Akkordierung sinnvoll#
Wolfgang Maderthaner wird neuer Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs#
Von der Wiener Zeitung (Donnerstag, 22. März 2012) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Historiker sieht Aufgabe, Synergien für das geistige Erbe des Landes zu schaffen.#
Wien. (apa/ski) Das Gutachten der Ausschreibungskommission kürte ihn einstimmig zum bestgeeigneten unter 17 Bewerbern: Der 1954 in Waidhofen an der Ybbs geborene Historiker Wolfgang Maderthaner wird ab April Nachfolger des in Pension gehenden Lorenz Mikoletzky als Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs. Er hat in Wien und Sussex studiert und seine Dissertation im Fach Wirtschafts- und Sozialgeschichte geschrieben. Bisher war er im Wiener Stadt- und Landesarchiv und seit vielen Jahren als Geschäftsführer des Vereins der Geschichte der Arbeiterbewegung tätig.
Maderthaner hat Ausstellungsprojekte wie "Mit uns zieht die neue Zeit" (1981), "Traum und Wirklichkeit" (1985), "L’Apocalypse Joyeuse" (Paris 1986), "Die ersten hundert Jahre" (1988) oder "Der 1. Mai" (2010) ebenso betreut wie zahlreiche wissenschaftliche Forschungsprojekte. Er ist Herausgeber einer Reihe geschichtswissenschaftlicher Publikationen und Autor von zehn historischen Monografien.
"Nicht zuletzt seine Erfahrungen mit internationalen Forschungsprojekten werden auch für das Staatsarchiv von großem Vorteil sein", gratulierte Staatssekretär Josef Ostermayer am Donnerstag per Aussendung. Das Staatsarchiv, dessen Leitung Anfang Februar ausgeschrieben wurde, wird derzeit als nachgeordnete Dienststelle des Bundeskanzleramtes geführt, die Personalentscheidung oblag daher Bundeskanzler Werner Faymann.
Im Zuge des Sparpakets war die Zusammenlegung des Staatsarchivs mit dem Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) ins Auge gefasst worden. Beide Leiter zeigten sich jedoch skeptisch bezüglich einer dadurch intendierten Kostenreduktion. Zuletzt hatte sich die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB), Johanna Rachinger, zu Wort gemeldet. Wenn es schon zu einer Fusion kommen solle, hatte sie jüngst im "Standard" erklärt, dann wäre aus ihrer Sicht "ein Zusammengehen des Staatsarchivs und der Nationalbibliothek wesentlich sinnvoller".
Vorerst keine klare Aussage zu Zusammenlegungsplänen#
Im Gespräch mit der APA formulierte Wolfgang Maderthaner nun erste Schwerpunkte für seine neue Arbeit. In der laufenden Diskussion hinsichtlich der geplanten Zusammenlegung von Staatsarchiv und HGM und der Aussage von ÖNB-Chefin Rachinger hielt er sich dabei noch zurück und gab nur folgendes Statement ab: "Im Prinzip möchte ich mich bei dieser Frage von vornherein nicht auf Ja oder Nein festlegen. Es geht ja eher um die Idee des Schaffens von Synergien, ein Institut zu schaffen, dass das geistige Erbe des Landes verwahrt, zur Verfügung stellt und neue Präsentationsmöglichkeiten bietet. Eine Akkordierung der Tätigkeiten wäre sicher sinnvoll. Allerdings möchte ich diesbezüglich erst bei Amtsantritt Genaueres äußern."
Auch auf weiteres Nachfragen ließ sich Maderthaner keine klare Antwort entlocken: "Dafür ist es jetzt noch zu früh. Die ersten Überlegungen erscheinen mir aber durchaus sinnvoll. Es geht ja auch nicht um eine Fusionierung des Staatsarchivs, das stand so niemals zur Debatte. Natürlich muss der Generaldirektor des Staatsarchivs in erster Linie um die ihm anvertraute Institution bemüht sein. Wenn es Überlegungen gibt, die Effizienz zu erhöhen, dann soll man sich dem stellen. Es ist eine durchaus reizvolle Aufgabe und ein interessantes Arbeitsfeld. Es wäre aber vermessen, von vornherein zu sagen, so sollte es laufen."
Wesentliche Dokumente zu bevorstehenden Gedenktagen#
Welche Aufgaben und Projekte er als Chef des Staatsarchivs in Angriff nehmen will, ist Wolfgang Maderthaner aber klar und bewusst: "Das Österreichische Staatsarchiv ist vom Bestand her, der bis ins 9. Jahrhundert nach Christus reicht, eines der führenden Archive weltweit. Auch in Form von lebender Archivierung und den Zuwachs betreffend, den es erfährt. Für das Land stehen in nächster Zeit wesentliche Jubiläen und Gedenktage an, etwa 200 Jahre Wiener Kongress, 100 Jahre Erster Weltkrieg und als logische Folge davon 100 Jahre Republik. Ich gedenke, das Staatsarchiv genau in diesem Zusammenhang zu positionieren, verwahrt es doch wesentliche Dokumente zu diesen Anlässen."
Der Ursprung des Österreichischen Staatsarchivs geht auf das Jahr 1749 zurück, als Kaiserin Maria Theresia im Zuge einer Reform der Verwaltung ein Geheimes Hausarchiv einrichtete. Heute befinden sich in einem im Jahr 1988 in Wien-Erdberg, Nottendorfer Gasse 2-4, eröffneten neuen Archivgebäude die Generaldirektion, die Restaurierwerkstätte, die Zentralbibliothek des Staatsarchivs und die Archivabteilungen Allgemeines Verwaltungsarchiv, Archiv der Republik, Kriegsarchiv und Finanz- und Hofkammerarchiv. Zusätzlich werden noch denkmalgeschützte Archivzweckbauten in der Johannesgasse und am Minoritenplatz genutzt.