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Mobilität in Bewegung#

Von H. Maurer, Februar 2017

Einleitung#

Die Symbiose Mensch-Maschine, die ja das Thema dieser Sammlung von Beiträgen ist, beginnt mit der menschlichen Benutzung einfacher Werkzeuge und wird durch die immer mächtigeren Maschinen enger und enger. Es sind aber zwei Bereiche, wo diese Verzahnung, fast möchte man sagen: gegenseitige Abhängigkeit, besonders groß geworden ist, nämlich im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien einerseits, und der physischen Mobilität, andererseits.

Es sind Aspekte der physischen Mobilität, die wir in diesem Beitrag. ergänzend zu anderen wie in „Neue Arten der Mobilität“ behandeln. Wie stark die Symbiose Mensch-Auto schon gediehen ist, kann man vielleicht mit Amüsement dem nicht ganz ernst gemeinten Beitrag: „Wer sind die Sklaven?“ entnehmen, bevor man in diesem Beitrag weiterliest, wobei „traditionelle“ Modelle neuer Mobilität nur im allerersten Abschnitt der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

Personenverkehr#

Gegenwärtige Ansätze für den Personenverkehr in und nahe Ballungszentren #

Wir bringen hier nur eine vereinfachte und gekürzte Darstellung der Entwicklungen.

Als Reaktion darauf, dass Ballungszentren dem zunehmenden Autoverkehr nicht gewachsen sind wegen der negativen Folgen der Abgase, der zunehmende Verbauung für Verkehrs- und Parkflächen, sowie wegen der Lärmbelästigung und der Wartezeiten in Staus setzt man zunehmend auf „sanfte Mobilität“.

Es gibt dabei eine große Anzahl von Ansätzen, von denen nur einige erwähnt werden sollen:

  • Eine ist die Förderung und der Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Um diese auch für aus dem Umland Anreisende attraktiv zu machen, bietet man „Park and Ride“ Flächen, wo Benutzer vom eigenen Fahrzeug auf ein anderes (z.B. ein öffentliches) umsteigen können
  • Man schafft verkehrsberuhigte Zonen, indem man die Geschwindigkeit der Fahrzeuge begrenzt und Autos nur zu gewissen Zeiten z.B. für Lieferungen gestattet, oder durch eine Maut das Fahren in die Stadtzentren sehr verteuert (Singapur macht dies seit 20 Jahren konsequent!)
  • Auch die Parkplatzbewirtschaftung (z.B. über Kurzparkzonen) kann den Verkehr stark verringern. Beispielsweise ist die maximale Parkdauer in Kurzparkzonen in Wien zwei Stunden. Das heißt aber, dass man zu einem Kinobesuch entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren muss oder das Auto in einer teuren (und vielleicht nicht günstig gelegenen) Parkgarage abstellen muss. Es ist zurzeit unklar, ob Carsharing oder später voll-autonome Autos (die Personen an der gewünschten Stelle absetzen bzw. wieder abholen) diesen Effekt abschwächen wird. Da aber durch diese Methoden der beträchtliche Verkehr, der nur durch Parkplatzsuche entsteht, entfällt, scheint ein gewisser Optimismus angebracht
  • Da ein guter Teil des Verkehrs von der Wohnung zum Arbeitsplatz und umgekehrt entsteht, ist die Frage, ob nicht durch zunehmend gute Qualität von Videokonferenzen und Telearbeit auf physische Bewegung teilweise verzichtet werden kann. Freilich darf man gerade bei der Telearbeit frühe Versuche nicht übersehen, die die soziale Isolation durch Telearbeit durch Telearbeitsplätze bekämpft haben, wo Mitarbeiter verschiedenster Firmen nahe ihrer Wohnung arbeiten konnten, aber doch eine gewisse soziale Umgebung ("gemeinsame Kaffeeküche") hatten, und Telearbeiter nur 1- 2 Tage pro Woche den weiteren Weg zur eigentlichen Firma machen mussten
  • Vielleicht gelingt es auch, Kleinfahrzeuge (typisch mit Elektromotor) wie das regensichere Fahrrad von Kevin Fister oder den „Schweber“ von J. Günther und P. Kotaucek populär zu machen
  • Oder wird es doch zu elektrischen Motorrädern kommen?

