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13Einleitung
werden, mit denen man vermeintlich alles finden und scheinbar unmittelbar mit
Information interagieren kann (vgl. Gates 1994).
Zwei Dekaden später wissen wir, dass weniger Gates’ Firma Microsoft, als
vielmehr Google uns dieser Vision näher gebracht hat. Das Wort googeln hat Ein-
gang in die deutsche Sprache gefunden und ist heute synonym für das Suchen im
Internet, auch wenn Google es erfolgreich zu unterbinden wusste, dass der Duden
diese allgemeine Bedeutungsvariante erwähnt.19 Mit Google scheint sich die Vision
von Gates erfüllt zu haben – die Suchmaschine gibt Orientierung in der unüber-
sichtlichen Informationsvielfalt des World Wide Web (WWW) und gewährt ihren
Nutzern Zugriff auf vermeintlich grenzenlose Informationsressourcen: Nur wenige
Suchanfragen entfernt liegt die Gesamtheit des Weltwissens. Wie die medien- und
kulturwissenschaftliche Debatte über Websuchmaschinen in den vergangenen
Jahren gezeigt hat, trügt dieser Eindruck jedoch (vgl. Becker/Stalder 2009a; Röhle
2010; Vaidhyanathan 2011). Der Suchmaschine sind trotz ihrer Größe und trotz
ihrer enormen Leistungsfähigkeit Grenzen gesetzt. Google ist weder vollständig
noch erlaubt es den neutralen Zugriff auf Informationen.20 Ein Beispiel soll dies ver-
deutlichen: Als »Datenbank« des WWW ist die Suchmaschine Google paradoxer-
weise weitgehend blind gegenüber Informationen, die in Datenbanken gespeichert
sind, d.h. von Informationen, auf die nicht als Webseite zugegriffen werden kann,
sondern die vermittels Webseiten abgefragt werden müssen (vgl. Madhavan et al.
2008).
Hieran zeigt sich jedoch nicht nur die Begrenztheit von Google, sondern
auch das merkwürdige Doppelleben des Worts Datenbank. Dient es einerseits als
Bezeichnung für jedwede Form digitaler Informationssammlungen, verweist es
andererseits auf spezifische Technologien der Verwaltung von Informationssamm-
lungen, sogenannte Datenbankmanagementsysteme (DBMS), deren Geschichte bis
in die 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreicht. Zugleich macht das
Beispiel deutlich, dass die Techniken und Praktiken der Versammlung, Verwaltung
und Verarbeitung von Informationen Einfluss darauf haben, welche Informationen
auf welche Weise gesucht, präsentiert und ausgewertet werden können. So selbst-
verständlich und unspektakulär diese Beobachtung zunächst zu sein scheint, so
weitreichend sind ihre Konsequenzen für diejenige medientheoretische Tradition,
die Shannons nachrichtentechnischen Informationsbegriff als theoretisches und
praktisches Fundament der computertechnischen Informationsverarbeitung er-
19 | Auf Bitten von Google definiert der Duden seit der 2006 erschienenen 24. Auf-
lage »googeln« als Suche im Internet mit Google. In einer breiteren Bedeutungsvari-
ante wurde das Wort jedoch bereits 2004 in der 23. Auflage des Duden erstmals
erwähnt (vgl. Heine 2005).
20 | Zur Funktionslogik von Websuchmaschinen im Allgemeinen und Google im Be-
sonderen siehe S. 260ff. im Kapitel »Techno-Logik«.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242