiner Bewerbung bei OSI habe ich derzeit hier.)
So verzweigen sich die Geschichten stets. Und einmal mehr wird mir deutlich, wie viel die Akteure jener Tage wissen, ohne daß diese Dinge dokumentiert sind. Haslinger und Thaler schienen sich übrigens einig zu sein, daß diese Art der Autos, mit denen wir hier befaßt sind, in 20, 30 Jahren kein Thema mehr seien. (Außer in der Geschichtsbetrachtung.) Eine Kuriosität unserer Zeit.
Da hatte ich vor einer Weile erst mit Kulturwissenschafter Matthias Marschik die 1970er Jahre bearbeitet: „Der kurze Sommer des Automobils“. Jene Ära, für die uns aus der Volksmotorisierung ab Ende der 1950er so viele preiswerte Gebrauchtfahrzeuge hinterlassen wurden, worauf wir plötzlich (fast) alle Autos besaßen. Damals eine sozialgeschichtliche Novität. Nun sehen wir diese Ära untergehen.
Ich weiß noch gar nicht, was ich davon halten soll, daß sich innerhalb unserer Lebensspannen solche Umbrüche ereignet haben, die jetzt schon beschreibbar sind. Am gleichen Tag nach diesem Besuch habe ich mich mit Wissenschafter Hermann Maurer darüber verständigt, daß wir gemeinsam einen Akzent herausarbeiten werden, der ab Herbst 2019 zur Wirkung kommen soll. Ein Akzent im Rahmen des längerfristigen Projektes „Am Fluß“ (Eine Erkundung), womit wir im kommenden Herbst bei „Fokus Freiberg“ einen Auftakt gestalten werden.
Mit „Wir haben zu wenig Phantasie“ zeichnen wir weiter, was Maurer bei unserem Kunstsymposion im Jahr 2017 („Artist is Obsolete“) vorgelegt hat; siehe die gleichnamige Publikation: (link) Dabei wird er seinen Blick in die Zukunft forcieren, während ich kurz die Vergangenheit beleuchte, wenigstens bis in die Bronzezeit.
Es geht einmal mehr um Maurers Denkanstoß: „Vieles, was vorhergesagt wurde, ist nicht gekommen. Vieles, was gekommen ist, wurde nicht vorhergesagt.“ Da haben wir also unter anderem über die Bedingungen von Kreativität und von Problemlösungskompetenzen zu reden. Dazu paßt ganz vorzüglich, daß wir mit versierten Menschen aus verschiedenen Metiers zwischen Werkstatt und Universität pendeln.
Altmeister Fredi Thaler hat mir übrigens an jenem Tag ein erstaunliches Präsent mit auf den Weg gegeben. Ein Unikat, basierend auf dem Schalensitz aus jenem Peugeot RCZ Sportcoupé, das von Magna Steyr in Graz gebaut wird, das Ganze zu einem Fauteuil umgebaut. (So schnell war ich im Sitzen noch nie zuvor.)