Schweber. Foto: J. Günther
Schweber. Foto: J. Günther

Regensicheres Fahrrad. Foto: Kevin Fister, Projektmanager
Regensicheres Fahrrad. Foto: Kevin Fister, Projektmanager

  • Große Hoffnung liegt in der Verlagerung eines Teils des Verkehrs zu Fahrrädern auch auf solche mit Elektromotoren unterstützte, die die Mitnahme von Kindern oder größeren Gepäckstücken erlauben und auch längere Fahrwege realistisch machen
  • Elektroautos, für den Stadtbetrieb ausgelegt, sind ein weitere Hoffnungsschimmer: sie verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern wegen der nicht notwendigen großen Reichweite sind kleinere Fahrzeuge mit Batterien unter 100 kg und viele Aufladestationen denkbar

Kritik und andere Ansätze#

Bei der Verringerung des innerstädtischen Verkehrs wird oft übersehen, dass nicht das Volumen des Verkehrs entscheidend ist, sondern das Volumen der Fahrzeuge! Stadtfahrzeuge mit maximaler Geschwindigkeit von z.B. 35 km/ h und maximaler Breite von 70 cm (aber durchaus mehrere Plätze für Mitfahrer oder Gepäck hintereinander) könnten gut mit Fahrrädern koexistieren, wenn dafür nur Fahrwege verwendet werden, die für größere Fahrzeuge gesperrt sind, oder diese mit maximal 20 km/h (zu beschränkten Zeiten?) unterwegs sein dürfen.

Die Idee, Fahrradstraßen anzulegen ist gut, aber vielleicht zu kleinkariert. Man muss Fahrwege anlegen, die für alle nicht zu schnellen Kleinfahrzeuge benutzbar sind. Mit solchen Fahrzeugen wird der Verkehr sofort um 80% schwächer (SUVs gehören vermutlich viel stärker besteuert) und die Parkplatzproblematik verschwindet. Ein Angebot solcher Fahrzeuge bei den erwähnten „Park and Ride“ Plätzen wäre für Arbeitende, Einheimische und Touristen ein Segen.

Ein Aspekt erscheint hier besonders bedeutsam: Frühe Versuche, durch Gratisangebote von Fahrrädern Menschen zu deren Benutzung zu motivieren (z.B. unter dem Grazer Bürgermeister Götz in den frühen 80 er Jahren), waren nicht erfolgreich, weil die Räder gestohlen und nicht gewartet wurden, ja zum Teil mutwillig zerstört wurden (warum jemand mutwillig ein Rad zerstört, wurde nie festgestellt). Wenn man heute aber mit einer Bürgerkarte o.ä. ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, ist ein Benutzer, der ein Fahrzeug vorher verschmutzt oder beschädigt hat, feststellbar und wird zur Verantwortung gezogen. Insofern sind heute verschiedene Modelle des Carsharing realistisch, die es früher nicht waren.

Bei den Kleinfahrzeugen und beim Wechsel vom „Großauto“ auf ein „Kleinauto“ oder den Öffentlichen Verkehr (ÖV) wird immer übersehen, dass ein solcher Wechsel für unbehinderte 15-50 jährige ohne Kleinkinder zumutbar ist, aber für ältere oder behinderte Personen oder Frauen mit zwei Einkaufstaschen und zwei Kleinkindern NICHT.

Ich habe vor mehr als 20 Jahren schon ein vielleicht sinnvolles Alternativkonzept vorgeschlagen: Minifahreinheiten, nicht viel größer als ein bequemer Sessel, die man hinter- oder nebeneinander kombinieren kann, wobei man für eine Person eben nur eine Einheit benötigt, für eine zweite oder viel Gepäck eine weitere, die man hinten anhängt, usw. Der Clou dabei ist: Wenn diese auf geeignet ausgebauten Fahrwegen autonom fahren können, und man das Carsharing Konzept darauf anwendet, kann ich per Handy jederzeit ein solches Fahrzeug zu meinem Standort beordern, und es nach beendeter Fahrt wieder freigeben. Mein Weg zum Bahnhof, zur Arbeit oder zum Theaterbesuch wird daher frei von jeder Parkplatzsuche. Ein noch extremerer Ansatz wäre, dass man mit so einem Miniauto in ÖV hineinfahren kann, also größere Strecken ohne Umsteigen auch mit ÖV, inklusive Bahn und Flugzeug, zurücklegt, am Ziel aber wieder ohne Umzuladen und Umzusteigen sein eigenes Fahrzeug hat. Siehe dazu (wenn ich Neugier geweckt habe) MAUTOS in: XPERTEN 0Der AnfangGraz2004 ff . Warum werden solche Miniatuos noch immer nicht angeboten?

