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Digitale
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semantisch entgrenzt, jede theoretische Schärfe zu verlieren.« (Münker/Roesler
2008a: 11)
Angesichts der diagnostizierten Entgrenzung des Begriffs wird die Bezeichnung
Medium mehr und mehr zur Worthülse, die einer konkreten Bedeutung entbehrt.
Betrachtet man Wissenschaft in Anlehnung an den Philosophen und Medienkul-
turwissenschaftler Siegfried J. Schmidt als Problemlösungshandeln, dann erweist es
sich aus forschungspragmatischer Sicht als notwendig, eine Antwort auf die Frage
»Was ist ein Medium?« zu geben.3 Für die Lösung wissenschaftlicher Probleme ist
die »strategische Normierung der Kommunikationspraxen« (Schmidt 1999: 545)
unumgänglich, auch wenn – und vielleicht sogar gerade weil – bisher alle philoso-
phischen Versuche fehlgeschlagen sind, die angestrebte »explizite Ordnung des
Redens [...] absolut zu begründen und normativ zu vereinheitlichen« (Schmidt 1999:
558). Mit dieser Forderung verabschiedet sich Schmidt von der Vorstellung, dass
die Arbeit an Begriffen zur Einsicht in das – wie auch immer geartete – Wesen von
Dingen führt. Insofern ist es zwar notwendig, die Frage nach dem Medienbegriff
zu stellen, doch ist als Antwort hierauf keine wesensmäßige Beschreibung von
Medien zu erwarten. Wenn es sich wie, Thomas Mock behauptet, beim Medien-
begriff »auch ›nur‹ um einen Begriff [handelt, M.B.], der genau das bezeichnet, was
er eben bezeichnet« (Mock 2006: 184), dann gilt es sich Schmidt zufolge zumindest
darauf zu verständigen, was der Begriff in einem bestimmten (Forschungs-)Kon-
text bedeuten soll. Dies führt zu dem Problem, wie der Medienbegriff inhaltlich mit
Gehalt zu füllen ist. An dieser Frage scheiden sich die medienwissenschaftlichen
Geister, wie die Vielzahl konkurrierender Definitionen für Medien zeigt. Es ist im
Folgenden nicht das Ziel, die vorgeschlagenen Begriffsdefinitionen systematisch
aufzuarbeiten, weshalb der Blick auf den metatheoretischen Disput gelenkt wird,
wie die Frage nach den Medien zu stellen ist.
Eine mögliche Strategie, sich der Bedeutung des Medienbegriffs anzunähern, ist
im Anschluss an das von Schmidt propagierte Wissenschaftsverständnis, nach den
Problemen bzw. Problemzusammenhängen zu fragen, denen sich eine Wissenschaft
der Medien widmet. Hierauf gibt es jedoch keine eindeutige Antwort. Dieter
Mersch identifiziert nicht einen, sondern drei Problembereiche, die in der heutigen
Medientheorie und damit auch in den entsprechenden Definitionsvorschlägen für
den Begriff des Mediums virulent sind: die Wahrnehmungstheorie, die Sprach-
theorie und die Entwicklung von Kommunikationstechnologien (vgl. Mersch
3 | Insbesondere im Rahmen der Debatte über die möglichen Aufgaben der Medi en-
philosophie wurde die Klärung des Medienbegriffs als eines der Hauptziele der phi-
losophischen Auseinandersetzung mit Medien deklariert. Siehe hierzu die Beiträge
von Martin Seel, Alexander Roesler, Sybille Krämer, Matthias Vogel und Stefan
Weber in dem Sammelband Medienphilosophie: Beiträge zur Klärung eines Begriffs
(Münker et al. 2003).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242