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2006b: 12f.).4 Diese drei Traditionslinien spiegeln sich in der von Mike Sandbothe
vorgeschlagenen gebrauchstheoretischen Medientypologie wider, der zufolge
zwischen Wahrnehmungsmedien, Kommunikationsmedien und technischen
Medien zu unterscheiden ist (vgl. Sandbothe 2001: 104f.). Das dieser Typologie zu-
grunde liegende Begriffsverständnis ist inklusiv, d.h. Sandbothe stört sich nicht an
den heterogenen Gebrauchsweisen des Begriffs, sondern versucht sich an dieser
Vielfalt zu orientieren und sie durch eine »Analyse der ›Familienähnlichkeiten‹«
(Sandbothe 2003: 190) in einem pragmatischen Medienkonzept zu integrieren,
welches in der Unterscheidung der drei genannten Medientypen mündet.5 Dadurch
wird nach Ansicht Sandbothes der Beschränkung des medientheoretischen Blicks
auf einzelne Mediensorten vorgebeugt, die aus den meisten Definitionsvorschlägen
resultiert. Seines Erachtens gilt es vielmehr, die Grenzbereiche zwischen den
unterschiedlichen Mediensorten und die »dynamischen Interferenzen« (Sandbothe
2003: 190) zwischen diesen ins Zentrum der Forschungsbemühungen zu rücken.
Auch wenn das formulierte Anliegen durchaus zu Befürworten ist, erweist sich die
gebrauchstheoretische Bestimmung des Medienbegriffs als unzureichend, da sie
kein Instrumentarium zur Beschreibung der Interferenzen zur Verfügung stellt.6
4 | Die Vielfalt der Problemzusammenhänge, in denen Medien thematisiert werden,
zeigt sich auch in der Vielzahl unterschiedlicher Disziplinen, die den Begriff in ihrem
Titel tragen. Hierzu zählen Medienökonomie, Medienpädagogik, Medienästhetik,
Medienkritik, Medienrecht, Medienarchäologie, Medienethik, Mediengeschichte,
Mediengestaltung, Medienkultur, Medienphilosophie, Medienpolitik, Medienpsy-
chologie, Mediensoziologie, Medieninformatik, Medientechnik und nicht zuletzt
Medienwissenschaften. Diese Disziplinen unterscheiden sich nicht nur darin, dass
verschiedene Perspektiven auf ein und denselben Gegenstandsbereich einge-
nommen werden. Vielmehr werden Medien in unter schiedlichen Problemzusam-
menhängen situiert, woraus je eigene Medienkonzeptionen resultieren. Wäh rend
Medieökonomie, Medienrecht und Medienpolitik zum Beispiel eher die sogenannten
Massenmedien in den Blick nehmen, thematisieren Medienphilosophie und Medien-
ästhetik im Unterschied dazu Medien als Mittel und Mittler menschlicher Ausdrucks-
handlungen. Zwar gibt es vielfältige Überlappungen zwischen den Medienverständ-
nissen der einzelnen Disziplinen, doch die als Medien behandelten Gegenstände
sind nichtsdestotrotz sehr heterogen.
5 | Sandbothe orientiert sich an dem von Ludwig Wittgenstein vorgeschlagenen Kon-
zept der Familienähnlichkeiten, welches dieser in seinem Spätwerk Philosophische
Untersuchungen am Beispiel des Begriffs Spiel eingeführt hat (vgl. Wittgenstein
1984 [1953]: §66f.).
6 | Dass sich die gebrauchstheoretische Mediendefinition nicht auf theoretische Fra-
gestellungen anwenden lässt, legen Christian Filk et al. in ihrer Diskussion der Vor-
und Nachteile von Sandbothes Definitionsvorschlag dar: »Sandbothes ›gebrauchs-
theoretische‹ Definition des Mediums [entfaltet, M.B.] als Resultat sozialer
Konstruktionsarbeit ein deutlich größeres Distinktionspotenzial in systematischer
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242