Insgesamt scheint es den Zukunftsplanern oft an Phantasie zu mangeln, oder haben sie Angst vor der eigenen Phantasie. Warum sollen wir auf Gehsteigen gehen, warum sich nicht die Gehsteige (wie in Flughäfen) bewegen? Wer den Travelater fast 600 Höhenmeter in Hongkong gefahren ist, wundert sich, dass es solche Rolltreppensysteme nur in Flughäfen und Kaufhäusern und Hongkong gibt, aber nicht viele große Anlagen in anderen Städten, selbst wenn man z.B. nur im Wiener Öffi-System immerhin 342 Rolltreppen findet, aber eben keine sehr langen.

Warum nicht eine lange bewegte Treppe im genialen Schlossbergtunnel, der unter dem Uhrturm auf das Niveau der Schlossbergstrasse Schlossbergstraße, Graz hinunter führt? Die Wuppertaler Schwebebahn ist mehr als eine Touristenattraktion, sie ist eine finanziell sich selbst tragende Einrichtung. Warum gibt es die nur dort? Warum wurde der Schiffsverkehr auf Flüssen in vielen Orten (wie in Graz nach einem Unfall) eingestellt, der Verkehr auf der Donau zwischen Wien und Bratislava erfreut sich aber großer Beliebtheit.

Personenverkehr insgesamt #

Im Regionalverkehr ist die Antwort klar: Wir benötigen eine gute Kombination von ÖV und anderen Fahrzeugen, seien es eigene oder über Carsharing oder andere Dienste vermittelte. Dabei ist das oben erwähnte Konzept des Mini-Autos, des Mautos, durchaus eine denkbare Alternative.

Sowohl im lokalen wie im regionalen Verkehr werden aber Carsharing, siehe etwa http://www.zipcar.at (wo man typisch ein Auto an eine bestimmten Ort und Zeitpunkt abholt und innerhalb einer gewissen Zeit, normalerweise 7 Tage, zurückbringt) oder wo man mit anderen ein Fahrzeug benutzt (Mitfahrbörse) oder Firmen wie Uber (wo man mit einem Fahrer abgeholt wird, siehe etwa https://www.uber.com/de-AT, vieles stark verändern.

Seriöse Berichte, etwa in Forbes Magazin gehen davon aus, dass der Privatbesitz an Autos sehr stark (um deutlich mehr als 50%) zurückgehen wird. Das bedeutet aber, dass Autohändler und Autohersteller vorwiegend direkt mit Großkonzernen wie Uber oder Carsharing Firmen verhandeln werden, wobei man erwartet, dass sich einige der Autohersteller selbst am Carsharing beteiligen werden. Der Preis pro gefahrenem Kilometer wird um mehr als 50% zurückgehen, eine Gefahr für die gesamte Autobranche. Nachdem diese die Weltwirtschaft stark beeinflusst, wird ein Einbruch der gesamten Weltwirtschaft nicht ausgeschlossen. Durch die Entwicklung in den Bereichen Carsharing, Fahrdienste und in weiterer Zukunft autonome Autos wird der Bedarf an Parkraum stark sinken, d.h. große wertvolle Grundstücke im innerstädtischen Bereich werden auf den Markt kommen.

Shikansen Bullet Train
Shikansen. Foto: Pixaby.com
Die Änderungen des Personenverkehrs werden sich nicht auf Ballungsräume beschränken. Einerseits wird das Eisenbahnnetz für wichtige Strecken nicht nur ausgebaut, sondern immer mehr auf größere Geschwindigkeiten gesetzt. Begonnen hat es damit wohl mit dem Shikansen in Japan schon 1964 (!). Dort steht heute ein Netz von fast 3.000 km mit Zügen, die bis zu 320km /h fahren, zur Verfügung. Der schnellste Serienzug der Welt, eine chinesische Eigenentwicklung, verkehrt die ca. 200 km zwischen Shanghai und Hangzhou mit 350 km/h, streckenweise sogar bis 420 km/h.

