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Geographie, Land und Leute
Brasilien - Ein Land der Zukunft
Seite - 178 -
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Seite - 178 - in Brasilien - Ein Land der Zukunft

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geschieht die große Arbeit. Mit elektrischen Bohrern wird das dunkle Gestein abgesprengt und auf Schienenwegen in Karren von Eseln zum Aufzug geschleppt – von armen grauen Eseln, die dort als lebenslänglich Gefangene in den elektrisch erhellten Schächten zu arbeiten und zu schlafen für immer verurteilt sind, auch sie wie die Menschen Sklaven und Opfer des Golds. Nur dreimal im Jahr, zu Ostern, zu Pfingsten, zu Weihnachten dürfen sie, wenn der Betrieb ruht, für einen einzigen Tag in die obere Welt empor, und kaum sie das Sonnenlicht sehen, beginnen die rührenden Tiere jubelnd zu schreien, zu springen und wälzen sich vor Wollust auf dem Rücken aus Freude an dem wirklichen, an dem so lang entbehrten Licht. Aber was in diesen Karren emporgeschafft wird, ist durchaus noch nicht reines Gold. Es ist nur ein grobes Gestein, grau, schmutzig, hart, ein Konglomerat, in dem auch das schärfste Auge nicht einen gelben Schimmer von Gold wahrzunehmen vermöchte. Aber nun fassen die Maschinen mit ihren riesigen Kräften die Klötze, das Gestein wird mit haushohen Hämmern zertrümmert, zerschlagen und so lange zerrieben, bis es eine weiche, vom Wasser ständig durchströmte Masse bildet, die dann durch Siebe geleitet und über vibrierende Tische geführt wird. Immer mehr soll das Metallische von der übrigen wertlosen Masse gesondert werden. Der schon geläuterte, bereits ganz feine Sand wird dann noch- und nochmals durch elektrische und chemische Prozeduren immer genauer gesiebt, bis schließlich nach unzähligen – kaum einzeln zu beschreibenden raffinierten Phasen – das letzte minimalste Stäubchen Gold aus dem Gestein gerettet ist. Nun kann das reine Element in glühenden Schmelztiegeln herausgekocht werden. Eine Stunde, zwei Stunden hat man all diese mit dem kollektiven Genie zahlloser Erfahrungen ersonnenen Prozeduren angespannt und erregt beobachtet. Man hat Hunderte und sogar Tausende Menschen in dieser riesigen Fabrik gesehen, die Arbeiter im Stollen, im Aufzug, an den Maschinen, die Verlader, die Träger, die Schmelzer, die Heizer, die Ingenieure, die Verwalter. Es dröhnen einem noch die Ohren von dem Donner der niederschmetternden Hämmer, es schmerzen einem die Augen, die zuviel gesehen haben, von dem unablässigen Wechsel von Dunkel, von künstlichem und dann wieder natürlichem Licht. Alles hat man gesehen, nur das Eigentliche noch nicht, das reine Gold, das sichtbare Resultat all dieser phantastischen Mühe. Und man ist ungeduldig zu wissen, wieviel diese Arbeit von den achttausend Menschen, die hier tagtäglich im Werke beschäftigt sind, fördert. Wieviel, welche gewaltigen Massen Goldes die komplizierte Prozedur dieser unübersehbaren Maschinerie und die Leistung all der eingesetzten geistigen, manuellen, chemischen, elektrischen Kräfte als Tageserträgnis an Gold produziert haben. Schließlich bekommt man die Tagesleistung zu sehen, und man erschrickt beinahe, denn es scheint so unsagbar widersinnig. Es ist 178
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Brasilien Ein Land der Zukunft
Titel
Brasilien
Untertitel
Ein Land der Zukunft
Autor
Stefan Zweig
Datum
1941
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
200
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 5
  2. Geschichte 14
  3. Wirtschaft 57
  4. Blick auf die brasilianische Kultur 94
  5. Rio de Janeiro 117
  6. Einfahrt 121
  7. Das alte Rio 124
  8. Spazieren durch die Stadt 128
  9. Die kleinen Straßen 135
  10. Kunst der Kontraste 138
  11. Ein paar Dinge, die morgen vielleicht schon entschwunden sind 140
  12. Gärten, Berge und Inseln 144
  13. Sommer in Rio 148
  14. Blick auf São Paulo 152
  15. Besuch beim Kaffee 160
  16. Besuch hei den versunkenen Goldstädten 167
  17. Flug über den Norden 180
    1. Bahia: Treue zur Tradition 180
    2. Bahia: Kirchen und Feste 184
    3. Besuch bei Zucker, Tabak und Kakao 190
    4. Recife 193
    5. Flug zum Amazonas 194
  18. Daten zur Geschichte Brasiliens 197
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