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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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11Einleitung sinnige Gottheit« (Borges 2003 [1939]: 169). Mit der Universalisierung der Biblio- thek löst sich die Spezifität des Buchs, verstanden als eine Sammlung von Aussagen, in der Kombinatorik des Möglichen auf.13 Wenn alles Mögliche geschrieben steht, ist eigentlich nichts mehr gesagt. Zudem wird auch das Suchen und Finden von Büchern an ihre paradoxe Grenze geführt. Existiert jede mögliche Kombination der 1.312.000 Zeichen, die ein Buch beinhaltet, muss der komplette Text bereits bekannt sein, um gezielt nach einem bestimmten Buch suchen zu können. Es kann, wie Bloch belegt, keinen Katalog geben, der die Suche in der Bibliothek erleichtern würde: »The Library is its own catalogue. Any other catalogue is unthinkable« (Bloch 2008: 39). Infolgedessen kommt der Akt des Suchens nach einem bestimmten Buch dem Schreiben des Buchs gleich.14 Die scheinbare Utopie der Vollständigkeit entpuppt sich in der Bibliothek von Babel als Dystopie. Es ist daher bemerkenswert wie hartnäckig die Signatur des Utopischen an der Vision einer totalen Bibliothek und in ähnlicher Weise auch an der Idee eines vollständigen Informationsbestands haftet.15 Das wahrscheinlich bekannteste Beispiel hierfür ist die von Vannevar Bush (1945) in As We May Think formulierte Idee der Memex – einer Art Bibliothek im Schreibtisch –, die rasch Popularität erlangte und als Vision die Entwicklung der digitalen Medienkultur maßgeblich mitprägte.16 Heute gilt Bushs Memex-Vision als einer der wichtigsten 13 | Das Spiel der kombinatorischen Möglichkeiten ist in der Bibliothek von Babel kein bloßes Potenzial, sondern aktualisiert sich in der Gesamtheit aller Bücher. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die totale Bibliothek von kombinatorischen Ma- schinen, wie der von Jonathan Swift in Gullivers Reisen beschriebenen Maschine, welche nahezu selbstständig Bücher schreiben soll. Ein Professor der Akademie von Lagado beschreibt Gulliver den Zweck der von ihm erfundenen Maschine wie folgt: »Jedermann wisse, wie mühselig die übliche Methode sei, Kunst und Wissen zu er- langen, während durch seine Erfindung selbst die ungebildetste Person zu einem vernünftigen Preis und mit geringem körperlichen Einsatz Bücher in Philosophie, Poesie, Politik, Recht, Mathematik und Theologie schreiben könne, ohne die ge- ringste Hilfe durch Begabung oder Lernen« (Swift 1987: 237). 14 | In Anlehnung an die Kurzgeschichte Von der Strenge der Wissenschaft, in der Borges die Idee einer Landkarte im Maßstab 1:1 vorführt, gelangt der Technik- historiker David Gugerli zu einer ähnlichen Einschätzung: »Die vollkommene Such- maschine ist so leistungsfähig wie die Karte im Maßstab 1:1. Sie kann alles suchen und findet eben deshalb nichts« (Gugerli 2006: 154). 15 | Eine wichtige Ausnahme stellen die Bedenken gegenüber Überwachung und Kontrolle durch staatliche und nichtstaatliche Organisationen dar, welche in Orwells Überwachungsdystopie zum Ausdruck kommen. 16 | Das von Paul Otlet und Henri La Fontaine Anfang des 20. Jahrhunderts be- gründete Mundaneum beruht auch auf der Idee einer universellen Bibliothek (vgl. Rayward 1975; Christolova 2012). Zur Geschichte der Idee der Weltbibliothek siehe auch Haber (2007).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Titel
Digitale Datenbanken
Untertitel
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Autor
Marcus Burkhardt
Verlag
transcript Verlag
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
392
Kategorie
Informatik

Inhaltsverzeichnis

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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