Aber auch in vielen europäischen Ländern setzen sich Hochgeschwindigkeitszüge, die um 300 km/h fahren, immer mehr durch. Frankreich verband mit dem TGV (Train à Grande Vitesse) schon 1981 Paris mit Südostfrankreich und verfügt heute über ein beachtliches Netz superschneller Eisenbahnen. Dies gilt aber auch für viele andere Länder, wie ein Überblicksartikel zeigt. Hochgeschwindigkeitszüge können auf Entfernungen bis 1000 km eine gute Alternative für Flugverbindungen sein, weil man die üblichen Flughhäfenwartezeiten vermeidet und Eisenbahnstationen oft sehr viel zentraler liegen als Flughäfen.

Züge mit Geschwindigkeiten über 400 km/h sind nicht auszuschließen. Der Flughafen Zubringer Maglev in Shanghai (allerdings nur 30 km lang) bringt es auf 420 km/h. Bei Rekordversuchen wurden auch 500 km/h schon überboten, und man hört immer wieder von der Vision schallschneller Verbindungen in unterirdischen Tunnels.

Interessant ist der Trend, neben Fahrten zwischen großen Städten nicht die Bahn, sondern bequeme, mehr und mehr oder minder ohne Stopps fahrende, Busse zu verwenden. Auch hier hat man den Komfort, arbeiten oder lesen zu können, ist zwar nicht so schnell wie mit einem Hochgeschwindigkeitszug unterwegs, aber vielleicht auf Routen, auf denen es gar keine raschen Zugverbindungen gibt.

Vielleicht noch wichtiger als die besonders hohen Geschwindigkeiten bei Zügen sind wachsende Bemühungen, individuelle Fahrzeuge in der Bahn mitzubefördern. Die Autozüge sind ein frühes Beispiel. Dass man mit einem Kleinfahrzeug direkt in einen Waggon hineinfahren kann (für Fahrräder bei vielen Schnellbahnstrecken bereits verwirklicht), könnte aber eine besonders sinnvolle Kombination ÖV- Individualfahrzeug sein. Freilich ist es unklar, ob man für eine längere Bahnfahrt ein kleines Stadtfahrzeug mitnehmen kann und will, oder man doch lieber in ein öffentliches oder temporär gemietetes Verkehrsmittel umsteigt. Ich plädiere aber dafür, dass man in allen Diskussionen nicht nur an rüstige Menschen denkt, sondern auch an junge, alte, behinderte oder wegen Gepäck oder Kindern schlechter bewegliche Personen. In diesem Zusammenhang mögen autonome Kleinfahrzeuge, die sich auf den erwähnten speziellen "Fahrradtrassen" bewegen, besonders interessant sein.

Autonome Autos #

Bei autonomen Fahrzeugen spricht man häufig von 5 Klassen. Klasse 1: Elektronische Assistenz durch Sensoren etc. Klasse 2: Starke Unterstützung des Fahrers, der aber jederzeit die Kontrolle behalten muss. Klasse 3: Das Fahrzeuge fährt prinzipiell autonom, aber Eingriffe des Fahrers sind möglich. Klasse 4: Das Fahrzeug fährt autonom. Der Fahrer kann eine Zieländerung eingeben (Hunger, ein anderes Bedürfnis,...), aber er kann das Fahrverhalten nicht beeinflussen. Klasse 5: Das Fahrzeug fährt nicht nur autonom, sondern findet nach dem Aussteigen der Passagiere selbst einen Parkplatz (oder darf von anderen verwendet werden) und holt die Passagiere über eine SMS und Koordinatenmeldung selbst (oder über ein anderes Fahrzeug) wieder ab.

Die Klassen 1- 3 mögen nette Spielwiesen für Techniker sein, oder die Vermarktung neuer Produkte ermöglichen (Filme, Werbung, Nachrichten oder Spielangebote während der Fahrt; Arbeitsmöglichkeit, inklusive Telemeetings, usw.). Die unmittelbare Auswirkung auf den Verkehr besteht aber "nur" darin, dass vermutlich damit Menschenleben gerettet werden.

Klasse 4 ist bei kleinen Stadtfahrzeugen anders zu sehen: Hier ist eine echte Verringerung des Verkehrs und des Parkplatzbedürfnisses zu erwarten, genauer wie eine Erleichterung für alle, für die (s.o.). ein Fahrzeugwechsel nicht einfach ist.

