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Geographie, Land und Leute
Brasilien - Ein Land der Zukunft
Seite - 163 -
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den Hof; aber doch, genau wie auf den alten Stichen und in den Darstellungen der verschollenen Kindheitsromane sieht sie aus, die Fazenda, ein einstöckiges, flaches Haus inmitten des unübersehbaren Besitzes, nach allen vier Seiten von einer breiten, schattigen Veranda umrahmt. Siehe, und nahe davon stehen um einen viereckigen kleinen Platz die Häuser der Arbeiter, und man erinnert sich aus den Büchern, hier wohnten – es ist ja erst fünfzig Jahre her – die Sklaven, und abends saßen sie dann auf diesem Platz und sangen ihre melancholischen Lieder; vielleicht gedenkt noch einer oder der andere der weißhaarigen Neger, die hier still und zufrieden herumgehen, der verschollenen Zeit. Allerdings, tritt man ein in das gastliche Haus, so springt die Weltuhr sofort in die heutige Stunde; man sieht zwar noch die altgetäfelten Decken, den ererbten schönen Hausrat aus dem kostbaren, steinharten Jacarandaholz, die silbernen Schalen und Hausaltäre aus der portugiesischen Zeit pietätvoll bewahrt, aber längst sind diese Fazendas keine Einsamkeiten mehr, zu herrlichsten Lagerhäuser errichten, befiehlt Schiffe aus der Welt heran, er diktiert den Preis des Geldes, jagt das Land in wilde Spekulationen und lebensgefährliche Krisen und ersäuft sogar seine eigenen Kinder – Tausende und Tausende Säcke – im Meer, weil die Welt ihm nicht den vollen Tribut zahlen will. Einem so mächtigen Herrn und einem zumal, der sooft meine Arbeit gefördert und mir in ungezählten Stunden die Freuden der Geselligkeit erhöht, einen respektvollen Besuch abzustatten, hielt ich für meine gebotene Pflicht. Freilich um diesen Herrn und König in seiner Residenz aufzusuchen, muß man heute schon tiefer ins Land reisen als ehedem. Ursprünglich, als der Kaffee von den Portugiesen aus Afrika herübergebracht wurde – Heinrich Eduard Jacob hat die Sage dieser Weltwanderung in seinem Buche bezaubernd erzählt – lagen die Pflanzungen noch hart an der Küste. Die Täler um Santos und manche der herrlichen Parks von Tijuca, unmittelbar neben Rio de Janeiro, waren durch Jahrhunderte Kaffeeplantagen; von den Feldern wurden die Säcke auf dem Rücken der Neger geradenwegs zu den Schiffen gebracht. Aber in Jahrzehnten und Jahrhunderten, nachdem sie Milliarden und Abermilliarden dieser magischen Bohnen gezeugt und genährt, wurde die Erde dort allmählich müde, die Körner verloren an Größe, Kraft und Aroma. Achtzig Jahre, fast genau das patriarchalische Alter der Menschen, währt die Lebensdauer eines solchen Strauchs auf derselben Scholle. So verlegte man – an ungenütztem Boden hat Brasilien noch niemals Mangel gehabt – die Pflanzungen jeweils tiefer und tiefer hinein in das Land, von Santos nach São Paulo, wo die rote, kräftige Erde viermal soviel zeitigte als in Rio, von São Paulo nach Campinas, weiter und weiter und immer tiefer hinein. Also nun nach dem Kaffee, dorthin, wo er jetzt seine Heimat hat! Ihm nach von Rio de Janeiro eine zwölfstündige Nachtfahrt nach São Paulo, von dort wieder drei 163
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Brasilien Ein Land der Zukunft
Titel
Brasilien
Untertitel
Ein Land der Zukunft
Autor
Stefan Zweig
Datum
1941
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
200
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 5
  2. Geschichte 14
  3. Wirtschaft 57
  4. Blick auf die brasilianische Kultur 94
  5. Rio de Janeiro 117
  6. Einfahrt 121
  7. Das alte Rio 124
  8. Spazieren durch die Stadt 128
  9. Die kleinen StraĂźen 135
  10. Kunst der Kontraste 138
  11. Ein paar Dinge, die morgen vielleicht schon entschwunden sind 140
  12. Gärten, Berge und Inseln 144
  13. Sommer in Rio 148
  14. Blick auf SĂŁo Paulo 152
  15. Besuch beim Kaffee 160
  16. Besuch hei den versunkenen Goldstädten 167
  17. Flug ĂĽber den Norden 180
    1. Bahia: Treue zur Tradition 180
    2. Bahia: Kirchen und Feste 184
    3. Besuch bei Zucker, Tabak und Kakao 190
    4. Recife 193
    5. Flug zum Amazonas 194
  18. Daten zur Geschichte Brasiliens 197
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