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Die Starhembergs: Viele Einnahmen, keine Steuern#


Von

Andreas Brunner


Von der Wiener Zeitung (Montag, 11. Juli 2011) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Relief
Das Relief Ecke Operngasse/Margaretenstraße im 4. Bezirk.
Foto: © Peter Hiller

Ein Relief Ecke Operngasse/Margaretenstraße im 4. Bezirk erzählt von der Frühgeschichte der Familie Starhemberg in Wien. Es zeigt Konrad Balthasar Reichsgraf von Starhemberg, dessen ältester Sohn alle Gebäude des Bezirkes schleifen ließ.

Konrad war Kämmerer Kaiser Ferdinands III. und erhielt von diesem das Gut Konradswörth zum Lehen. Damit war der Grundstein zum späteren Freihaus, zu seiner Zeit einer der größten Wohnkomplexe Europas, gelegt. Die Konradswörth genannte Liegenschaft ist schon am ältesten Stadtplan von Wien, dem Albertinischen Plan (um 1455), als "Paradeyß" (Paradies) verzeichnet. Noch vor den Starhembergs, die das Grundstück bald ganz in ihren Besitz brachten und vom Kaiser von allen Steuern und Abgaben dafür befreit wurden, hatte der landesfürstliche Garten einen anderen berühmten Besitzer: den Geheimschreiber Kaiser Maximilians I., Marx Treitzsaurwein, der maßgeblich an der Entstehung von Maximilians Romanen "Theuerdank" und "Weiskunig" beteiligt war.

Die Legende erzählt, dass Konrad seinen Kaiser bei einer Jagd vor einem wütenden Eber gerettet und dafür das Grundstück bekommen hätte, vielmehr wurde er wohl dafür belohnt, dass die Starhembergs dem Protestantismus abschworen und deren wichtiges Kernland im oberösterreichischen Hausruck damit auch wieder katholisches Reichsgebiet wurde. Konrads ältester Sohn Ernst Rüdiger veranlasste 1683, dass auch das Vorstadtschloss der Familie wie alle anderen Gebäude der Vorstadt Wieden vor den anrückenden Truppen des osmanischen Reiches dem Erdboden gleichgemacht wurde. Er selbst zog sich in die Stadt zurück und hielt die Festung Wien bis zum Tag, als die Entsatztruppen unter Führung des polnischen Königs Jan III. Sobieski die Belagerten im letzten Moment retteten. Ernst Rüdiger ist auf dem Relief als Ritter mit dem Wappen Wiens vor dem Stephansdom zu sehen. Für seine Verdienste erhielt er die Erlaubnis, den Turm des Doms fortan in seinem Wappen zu führen.

Sein jüngerer Stiefbruder Gundacker Thomas, Hofkammerpräsident, also Finanzminister von drei Kaisern und einer Kaiserin (Leopold I., Joseph I., Karl VI. und Maria Theresia), begann um 1700 Weinberge und Äcker im Bereich der heutigen Rainergasse 11 zu kaufen und errichtete auf dem vom Gürtel bis zur Wiedner Hauptstraße reichenden Streifen ein barockes Sommerschloss mit Belvedere und ausgedehnten Parkanlagen. Das von Lukas von Hildebrandt entworfene ursprünglich nur einstöckige Lustgebäude ging später in den Besitz der Schönburgs über, deren Namen es heute noch trägt.

Kleine Stadt Freihaus#

Steht man heute Ecke Wiedner Hauptstraße/Karlsplatz sieht man keinen Stein mehr von Wiens einst mächtigstem Wohnhaus: dem Freihaus, das sich den Karlsplatz entlang bis zur Bärenmühle, hoch bis zur Schleifmühlgasse und entlang der Wiedner Hauptstraße erstreckte. Bis zu 3500 Menschen lebten im Freihaus, eine kleine Stadt für sich mit zahlreichen Händlern und Gewerbetreibenden und kurzzeitig sogar einem eigenen Theater, das Musikgeschichte schrieb, weil in ihm Mozarts "Zauberflöte" 1791 uraufgeführt wurde. Für die Starhembergs waren die Mieteinnahmen des Freihauses doppelt süß, weil steuerfrei.

Auf dem Weg zum Stadtpalais der Starhembergs kommt man in der Augustinerstraße an einer Gedenktafel für Jan III. Sobieski vorbei, die unscheinbar und leicht zu übersehen an der Seitenmauer der Augustinerkirche hängt.

Obwohl er maßgeblich an der Sprengung des Belagerungsrings um die Stadt beteiligt war und der "Goldene Apfel" Wien ohne das von ihm geführte polnische Heer wohl vom türkischen Sultan erobert worden wäre, fiel er bei den Habsburgern in Ungnade, weil er nicht auf den aus dem sicheren Passau zurückkehrenden Kaiser Leopold I. wartete, sondern ohne ihn in die befreite Stadt einzog. Währenddessen feierte Ernst Rüdiger in seinem Stadtpalais am Minoritenplatz, das während der Türkenbelagerung als Kommandozentrale gedient hatte. Heute ist das Palais Sitz von Unterrichts- und Wissenschaftsministerium und zählt zu den bedeutendsten Beispielen frühbarocker Palastarchitektur in Wien. Wenige Schritte entfernt, in der Schottenkirche, liegt Ernst Rüdiger begraben. Ein wahrscheinlich von Joseph Emanuel Fischer von Erlach entworfenes Grabdenkmal erinnert an den bedeutenden Feldherrn.

Wiener Zeitung, 11. Juli 2011