Klasse 5 wird den Besitz von Fahrzeugen im Vergleich zum Carsharing dramatisch ändern, die Parkplatzsuche beenden (es gibt Aussagen, dass 40% des Treibstoffverbrauchs in Ballungszentren auf Parkplatzsuche zurückzuführen ist!) und über das Carsharing die Anzahl der Fahrzeuge stark verringern. Negativ wird manchmal vermerkt, dass damit der ÖV, wie wir ihn heute kennen, verschwinden wird: Vielleicht wird der ÖV zu Gunsten von Fahrzeugen, die einige wenige Meschen transportieren können und diese intelligent zusammenfassen, verschwinden!

Es ist allgemein anerkannt, dass autonome Fahrzeuge die Zahl der schweren und tödlichen Verkehrsunfälle stark reduzieren werden. Auch der Verfasser dieser Zeilen teilt diese Meinung, obwohl ihm bewusst ist, dass autonome Steuerungen auch tödliche Unfälle auslösen können.

Das klassische Beispiel ist die Straße, auf der ein LKW dem autonomen PKW entgegen kommt. Da springt plötzlich ein Hund auf die Straße vor dem PKW: Ausweichmöglichkeiten gibt es nur in die Wiese, die von der Straße mit einem gefährlich tiefen Graben getrennt ist. Das Programm wird entscheiden: Leider muss der Hund überfahren (getötet) werden.

Was ist aber, wenn es kein Hund ist, der auf die Straße springt, sondern ein kleines Kind, welches das ganze Leben noch vor sich hat, während der Lenker z.B. ein 76-jähriger Mann ist? Entscheidet dann das Programm für ein Ausweichmanöver in die Wiese, auch wenn das für den Fahrer zu 80% tödlich enden wird? Vielleicht ist das eine vernünftige Entscheidung, aber was ist, wenn auf den Hintersitzen die zwei kleinen Enkelkinder des Fahrers sitzen? Was ist, wenn der Fahrer der unentbehrliche Koordinator gegen eine tödliche hunderttausende Menschen bedrohende Seuche ist?

Unabhängig davon, ob ein cleveres Computerprogramm entscheidet oder ein Mensch: Es wird "Fehlentscheidungen" geben. Die Frage ist nur, ob so Einzelfälle einen absolut irrationalen Widerstand auslösen. Dies ist 2016 durch drei durch Haie getötete Schwimmer in Australien geschehen, so dass sich viele Australier und Touristen nicht mehr ins Wasser wagten, obwohl ein tödlicher Unfall auf der Fahrt zum Strand mit dem Auto und zurück eintausend Mal (ja, 1000!) größer ist, als von einem Hai angefallen zu werden.

Bei der Diskussion um autonome Autos wird ein Aspekt oft übersehen: Autonome Autos brauchen getrennte Verkehrswege! Denn: Sie werden so programmiert sein, dass Menschen, die die Straße überqueren, sicher nicht überfahren werden. Nur: Das werden die Menschen bald verinnerlichen. Sie werden (durchaus illegal, English: jay-walking) ohne nach links oder rechts zu sehen jede Straße, wo es ihnen gefällt, überqueren, weil sie wissen, dass die autonomen Autos stehen bleiben werden. Diese werden auch stehen bleiben. Aber endlose Staus sind damit sicher. [1]

Die dritte Dimension #

Bisher haben wir uns auf der Erdoberfläche befunden. Für große Entfernungen (nur für solche?) dienen Flugzeuge, die im 3-D Raum agieren. Ich glaube, dass es kaum jemanden gibt, der nicht zustimmt, dass die Gebühren für Flüge völlig aus dem Ruder gelaufen sind: Erst kürzlich bin ich über den Umweg Berlin nach Braunschweig um ein Drittel des Preises gereist, den ich bei einem Flug über Dortmund (die kürzere Strecke) bezahlt hätte.

Durchaus nicht an dieser Stelle angebracht, kann ich mich doch nicht zurückhalten: Das Auffinden von günstigen Flugverbindungen ist heute im WWW sehr viel komplizierter, als es vor 5-10 Jahren gewesen ist, wo man für zwei Flughäfen alle Verbindungen abrufen konnte... wenn überhaupt, dann können das heute nur noch Reisebüros!

Wäre es nicht sinnvoll, dass 1000 Flugkilometer (unabhängig von anderen Gebühren) z.B. 500 Euro kosten? Damit ist dann z.B. ein Urlaub an der französischen Riviera billiger als am Stand von Mauritius (es ist qualitativ kein großer Unterschied), und das würde auch energetisch und umweltfreundlich vernünftiger sein.

Aber hier geht es mir um etwas anderes, das ich (weil ich es seit 25 Jahren verfolge) ein bisschen länger als vielleicht gerechtfertigt besprechen möchte: Die Erschließung des bodennahen Luftraumes.

Scycar 200- Moller, Maurer steigt ein, Foto: Gio Wiederhodld, Stanford
Scycar 200- Moller, Maurer steigt ein
Foto: Gio Wiederhodld, Stanford
Ich habe in den frühen 70er Jahren Herrn Paul Sandner Moller (geboren 1936 in British Columbia, Kanada) in Edmononton kennengelernt, während ich selbst Professor für Informatik 200 km südlich davon in Calgary war. Sein Traum damals, den er nie aufgegeben hat, war ein Auto zu entwickeln, das senkrecht starten, aerodynamisch fliegen und senkrecht landen kann, um damit alle Verkehrsprobleme aus der Welt zu schaffen. Er hat es technisch geschafft, aber nicht juridisch oder psychologisch. Seine Firma (nach vielen Investoren) existiert und lebt in Davis, Californien.

Das Grundmissverständnis ist einfach: Moller wollte ein Fahrzeug, mit dem man überall starten, landen und fliegen kann. NUR: Das wollen wir gar nicht! Ich will nicht, dass mein Nachbar aus der Garage mit seinem Moller Skycar 200 heraus fährt, mich mit einem Getöse aus dem Schlaf weckt, über mein Grundstück fliegt. Ich will auch nicht, wenn ich auf einem Lieblingsberg hinaufgeschwitzt bin, dass dann plötzlich eine Gruppe mit Sandalen und Wurstsemmeln neben mir landet.

Der Moller ist heute als Auto zugelassen, und darf auf dem Fabriksgelände starten, fliegen und landen, aber er ist als Flugzeug (das nur auf genehmigten Lande- und Startbahnen abheben und landen darf) nicht genehmigt und auch nicht als Hubschrauber (wo man im Normalfall für jeden Flug die Genehmigung des Innenministeriums benötigt.)

Gyrocoper
Minigyrocopter. Foto:pixabay.com
Wenn man aber zum Betrieb eines Fluggerätes einen genehmigten Landeplatz benötigt, dann bietet sich eine andere Lösung an, die energetisch und akustisch günstiger als ein Senkrechtstarter ist, die offenbar von vielen Autoherstellern und Flugzeugfirmen verfolgt wird: Leichtflugzeuge, die kurze Start-Landebahnen benötigen. Vielversprechend sind Gyrocopter, die nur 20 Meter zum Landen und maximal 60 Meter zum Starten benötigen. Noch dazu sind Gyrocpoter (auch dafür benötigt man eine Pilotenausbildung, aber nur 60 Theorie- und einige praktische Stunden) besonders leicht zu fliegen und im Winde stabiler als Kleinflugzeuge.

Es ist also nicht absurd davon auszugehen, dass in Zukunft (10 Jahren?) alle Städte ein Netz von Gyrocoperlandebahnen haben. Man fährt also mit dem als Auto zugelassenem Gyrocopter zu so einem Startplatz, fliegt dann in die Zielstadt zu einem günstig gelegenen Landeplatz und fährt von dort (also mit dem Gyrocopter-Auto) zum Bestimmungsort. Zusammengefasst: Wenn man die Literatur verfolgt, ist die Annahme, dass ein Teil des Verkehrs sich in die bodennahe Luft verlagert, wahrscheinlich.

Gefördert wird dies auch durch die Entwicklung von Drohnen, für die man ja auch entsprechende Fluggesetze in Bodennähe benötigt.

Science Fiction: Werden wir vollautonome Fluggeräte für unseren Bedarf (Flugsharing) bestellen können? Überraschend viel spricht dafür: Autonome Fluggeräte erscheinen (wegen der "nicht in die Straße springenden Personen") realistischer als voll autonome Autos!

Warenlieferungen und andere Aktivitäten#

Bei den Überlegungen zur Verkehrsverminderung in den Ballungszentren wird oft übersehen, dass man mehr als nur den Personenverkehr beachten muss.

Es geht nicht nur um die Anlieferung von Waren, die jedes Restaurant, jedes Geschäft benötigt. Dies wird oft dadurch gelöst, dass man in gewissen Zeitschlitzen, etwa 7- 9 Uhr, für Lieferfahrzeuge die Zufahrt gestattet, nur muss dann das Zufahren von große Fahrzeuge eben noch möglich sein.

Roadtrain. Foto Pixabay.com
Roadtrain. Foto Pixabay.com
Australien hat dafür notgedrungen eine interessante Lösung entwickelt. Das Eisenbahnnetz in Australien hat sich sehr spät entwickelt, also musste der Warentransport vor allem über die Straßen abgewickelt werden. Das führte zur Entstehung der "Road-Trains", riesiger LKWs mit vielen Anhängern, oft mehrere hundert Meter lang. Diese dürfen aber nicht in die Städte hineinfahren, sondern bleiben in speziellen Parkplätzen außerhalb der Städte. Dort werden die Waren in kleine stadtgerechte Fahrzeuge umgeladen.

Wenn man die riesigen LKWs in österreichischen Städten beobachtet, die einige Straßen/ Kreuzungen kaum bewältigen können, kann man nicht umhin, eine solche Lösung auch bei uns zu diskutieren.

Beim Warentransport ergeben sich auch andere Fragen: Warum gibt es auf den Straßen soviel Schwerverkehr? Wieso wird der Transport von Gütern nicht mehr auf die Schiene verlagert? Hier kann es sich doch nur um ein finanzielles Problem handeln. Wir wissen, dass Schwerverkehr auf den Straßen viele Schadstoffe erzeugt und dass der die Lungen gefährdende Feinstaub zu einem hohen Ausmaß durch den Reifenabrieb entsteht!

Wieso werden Straßenschwertransporte nicht sehr viel höher besteuert? Wieso haben viele von uns eine Jahreskarte für viele Autobahntunnels, aber müssen oft stundenlang warten, bis ein Schwertransport den Tunnel wieder freigibt?

Zeppelin
Modernes Zeppelin, aber nur Werbeträger. Foto: pixabay.com
In diesem Zusammenhang scheinen moderne Transportzeppeline, die große Frachtstücke von A nach B transportieren können, sinnvoll. In mehreren Großprojekten wurden dafür auch Prototypen entwickelt, der Durchbruch ist bis heute nicht gelungen. Existierende Großzeppeline werden bisher mehr für Werbezwecke [2] verwendet, oder als spezielle Attraktionen für Ausflüge verwendet, aber kaum für den Transport supergroßer Frachtstücke, obwohl sie immer wieder für diesen Zweck angekündigt werden [3].

Autonome Fahrzeuge für die Warenzustellung werden von vielen Organisationen in der Zukunft für realistisch gehalten. Dabei stellt sich die Frage, wie weit Warenzustellung bodengebunden bleiben wird, oder z.B. durch tieffliegende Drohnen ersetzt werden kann. Wie nahe mögliche Szenarien sind, mögen die folgenden Überlegungen zeigen, die mit dem heutigen Stand der Technik bereits realisierbar sind.

Eine auf die Lieferung von Waren spezialisierte Firma bietet Kunden ein "Peilkreuz" an: Ein kleines Gerät, das bei Aktivierung angibt, wohin etwas zu liefern ist. Dieses Peilkreuz stellt der Kunde vor die Eingangstüre auf einen Balkon, in den (Dach)Garten, oder in einem höheren Haus auf das Fensterbrett eines geöffneten Fensters. Um dieses groß genug für die Lieferung zu machen, wird das Fensterbrett vorübergehend (damit der Wohnungsbesitzer nicht um Genehmigung gefragt werden muss) durch eine leicht anbringbare Platte vergrößert. Die bestellte Ware wird nun vom Lager der Firma (oder von einem Auto, das einen bestimmten Stadtbezirk bedient) zum Peilkreuz geflogen. Um Hindernissen auszuweichen, werden die Bilder der Drohnenkamera ununterbrochen analysiert (aber aus juridischen Gründen nicht gespeichert). Um ein Chaos von sich überall bewegenden Drohnen zu verhindern, fliegen diese nicht auf dem kürzesten Weg zum Ziel, sondern folgen Straßenzügen in mäßiger Höhe (10-30 Meter). Die elektrisch betriebenen Drohnen sind leiser als übliche Zustellautos, überfliegen wie erläutert keine Gärten, Parkanlagen usw., sondern bewegen sich nur auf den letzten Metern vom Straßennetz weg zum Peilkreuz.

Früher oder später werden auch traditionelle Zustellungsdienste wie die Paketpost immer mehr andere Zustellungsvarianten anbieten, heute ja schon in Kühlboxen oder Lieferungen, auch denn der Kunde nicht zu Hause ist!

Anderer Verkehr#

Unabhängig davon, wie stark man in einem Ballungszentrum versucht, den Großverkehr fernzuhalten, die Zufahrt für Rettungsfahrzeuge, Feuerwehr (mit großen Kränen!), für Baufahrzeuge, für Polizei oder für Hilfe bei Naturkatastrophen muss möglich bleiben.

Neben den Fahrzeugen im öffentlichen Raum sind Spezialfahrzeuge in großen Firmen für z.B. Auslieferungslager, oder in Produktionsstätten, wo Teile nacheinander an verschiedenen Plätzen bearbeitet werden müssen, oder in Bergwerken, usw. nicht wegzudenken. Interessant ist, dass diese Geräte häufig auch weitgehend autonom unterwegs sind und Softwareentwickler und Ingenieure damit in einem bekannten Umfeld die Probleme autonomer Bewegung studieren können.

Traktoren oder große LKWs sind in Land- und vor allem Forstwirtschaft unentbehrlich. Der Einsatz zunehmend automatisierter Geräte in der Landwirtschaft wird bei immer geringerem menschlichen Einsatz die Produktion von Nahrungsmitteln und anderen Produkten weiter erhöhen. Die Vision der menschenfreien Landwirtschaft ist so wenig realistisch wie die der menschenfreien Produktionsanlage. In beiden Fällen aber wird die notwendige menschliche Komponente immer kleiner.

Conatinerschiff
Containerschiff. Foto: pixabay.com
In einem Binnenland wie Österreich wird oft übersehen, wie stark der Frachtverkehr sich über riesige Containerschiffe auf den Weltmeeren abspielt, wobei die Waren regional dann auf Feederschiffe verteilt werden. Ich zitiere [4]: Der größte Teil des weltweiten Warenaustauschs wird durch die Handelsschifffahrt geleistet, die mit etwa 98 Prozent zum interkontinentalen und mit 62 Prozent zum innereuropäischen Warenverkehr beiträgt. In dem Buch [5] wird prognostiziert, dass über die kommerzielle Schifffahrt bis 2020 potentiell mehr CO2 ausgestoßen werden wird als über alle Quellen am Land!

Wenn hier also abschließend auch die Umweltproblematik des Verkehrs erwähnt wird, dann darf auf die negativen Folgen einer zu starken Globalisierung, auf die Problematik durch eine noch immer wachsende Weltbevölkerung, aber auch auf die negativen Folgen des Fernmassentourismus (sei es per Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff) und die mit höherem Lebensstandard leider zunehmende Verbreitung einer Wegwerfgesellschaft hingewiesen werden.


[1] Vielleicht nicht in den USA oder Kanada, wo man für Jay-Walking finanziell ernsthaft bestraft wird. Vielleicht ist das genau der Grund, warum dieser Aspekt von nordamerikanischen Firmen noch gar nicht erkannt wurde!
[2] Zeppelin NT
[3] Thunderbird
[4] Handelsschifffahrt
[5] Barbara Lueg: Ökonomik des Handels mit Umweltrechten: Umweltökonomische Grundlagen, Europäische Hochschulschriften, Seite 172

Weitere Beiträge und Firmen zum Thema Mobilität, Verkehr und Transport.


--> https://www-03.ibm.com/press/de/de/pressrelease/55020.wss?i=1564662385679

-- gamauf gerald antal, Donnerstag, 1. August 2019, 14:55


--> https://www.spiegel.de/auto/aktuell/monheim-will-autonome-linienbusse-noch-in-diesem-jahr-starten-a-1253225.html

-- gamauf gerald antal, Dienstag, 11. Februar 2020, 17:18


dazu passt --> http:/www.wirtschaftspressedienst.at/index.php?site=artikel_show&artikelid=20073&indexshow=1&ausgabenr=1630

-- gamauf gerald antal, Donnerstag, 25. März 2021, 07:39


https://medium.com/gourban

-- gamauf gerald antal, Dienstag, 20. September 2022, 09:58